Landbote-Tour

Bremen ahoi!

Die Übernachtung in unserem Zielort Bremen versprach ein Abenteuer. Und es wurde aufregender als erwartet: unser Domizil war das Hotelschiff Alexander von Humboldt, ein ehemaliges Feuerschiff.

Nach gut 400 Kilometern auf dem Fahrradsattel hatten wir Bremen erreicht. Harald, der mindestens so gerne segelt wie Fahrrad fährt, hatte uns keine andere Wahl gelassen: bei der Suche nach einer Unterkunft hatte er das Hotelschiff Alexander von Humboldt entdeckt. Das hat zwar schon lange keine Segel mehr gesetzt sondern liegt fest vertäut an der Weser im Zentrum von Bremen, sieht aber noch immer beeindruckend aus.

Das Feuerschiff

Die heutige Bark „wurde 1906 auf der Bremer Werft AG ‚Weser‘ zunächst als Feuerschiff unter dem Namen ‚Reserve. Sonderburg’ gebaut. Der Name bezog sich auf ihre Funktion als Reservefeuerschiff, welches in Sonderburg auf der Insel Alsen, die damals noch zum Deutschen Kaiserreich gehörte, beheimatet war. Mit Laternenmast und Leuchtfeuer ausgerüstet diente das Schiff an wechselnden Positionen als schwimmendes Seezeichen für die Schifffahrt“, wird auf der Internetseite des Hotelschiffs erzählt. In den 80er Jahren ging die Zeit der bemannten Feuerschiffe zu Ende. Die „Reserve. Sonderburg“ wurde zum Segel-Trainigsschiff umgebaut und in „Alexander von Humboldt“ umbenannt. Es legte über 500 000 Seemeilen zurück, segelte zwölfmal über den Atlantik und umrundete zweimal das Kap Hoorn bevor es auf der Weser in Bremen landete, wo es erneut umgebaut und im Mai 2015 als Hotelschiff eröffnet wurde.

Wir hatten ein Viererzimmer reserviert. Eine steile Treppe führte hinab zum „Maschinenraum 1“, der uns eine Nacht beherbergen sollte. Hier warteten zwei Doppelstockbetten auf uns. Als wir die Kajütentür öffneten, schlug uns eine Hitzewelle entgegen, als würde hier tatsächlich noch der Schiffsmotor arbeiten. Zwischen den Betten war so wenig Platz, dass wir vier uns hier nicht gleichzeitig aufhalten konnten. Einer musste ins Bett, einer ins Bad ausweichen. Das Bad war verblüffend groß.

Das geöffnete Bullauge brachte kaum frische Luft. (Fotos: Bruno Rieb)

Die Weltpolitik

Es gelang uns, das Bullauge zu öffnen. Abhilfe schaffte das nicht. Auch draußen war es drückend heiß. Kaum hatten wir uns zur Nachtruhe begeben, sprang Klaus aus der Koje: „Ich halte das nicht aus.“ Er packte sein Bettzeug und verschwand in eine leerstehende Kabine. Harald setzte im Laufe der Nacht einen Ventilator in Gang, der einen fast aus der Koje pustete. Auf das Bad gerichtet, war der Luftstrom erträglich. Die Tür wurde mit einer Packtasche offen gehalten, das sorgte noch etwas mehr für Luftzirkulation und gelegentliches laufenlassen der kalten Dusche im Bad brachte etwas Abkühlung. Gegen Morgen führte ein Gewitter auch draußen zu frischerer Luft, aber Schlaf fanden wir wenig. Dafür kamen wir zum teuersten Saunagang unseres Lebens: 205 Euro hat uns die Nacht auf dem einstigen Feuerschiff gekostet. Vielleicht hätte „Feuerschiff“ uns warnen sollen.

Bis zur Abreise am Nachmittag mit dem Zug zurück nach Friedberg streiften wir durch die Stadt und gönnten uns einen Café auf dem Marktplatz vor Rathaus und Dom. Dabei holte uns die komplizierte Weltpolitik ein: ein junger Mann hängte selbstgemalte Schilder gegen die Aufrüstung der Bundeswehr und die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine auf, ein anderer stellte sich auf eine Kiste und schwenkte eine recht provisorisch wirkende weiße Fahne und ein dritter spielte melancholische Melodien auf seinem Cello. Wir gerieten in heftigen Streit, weil einer die Waffen wollte, die anderen nicht. So sehr, dass der eine verärgert den Tisch verließ. Bis zur Abfahrt gelang es uns aber, Frieden zu schaffen, wenigstens unter uns, ganz ohne Waffen.

Titelbild: Das zum Selgelschiff „Alexander von Hulboldt“ (rechts) auf der Weser in Bremen.

Ein Gedanke zu „Landbote-Tour“

  1. Eine tolle Radtour unter Freunden und dies schon um die 30 mal seit etwa 1993.
    Mal schauen ob wir noch mal so viele schaffen, ggf. irgendwann mit E-Bike ….
    2023 Frankreich – Belgien- Niederlande ?!

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