Kleine Bühne Gambach

Einblick in eine kleine Stadt

Von Bruno Rieb

Die feine „Kleine Bühne Gambach“ kehrt mit „EinBlick“ zurück auf die Bretter, denen man nachsagt, sie bedeuten die Welt. Das neue Stück orientiert sich locker an „Unsere kleine Stadt“ von Thornton Wilder. Es wird Ende September, Anfang Oktober 2023 im Bürgerhaus in Gambach aufgeführt.

Grundmuster menschlichen Verhaltens

Johannes Schütz. (Foto: Rieb)

„Ich habe das Stück in die Jetztzeit nach Gambach geholt“, sagt Autor und Regisseur Johannes Schütz. Er orientiert sich am Aufbau des Originals: im ersten Akt lernen sich ein Junge und ein Mädchen kennen, im zweiten Akt stehen sie vor der Hochzeit und der dritte und letzte Akt spielt auf dem Friedhof. Aber Schütz erzählt „eine andere Geschichte mit anderen Personen“, wie er sagt. Gambach ist als Ort erkennbar, die Geschichte könnte aber auch in jeder anderen kleinen Stadt spielen.

Wilder hat mit seinen Stücken das US-amerikanische Theater revolutioniert. Wie Brecht in Deutschland griff er zu Mitteln der Verfremdung. In „Unsere kleine Stadt“ setzte er für die Rückschau einen Spielleiter (state manager) ein. Schütz arbeitet mit Licht und Ton und sparsam ausgestatteter Bühne. Eine besondere Herausforderung ist der letzte Akt, der auf dem Friedhof spielt und in dem eine Tote ihrem lebenden Ich begegnet.

In seinen Stücken zielte Wilder auf die Grundmuster menschlicher Existenz. Auch Schütz geht es um grundsätzliche Fragen. Er wird 70 Jahre alt und fragt sich, ob er seine kurze Zeit auf der Welt wirklich genutzt oder ob er sie für unnütze Dinge vertan hat, ob er wirklich wichtige von bedeutungsarmen Dingen unterscheiden konnte. Die ist schnelllebig geworden. Die vergangenen zehn Jahre seien dahin gerast, die nächsten würden noch schneller vergehen, befürchtet er.

Vom Hähnchenschenkel zum Laienspiel

Aber immerhin bleibt noch Zeit fürs Laienspiel. Eine Zeit, die Schütz nicht missen möchte, denn es sei eine ganz besondere Gemeinschaft, die sich in dem halben Jahr von der ersten Probe bis zur Aufführung des Stücks entwickle. Es sei eine fantastische Zeit. Eine Gemeinschaft werde geprägt, eine solche Gemeinschaft zu erleben, sei „ein tiefsitzendes Bedürfnis“. Und: „Wenn einen etwas packt, sind gewaltige Leistungen möglich.“

Dass Schütz das Theaterspielen gepackt hat, daran ist Thornton Wilder schuld. Als Schütz in die neunte Klasse ging, stand ein Besuch das Stücks „Unsere kleine Stadt“ im Theater in Marburg an, erzählt Schütz, der in einem Dorf in Nordhessen aufgewachsen ist. Für ihn und einige seiner Klassenkameraden stand fest, sich aus dem Theater zu schleichen und im Wienerwald Hähnchen essen zu gehen. Als es so weit war und sich seine Kameraden sich aus dem Theater verdrücken wollten, wollte Schütze nicht mehr mit: das Stück hatte ihn gepackt, er wollte unbedingt wissen, wie es weiter geht. Seine Kameraden zogen ohne ihn los. Als sie kurz vor Ende zurück kamen, hatten sie einen Hähnchenschenkel für Schütz dabei. Der Geruch des gegrillten Hähnchenbeins breitete sich im Theater aus und lockte die Lehrerin, die Schütz mit dem Schenkel erwischte. Der stand nun als Übeltäter da. Er konnte sich aber reinwaschen, weil er in der Klassenarbeit danach das Stück so gut zusammenfasste, dass er eine Eins plus bekam.

Trilogie gegen das Vergessen

Persönliche Erfahrungen des Regisseurs waren auch schon in die Trilogie gegen das Vergessen eingeflossen, mit der die 2018 gegründete Kleine Bühne debütierte. Nach „Ratzkatrein“ und „Heidenpeter“ stand 2021 „Josefine“ auf dem Programm. Es handelte von Josefine Schain, deren Vater polnischer Jude und deren Mutter deutsche Katholikin war. Josefine Schain ging auf die selbe Schule in Frankfurt, an der Johannes Schütz viele Jahre später Lehrer war. Er schrieb ein Stück über die Verfolgung der Josefine durch die Nazis, das nach erfolgreicher Aufführung in Gambach auch in der Schule in Frankfurt gezeigt wurde. Nach der Aufführung seien drei Viertel der Schüler geblieben, um über das Stück zu sprechen, freut sich Schütz.

Die Vorstellungen von „EinBlick“ sind am Freitag, 29., Samstag, 30. September, und Sonntag, 1. Oktober, sowie am Freitag, 6., Samstag, 7., und Sonntag, 8. Oktober 2023, im Bürgerhaus in Gambach. Der Kartenvorverkauf hat noch nicht begonnen. Es wird einen Vorverkaufstermin im Bürgerhaus in Gambach geben. Außerdem können die Karten über die Internetseite kleine-buehne-gambach.de bezogen werden.

Titelbild: Gambach, Teil der kleinen Stadt Münzenberg. (Foto: Rieb)

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