Unbekannte Tatorte
Die Fotoausstellung „Tote Winkel. Die Tatorte der Judenvernichtung“ im Kreishaus in Friedberg (Hessen) “, zeigt wenig bekannte Orte der Judenvernichtung im Osten Europas. Die Ausstellung wurde am Holocaustgedenktag 27.1. 2018 eröffnet und ist bis zum 9.3. 2018 zu sehen ist. Ausgestellt sind 20 großformatige Bilder des Fotografen Ansgar Gilster.
Orte des Grauens
Im Osten Europas haben die Nazis Millionen Menschen vernichtet. In den Vernichtungsfabriken töteten sie mit Gas. Mindestens genauso viele Menschen erschossen und erschlugen sie: In Städten und Dörfern, im Wald und auf den Feldern, berichtet der Wetteraukreis in einer Pressemitteilung. Wer heute zu diesen Orten im östlichen Polen, in Belarus (Weißrussland), der Ukraine oder im Baltikum aufbricht, findet sie kaum. Das Gras über den Gräbern wächst nicht weniger grün. Wo früher Wald war, ist noch immer Wald, und aus Lagern ist Landschaft geworden“, heißt es in einer Pressemitteilung des Wetteraukreises zu der Ausstellung. .
An Auschwitz erinnert man sich vor allem, weil es 1.000 Überlebende gab, die von Auschwitz erzählen konnten. Sie überlebten, weil Auschwitz nicht nur eine Todesfabrik war, sondern auch ein Arbeitslager.
Von Vernichtungslagern wie Treblinka, Belzec und Sobibor, wo rund 1,5 Millionen polnische Juden ermordet wurden, konnten hingegen nur wenige Dutzend Überlebende Zeugnis ablegen. Noch geringer ist die Zahl der Menschen, die zu Vernichtungsstätten wie Janowska in der heutigen Ukraine oder Maly, Trostinez in Belarus deportiert worden waren und mit dem Leben davon kamen.
Von dem Morden in den Erschießungsgruben konnte nahezu niemand berichten. Wo niemand überlebte, scheinen die Täter ihr Ziel der totalen Vernichtung erreicht zu haben: Verbrechen und Opfer für immer unsichtbar werden zu lassen.
Spuren der Vernichtung
Doch die Vernichtung hat Spuren hinterlassen, die Orte zeugen bis heute von dem Morden. Gebäude und Ruinen überdauern; Knochen, Schuhe und Gewehrkugeln haben sich in der Erde erhalten und mancherorts kommen sie an das Tageslicht. An einigen Orten ist der Boden grau von menschlicher Asche. Die Landschaft erzählt.
Die Fotografien von Ansgar Gilster zeigen die Tatorte der Judenvernichtung im Osten Europas, auf die man bei der historischen Spurensuche jenseits von Gedenkstätten stößt. Sie stammen von Orten, deren Namen heute bekannt sind, wie von völlig unbekannten Orten. Brachflächen, Müllkippen, Wald – die Orte sind Zeugen von der Banalität des Bösen. Und sie zeigen, wie viele blinde Flecken es in der europäischen Erinnerung gibt.
Ansgar Gilster studierte Geschichte, Philosophie und Genozidwissenschaft in Berlin, London, Siena und Warschau. Vor über zehn Jahren begann er NS-Erinnerungsorte zu fotografieren; seit 2011 dokumentiert er insbesondere Tatorte und Massengräber der Judenvernichtung in Osteuropa. Er arbeitet im Bereich Migration und Menschenrechte für die Evangelische Kirche in Deutschland.
Der Wetteraukreis unterstützt Fahrten von Jugendgruppen und Schulklassen zu Gedenkstätten des nationalsozialistischen Terrors. „Die Ausstellung, die wir heute eröffnen, zeigt aber, dass es eine Vielzahl von Stätten des Schreckens gibt, die in Vergessenheit geraten sind. Dem Fotografen Ansgar Gilster ist es zu verdanken, diese häufig unbekannten Orte wieder sichtbar zu machen“, sagte Erster Kreisbeigeordneter Jan Weckler (CDU) bei der Ausstellungseröffnung.
Die Ausstellung ist während der Öffnungszeiten des Friedberger Kreishauses, montags bis mittwochs, von 7.30 bis 16 Uhr, donnerstags bis 18 Uhr und freitags bis 12.30 Uhr, bis zum 9. März 2018 zu sehen.