Horlofftalbahn

Alles planmäßig

Von Detlef Sundermann

Bei der Reaktivierung des Streckenabschnitts Wölfersheim-Hungen der Hortlofftalbahn zeichnet sich eine für die Deutsche Bahn recht ungewöhnliche Pünktlichkeit ab. Zurzeit laufen die Planungen für die Vorarbeiten im nächsten Jahr. Der eigentliche Baubeginn ist – nach heutigem Stand – Anfang 2025. Noch Ende des gleichen Jahres sollen die ersten Züge rollen, heißt es von der Deutschen Bahn.

Wirtschaftlichkeit prognostiziert

Die genauen Kosten der Wiederinbetriebnahme werden erst mit Planungsende vorliegen. Somit gilt bis auf Weiteres die Summe von 25 Millionen Euro, ohne die 4,3 Millionen Euro für die Planung. Der Anteil der Bahn liege bei 90 Prozent. Das Land übernimmt laut hessischem Verkehrsministerium den Rest. Im April 2003, über Einhundert Jahre nach der Eröffnung, wurde der rund zwölf Kilometer lange Abschnitt unter Protest von Bürgern aus der Region stillgelegt. In einer Untersuchung des Landes zur Reaktivierung stillgelegter Strecken in Hessen, wurde für die Horlofftalbahn nun eine gute Wirtschaftlichkeit prognostiziert – im Gegensatz zu dem Gutachten, das zum Aus geführt haben soll. 2020 verkündete Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne), dass auf dieser Strecke wieder Züge fahren sollen, zur Entlastung der Straße und nicht zuletzt des Klimas.

Die Wiederbelebung der Bahn zwischen Hungen (Landkreis Gießen) und Wölfersheim (Wetteraukreis) ist gewiss den Tatsachen zu verdanken, dass sich die dortige Region als Zuzugsgebiete entwickelt hat und dass die Hoffnung auf eine Reaktivierung nie aufgegeben wurde, weder von der Politik noch von der bis heute bestehenden und aktiven AG Horlofftalbahn. Damit diese Hoffnung nicht eines Tages unter einem Radweg durch eine hübsche Landschaft verschwindet oder gar zu einem Acker umgepflügt wird, kauften die beiden Kommunen 2011 die 12,2 Kilometer Gleis samt Bahndamm und hielten beides über die Jahre für den Tag X in Schuss. Hierzu soll in Summe in Höhe von rund 180 000 Euro investiert worden sein. Für eine kurzfristige Wiederaufnahme des Fahrbetriebs ist die Linie dennoch mittlerweile morsch geworden. Vor der Corona-Zeit sollen hin und wieder die freiwilligen Feuerwehren mit der Draisine über Gleis gerumpelt sein. Laut dem Wiesbadener Ministerium hat die Bahn die Teilstrecke von den zwei Kommunen nunmehr zurückgekauft.

Noch endet die Horlofftalbahn in Wölfersheim. (Fotos: Detlef Sundermann)

Die Züge sind schneller unterwegs

Für die DB ist der Fahrbetrieb nur mit einer Kompletterneuerung möglich, dies auch vor dem Hintergrund, dass die Züge nicht mehr wie einst mit 50, sondern mit zeitgemäßen 80 Stundenkilometern unterwegs seien werden. Die Instandsetzung umfasst nicht allein den Fahrweg, sondern auch Signalanlagen und die Haltestellen, denn alles ist noch aus den 1960er Jahren. Hierzu zählt ebenso die Erneuerung und Sicherung von sechs Bahnübergängen. Der Verkehr auf der stark befahrenen B455 wird künftig voraussichtlich ein, zwei Mal in der Stunde vor einer geschlossenen Schranke stehen. An der Streckenführung wie auch an der überwiegenden Eingleisigkeit wird sich hingegen nichts ändern. Passend zur Zuglänge sollen die neuen Bahnsteige eine Länge von 140 Meter erhalten. Allerdings nicht für die Station Bellersheim, die wie ein verwunschener Ort im Feld an der ehemaligen Tagebaugrube liegt, dem heutigen Sachsensee. Sie wird es nicht mehr geben. Wie das Ministerium mitteilt, sei die Frage nach der Elektrifizierung noch offen, ebenso eine mögliche Umstellung auf „alternative Antriebe“ zum Diesel. Diese Frage werde sich erst mit dem „Auslaufen des aktuellen Verkehrsvertrags für das gesamte Wetteraunetz“ stellen, heißt es aus Wiesbaden.

Das mehr als 20 Jahre dauernde Ausharren und Beharren auf eine Reaktivierung des Abschnitts habe sich gelohnt, sagt Stephan Kannwischer, Sprecher der AG Horlofftalbahn. Nicht allein, weil man den Menschen in dieser Region mit einem mutmaßlich „fragwürdigen Gutachten“ (Kannwischer) die geliebte Eisenbahn weggenommen habe. „Insgesamt ist das Verkehrsaufkommen über die Jahre gestiegen“, sagt er. Der Lückenschluss sei daher von großer Bedeutung, um das Umsteigen auf die Bahn attraktiv zu machen. Denn „nun wird die Netzwirkung wieder hergestellt, das ist ein entscheidender Vorteil“. Für die Bahnnutzer bedeute dies weniger bis gar nicht Umsteigen etwa um nach Frankfurt zu gelangen. Auch die Verbindung nach Gießen würden damit schneller. Die Region um Wölfersheim und Hungen könne somit etwa sogar für Studenten ein attraktiver Wohnort werden, so Kannwischer. Überdies trage die Horlofftalbahn zu einer besseren touristischen Erschließung bei. Die Region besitze einen hohen Freizeit- und Urlaubswert wie mit dem Inheidersee. Allerdings könne dies nur gelingen, wenn die Züge am Wochenende nach einen entsprechend getakteten Fahrplan fahren, bemerkt Kannwischer.

Protest gegen die Stilllegung 2003. (Foto: Kannwischer)
Die Reaktivierung

2018 ergab eine Machbarkeitsstudie des Hessischen Wirtschaftsministerium zu stillgelegten Bahnstrecken, dass eine Reaktivierung der Horlofftalbahn mit rund 700 Fahrgästen am Tag durchaus rentabel sei.

Im November 2020 hieß es aus Wiesbaden, dass das Land die Planungskosten zu Reaktivierung in Höhe von 4,3 Millionen Euro bereitstellt.

Die Baukosten werden voraussichtlich 25 Millionen Euro betragen. Laut derzeitigen Stand soll die Strecke bis Ende 2025 in Betrieb gehen. Bis dahin sollen auch die benötigten elektronischen Stellwerke Beienheim und Gießen–Nidda fertig sein.

In den Verkehrshauptzeiten soll der Zug von Gießen bis Frankfurt durchgehen. Laut Landesprogramm Mobiles Hessen 2030 wird die Horlofftalbahn in den Hauptverkehrszeit im Halbstundentakt und in der Nebenverkehrszeit im Stundentakt rollen.

Titelbild: Die Horlofftalbahn bei Bellersheim.

2 Gedanken zu „Horlofftalbahn“

  1. Ein großer Erfolg für die AG Horlofftalbahn, Glückwunsch! Und auch den beiden Kommunen ist zu danken, dass man vorausschauend die Strecke gegen Rückbau gesichert hat.
    Was ich mir noch gewünscht hätte, wäre ein Haltepunkt in Wölfersheim-Geisenheim (Naherholungsgebiet Wölfersheimer See).
    Für den Erfolg der Strecke wäre außerdem eine Anbindung von Wohnbach, Obbornhofen, Bellersheim und Utphe per Bus an die Strecke wichtig, z.B. in Berstadt.
    In Berstadt fehlt mittlerweile leider auch eine fußläufige Verbindung zwischen Haltepunkt und Industriegebiet. Bin mal gespannt welche Lösung dort gefunden wird.

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