Die Mutmacherin
Von Jutta Himmighofen-Strack
Karla Katja Leisen ist ein Multitalent: Studierte Diplom-Pädagogin, Theaterpädagogin, ausgebildeter Bühnenclown, Licht- und Bühnengestalterin, Regieassistentin, Malerin, Preisträgerin 2019 mit dem Förderpreis der „Kulturregion Landkreis Gießen“. Wie man das alles unter einen Hut bekommt, wo ihr eigentlicher Antrieb liegt und warum viele Menschen das Wesen des Clowns völlig verkennen, darüber sprach Landbote-Autorin Jutta Himmighofen-Strack mit ihr.Gelernter Bühnenclown
Wer Karla Katja Leisen gegenüber sitzt, spürt es gleich: Da sitzt eine, die zu begeistern weiß. Besonders, wenn sie über Menschen und Begegnungen spricht, dann kann man es förmlich sehen und greifen, dass da eine Mut-Macherin ist. Die Kölnerin, die seit mehreren Jahren in Hessen lebt, ist für ihr Projekt „Sternförmig – ein Engel auf Rädern“ mit dem Förderpreis 2019 der „Kulturregion Landkreis Gießen“ ausgezeichnet worden. Nicht zuletzt betreibt sie jetzt eine Praxis für Systemische Supervision, Coaching und Organisationsentwicklung.
Landbote: Frau Leisen, wenn man Ihre Vita liest, fragt man sich fast unmerklich…und das macht Sie auch noch? War das alles geplant?
Karla Katja Leisen: Absolut nicht (lacht). Wobei, bis zu meinem 30. Lebensjahr habe ich schon wie viele mein Studium zur Sozialpädagogin und Theaterpädagogin planvoll durchgezogen und dann auch in diesen Bereichen gearbeitet. Im Theater jedoch eher hinter der Bühne und nicht auf der Bühne. Obwohl ich schon als Kind davon geträumt habe, Schauspielerin zu sein.
Wenn Schauspiel für Sie schon als Kind so wichtig war, wieso haben Sie sich dann gegen eine klassische Schauspielausbildung entschieden?
Das hat mehrere Gründe. Damals war ich schon fast 30 Jahre alt. Da ist der Charakter schon sehr geformt und ich habe auch gemerkt, dass das klassische Theater nicht so zu mir passt. Zu diesem Zeitpunkt war ich schon sehr in der freien Kunstszene unterwegs. Als Regieassistentin oder später auch als Licht- und Bühnengestalterin. Besondere Freude machte mir die Arbeit als Bühnenbildnerin. Hier konnte ich jetzt als Malerin auf der Bühne sehr große Räume gestalten. Dazu kommt, dass ich handwerklich begabt bin, das spricht sich schnell herum, gerade in der freien Kunstszene, wo bekanntlich die Gelder nicht so fließen.
Aber zu diesem Zeitpunkt noch immer hinter der Bühne?
Ja, aber das änderte sich mit der Ausbildung zum Bühnenclown. Anfänglich habe ich das nur gemacht, weil es für mich eine interessante Möglichkeit war, mehr über die Arbeit auf der Bühne zu erfahren. Im Theater hängt alles mit allem zusammen und ich wollte danach in die Regiearbeit gehen. Und dann hatte ich etwa nach einem halben Jahr ein Schlüsselerlebnis.
Können Sie uns davon erzählen?
Gerne. Wir waren an diesem Tag im Wald unterwegs. So wie es ein Kind oder es eben ein Clown tun würde: Staunend, neugierig, verspielt, fokussiert. Ich habe völlig die Zeit an diesem Tag verloren oder besser gesagt war in sie versunken. Da wusste ich, ich habe in meinem Alltagsleben das Spielerische völlig verlernt. Aber ich wollte es wieder in meinem Leben haben. Weil es ein gutes Werkzeug sein kann, mit den Widrigkeiten des Lebens umzugehen. Von daher war die Schauspiel-Ausbildung zum Bühnenclown für mich ein wichtiger Meilenstein.
Der Clown ist ein Vorkämpfer
Können Sie uns etwas mehr über die Eigenschaften des Clowns sagen? Für viele ist ein Clown nur ein Spaßmacher, über den man kurz lacht und ihn dann auch wieder vergisst.
Das wird schwierig in der Kürze. Aber ich will es versuchen auf den Punkt zu bringen. Der Clown ist ein Vorkämpfer gegen das Zweckdenken. Der Clown verfolgt keinen Zweck. Er ist einfach da. Er agiert im Hier und Jetzt. Wer sich darauf einlassen kann, erlebt eine Entlastung. Für einen Moment, vielleicht aber auch darüber hinaus. Er gibt Impulse, die kann man aufnehmen oder auch nicht. Ich finde, er ist ein wichtiges Gegengewicht zu unserer Zeit, in der alles einen Zweck haben muss. In den letzten Jahren sind auch die Klinikclowns immer bekannter geworden und haben so auch das teilweise einseitige Bild eines Clowns verändert. Auch Klinikclowns können nicht unbedingt heilen, aber Momente schenken, die für eine Genesung wichtig sind.
Wenn ich zu Ihnen privat zum Coaching komme oder Sie in Firmen Supervision oder systemische Organisationsentwicklung anbieten, ist der Clown da immer dabei?
Ich erscheine nicht im Kostüm des Clowns (lächelt)! Aber natürlich habe ich immer meinen „Instrumentenkoffer“ dabei. Es geht darum, zu den beteiligten Menschen (die ja alle in Systemen leben) Zugänge zu schaffen, Blockaden, Ängste, Hürden und negative Muster aufzulösen. Über die in einer Ausbildung gelernten Interventionen noch einiges mehr anbieten zu können, ist meine Stärke. Gerade der Clown, bei dem ja Humor und Ernsthaftigkeit sehr dicht beieinander liegen, wirkt oft als Katalysator. Und als „echt kölsches Mädche“ ist mir beides in die Wiege gelegt. Auch meinen Blick als Künstlerin setze ich immer wieder gerne ein. Es kann sehr hilfreich sein, schier unlösbaren Problemen kreativ und visionär zu begegnen. Diese Erfahrung konnte ich schon oft machen.
Leben Sie also in Zukunft auf diese Weise Ihre Fähigkeiten aus, oder wird man auch von der Künstlerin Leisen wieder etwas sehen und hören können?
Das ist ein Teil meiner Identität und den werde ich auch immer wieder ausleben. Ob als Malerin, mit meinen Gongkonzerten, die ich gemeinsam mit Susanne Ines Schmid veranstalte, oder vielleicht auch mit meiner Kunstfigur Cosmo Calexika, die eine Mischung aus Clown und Engel ist und mit einem Elektro-Rad zu den Menschen fährt. Der Kontakt zu Menschen, etwas zu bewegen im wahrsten Sinne des Wortes, das treibt mich an.
Karla Katja Leisen (50 Jahre) lebt in Lich. Mehr Informationen über Sie als Coach gibt es unter rayofhope-coaching.com
Wer seinen clownesken Persönlichkeitsanteil entdecken oder einfach mal in diese Welt eintauchen möchte, kann dies am 2. und 3. März tun. Dann gibt es den nächsten Basiskurs „Die Kunst des Clowns – Komplizenschaft und Clown-Prinzipien“ in Lich. Details unter karlakatjaleisen.com