EU-Topf hat noch Geld für regionale Ideen
Von Corinna Willführ
Bis 2020 stehen aus dem europäischen Leader-Programm für die Entwicklung im strukturschwachen Raum für die Region Wetterau-Oberhessen 2,1 Millionen Euro bereit. Die Fördermittel können von Initiativen, Gruppen oder Einzelpersonen aus 17 Kommunen abgerufen werden. Voraussetzung: Ihre Projekte müssen eine nachhaltige Wirkung für die Region haben. Wie das befürwortete Mitmach- und Informationszentrum des Nabu in Ortenberg. Über die Zusage für einen Zuschuss entscheidet der Leader-Beirat. Seine Vorsitzenden, der Glauburger Bürgermeister Carsten Krätschmer (links) und Sabine Schäfer-Bertram (Mitte), Dekanin des Evangelischen Dekanats Büdinger Land, sind jetzt für eine zweite Amtszeit wiedergewählt worden.
Leader-Beirat fördert Naturschutzprojekt
Bereits seit 2015 haben sich mit dem bei der Wirtschaftsförderung Wetterau in Friedberg verankerten Regionalmanagement auch die Vorsitzenden des Leader-Beirats, Carsten Krätschmer und Sabine Schäfer-Bertram, für das europäische Programm stark gemacht. Und wollen es auch weiterhin tun: Auf der jüngsten Sitzung des Gremiums wurden sie in ihrer Funktion bestätigt.
Was aber kann der Leader-Beirat überhaupt entscheiden? Wer gehört ihm an? Wie verläuft der Entscheidungsprozess für die Befürwortung eines Projekts? Antworten am Beispiel des Nabu-Info- und Mitmachzentrums „Haus an den Salzwiesen“ in Ortenberg, dem jüngst der Wetterauer Landrat Joachim Arnold einen Bewilligungsbescheid in Höhe von 149.450 Euro überreichen konnte.
Attraktivität unseres Lebensraums erhalten
„Für mich steht es außer Frage, dass ich mich weiterhin für das Leader-Programm als Vorsitzender des Beirats einsetze“, sagt Carsten Krätschmer, „denn dort geht es darum, mit gezielten Investitionen unsere Region nach vorne zu bringen.“ Dabei ist „jedes Projekt wichtig, das Fördergelder bringen kann“, um mit nachhaltigen Vorhaben den Lebensraum und damit die Zukunft (nicht nur) in den 17 Kommunen der Gebietskulisse für Alteingesessene wie Neubürger attraktiv zu gestalten.
Als Bürgermeister der Gemeinde Glauburg und Vorsitzender des Vereins Oberhessen ist Krätschmer quasi in „Doppelfunktion“ in dem Gremium aktiv: als Vertreter aus der öffentlichen Verwaltung und Sprecher eines Vereins. „Es ist aber ganz wichtig, noch einmal darauf hinzuweisen, dass die stimmberechtigten Mitglieder des Beirats – daneben gibt es noch vier beratende – zur Hälfte aus dem nichtöffentlichen Sektor kommen“, betont Bernd-Uwe Domes, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Wetterau. So sind im Leader-Beirat unter anderen die Landfrauen Nidda, die Hirzenhainer Gilde oder die FAB, der Verein Frauen-Arbeit-Bildung vertreten. Mindestens viermal jährlich tritt das ehrenamtlich arbeitende Gremium zusammen, um über eingereichte Projektvorhaben unabhängig zu entscheiden. Auf dem Weg dahin, das räumen die beiden Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Wetterau, Bernd-Uwe Domes und Klaus Karger ein, sind etliche bürokratische Hürden zu überwinden. Sind Überzeugungskraft, Geduld und Durchhaltevermögen gefragt, um in einem „Drei-Schritte-Programm“ aus einer Idee, ein Vorhaben und schließlich ein Projekt mit Überzeugungskraft zu machen.
Schon in der Planung generationenübergreifend
Umso erfreulicher, dass der Ortsverband des Nabu, der Naturschutzbund Ortenberg, am 23. Juni 2017 auf seiner Website vermelden konnte: „Wir haben es geschafft.“ Das Projekt für das Nabu-Info- und Mitmachzentrum „Haus an den Salzwiesen“ wurde vom Leader-Beirat befürwortet. „Nach zwei Jahren und vielen Stunden Arbeit.“. Nun sollen in den kommenden drei Jahren mit den 149.450 Euro (circa 70 Prozent der zu erwartenden Kosten) aus Leader-Mitteln auf dem zwei Hektar großen Gelände am ehemaligen Fußball-Vereinsheim im Ortsteil Selters neben Ruhe- und Beobachtungspunkten Erlebnisstationen mit Infotafeln zur Bedeutung der Salzwiesen aufgestellt, eine Dauerausstellung zum Thema Wetterauer Auenlandschaft aufgebaut, eine Umwelt- und Naturbibliothek eingerichtet werden. Für Ortenbergs Bürgermeisterin Ulrike Pfeiffer-Pantring ein Projekt, „das schon in der Vorarbeit von der Vielfalt der Menschen, die an ihm beteiligt waren, lebt.“ Und so auch in Zukunft generationenübergreifend Kinder wie Senioren, Einheimische wie Touristen ansprechen soll. Um sich mit der Region, dem speziellen Standort, mit der Natur, dem Lebensraum für Mensch und Tier auseinanderzusetzen. Nachhaltig.
Nachhaltig: Das Stichwort für Udo Schädel, den stellvertretenden Vorsitzenden des Nabu-Ortenberg und Ideengeber des Projekts. „Nachdem uns die Gemeinde das Gebäude überlassen hat, hatte ich die Vorstellung, man könne auf dem umgebenden Areal einen Amphibienteich und eine Blumenwiese anliegen.“ Seine „spinnerte Idee“, wie der Mitarbeiter in der Gemeindeverwaltung Ranstadt sagt, entwickelten die Naturschützer weiter. Führten unzählige Gespräche, leisteten allerorten Überzeugungsarbeit, erstellten schließlich mit Unterstützung der Architektin Pia Heidenreich-Herrmann ein 80-seitiges Konzept. Und punkteten im wahrsten Sinne des Wortes: Der von der Stadt Ortenberg eingereichte Antrag überzeugte den Leader-Beirat. „Die Kriterien, für die es Punkte gibt, sind auf der Homepage der Wirtschaftsförderung nachzulesen“, so Bernd-Uwe Domes. Dazu zählen neben Nachhaltigkeit auch Bildungsaspekte und Potenziale für den Tourismus. Für Bürgermeisterin Pfeiffer-Pantring ein Plus des NABU-Info- und Mitmachzentrums: „Es wird generationenübergreifend ein breites Bildungsangebot bereithalten – und das das gesamte Jahr über.“
Botschafter für Netzwerke
Ein Projekt zum Nachahmen? Eine Frage, die sich für Klaus Karger nicht stellt. „Zum Leader-Prozess gehört auch die Erfahrung, dass nicht jede Kommune alles machen kann.“ Diese Erkenntnis, so Karger, tragen die Leader-Beiratsmitglieder auch nach außen. Als Botschafter für eine lebens- und liebenswerte Region unterstützen diese, ob in der Verwaltung, in Vereinen oder Verbänden, nicht nur ein einzelnes Vorhaben, sondern auch die im vergangenen Jahr in elf Leitthesen zusammengefassten Zukunftsvisionen für die Region Wetterau/Oberhessen.
Während der Nabu Ortenberg sich zunächst um den energetischen Umbau des ehemaligen Sportheims kümmern wird, berät der Leader-Beirat weiter über Projekte, die die Zukunft in den 17 Kommunen der Leader-Region Wetterau/Oberhessen fördern sollen.