„Politik muss verständlich sein“
Von Petra Ihm-Fahle
Seit acht Jahren ist Cenk Gönül aus Reichelsheim bei den Freien Wählern (FW) aktiv. Im Wahlkreis 27 kandidiert der 53-jährige Unternehmer jetzt für den Hessischen Landtag. Ziel bei der Wahl am Sonntag, 8. Oktober ist vor allem, die Partei über die Fünf-Prozent-Marke und ins Hohe Haus zu bringen. Gönül steht auf Platz 7 der Landesliste, womit er eine reale Chance auf ein Mandat hat. Insofern braucht er insbesondere die Zweitstimmen.
Landtagswahl: „FW arbeitet sachbezogen“
2015 wurde er von den Freien Wählern Reichelsheim angesprochen, ob er mitmachen will. Das wollte er, denn vieles in der Politik empfindet er als nicht nachvollziehbar: Etwa, wenn Parteien gute Ideen ablehnen, weil sie nicht ihrer Ideologie entsprächen. „Bei den Freien Wählern gibt es keinen Fraktionszwang, sie stimmen nach dem gesunden Menschenverstand ab. Es wird ohne Druck von Landes- oder Bundesebene entschieden. Das war der Grund, weshalb ich zu den Freien Wählern gegangen bin“, sagt er. Die Inhalte der FW sieht er als sachbezogen an, die Entscheidungen als nachvollziehbar.
Bürgermeister- und Bundestagswahlkampf
Ehrenamtlich engagierte sich Gönül früher intensiv im Fußball. In der Politik gehörte er nach nur wenigen Jahren zu denen, die vorn stehen. Im Stadtparlament ist er seit 2016, seit 2021 als Fraktionsvorsitzender. Er steht den Freien Wählern Reichelsheim vor und ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender im Kreistag des Wetteraukreises. 2020 kandidierte er im Bürgermeisterwahlkampf, 2021 für den Bundestag. Er ist einer der stellvertretenden Vorsitzenden der Freien Wähler Wetterau und im Parteirat auf Landesebene.
Von der Basis
„Der Parteirat ist eine erweiterte Organisation, um die Partei sichtbarer zu machen und dem Bürger näher zu bringen“, erläutert er. Hintergrund sind die unterschiedlichen Wahlergebnisse in Land und Bund im Vergleich zur kommunalen Ebene. „Bei Kommunalwahlen haben wir 30, 35 Prozent, aber wenn es in die Land- und Bundestagswahl geht, sehen uns viele Wähler nicht mehr und nehmen uns nicht mehr wahr.“ Die Freien Wähler arbeiten laut Gönül von der Basis – direkt aus den Kommunen heraus. „Und wir sehen, dass die Kommunen auf Landesbasis kein Gehör mehr finden.“ Das zeige sich beispielsweise an der mangelhaften Finanzierung der Kinderbetreuung, mit der das Land die Städte und Gemeinden großenteils allein lasse.
Erneuerbare Energien: Bürger mitnehmen
Sachthemen, die ihn bewegen, sind die Erneuerbaren Energien. Er hält den Ausbau für wichtig, aber auch, dabei schrittweise mit den Bürgern zu gehen. „Mein Ziel ist, die Forschung für regenerative Energieformen zu forcieren, Speicherformen zu fördern, zu unterstützen und zeitnah umzusetzen. Wenn man will, geht es“, betont er.
„Ein Spiegelbild der Bevölkerung“
Ein Landtags-Direktmandat für die Freien Wähler zu holen, hält Gönül für schwierig. Er traut sich zu, die Prozentzahlen zu steigern, „aber man muss realistisch sein“. Die großen Parteien machen seiner Ansicht nach das Rennen. „Aber wir können denen was vom Kuchen wegnehmen“, konstatiert er. „Wir sehen uns als kommunale Vertretung im Landtag, denn wir sehen, dass die Kommunen von den großen Parteien nicht vertreten werden.“ Parlamente müssen nach Ansicht von Gönül ein Spiegelbild der Bevölkerung sein. „Politik muss für jedermann verständlich sein. Wir müssen erreichen, dass der ländliche Raum gestärkt wird und nicht nur der Ballungsraum.“
Abbau von Bürokratie, Digitalisierung
Weitere Inhalte, für die er eintritt, sind ein Abbau der Bürokratie und eine stärkere Digitalisierung in den Behörden. Gönül plädiert außerdem für ein Integrationsministerium. „Wir haben eine Zuwanderung, müssen sie lenken und qualitativ aufsetzen. Dass wir die, die kommen, sofort in die Ausbildung nehmen, ihnen Deutschkurse und Arbeitsmöglichkeiten anbieten.“ Seiner Ansicht nach wird an dieser Stelle zu wenig getan. „Wenn die Flüchtlinge nicht sofort eine Aufgabe bekommen, kann ich auch die psychischen Probleme verstehen“, sagt er. Weitere Anliegen sind ihm, kostenfreie Bildung anzubieten und die Wirtschaftsunternehmen in Hessen zu halten.
Berufs- und Lebenserfahrung
Aufgrund seiner Berufs- und Lebenserfahrung ist Gönül überzeugt, der richtige Mann zu sein. „Mittlerweile gibt es viele hochrangige Politiker, die noch keine Berufserfahrung haben. Ich bin einer, der es vertritt, ein Spiegelbild der Gesellschaft zu sein und der zuhören kann“, sagt er. Es sei wichtig, zu wissen, wie es dem Bäcker, Elektriker, Heizungsmonteur und Ehrenamtlichen geht. Sein Hobby ist Sport, vor allem Laufen und Wandern, sowie mit Freunden zusammen zu sein. „Wenn Zeit ist, gehe ich auch gerne auf Reisen, um Neues zu sehen.“ Ob die Reise nach Wiesbaden führt, wird sich am 8. Oktober zeigen.