Hedwig Mayer

Ihre Bühne ist der Verkaufsraum

Von Jutta Himmighofen-Strack

Ein ungewöhnliches Jubiläum: Hedwig Mayer arbeitet seit 50 Jahren im Lederwarengeschäft Steck in Friedberg. Die fast 80-Jährige kann eine Menge über den Wandel der Branche erzählen.

50 Jahre im Lederwarenladen

Hedwisch – wisch und weg! Das könnte ein Lebensmotto von Hedwig Mayer sein. „Ich diskutiere nicht so gerne, lieber mache ich“, sagt sie und lebt es täglich vor. Ihre Bühne ist, man mag es nicht glauben, seit 50 Jahren der Verkaufsraum des Lederwarenfachgeschäfts Steck in der Kaiserstraße. “Wobei das nicht ganz korrekt ist, eigentlich sind es sogar 52 Jahre“, versichert die Lederwarenfachverkäuferin Mayer. „Stimmt nicht, sobald man unterbricht, wird wieder von vorne gezählt“, kontert Ulf Berger, der in vierter Generation die Tradition weiterführt. Hedwig Mayer holt kurz Luft, grinst und denkt sich ihren Teil. Schließlich war der jetzt auch schon fast 50jährige Ulf Berger noch überhaupt nicht auf der Welt, als Hedwig Mayer sich unwiderruflich in der Welt der Lederwaren und der Familie Berger einen festen Platz sicherte.

Die goldenen Zeiten

Das kann man auch nicht trennen, wenn man die letzten 50 Jahre der Hedwig Mayer Revue passieren lässt. 100 Jahre Lederwaren Steck (2019) und fast die Hälfte davon mit der Echzellerin Hedwig Mayer. Kaum jemand kann so kompetent und unterhaltsam am Beispiel Lederwaren Steck die Entwicklung des letzten halben Jahrhunderts deutlich machen. Als sie Anfang der Siebziger, nach zwei Jahren in Aachen, auf Wunsch des 2017 verstorbenen Reinhard Berger (Vater von Ulf Berger) wieder zurückkam, waren die Wege kurz und die Beziehungen zu den Vertretern und Herstellern eng. Die Waren holte man mit dem eigenen Auto im benachbarten Offenbach ab. „Das waren goldene Zeiten“, versichert Hedwig Mayer. Die Leute hatten immer mehr Geld zur Verfügung und wollten sich auch was leisten. Dieser Trend setzte sich auch in den 80er Jahren fort. Viel gefeiert wurde unter der neuen Regentschaft von Reinhard Berger, der zwar schon viele Jahre im Unternehmen war, aber erst 1981 den Führungsstab von seiner Schwiegermutter Elisabeth Laitsch offiziell übernommen hatte. „Mit den Männern hatten wir hier immer Glück“, erzählt die zweifache Mutter, Großmutter und Urgroßmutter. „Ist ja nicht so einfach mit so viel Frauenpower, aber die Berger-Männer können damit umgehen“. „Wenn es ihm hier (mit dem Finger auf Ulf Berger zeigend) zu viel wird, verschwindet er in der Werkstatt“, verrät Hedwig Mayer. „Das hat er sich von seinem Vater abgeschaut“. Ehe Ulf Berger etwas erwidern kann, wird er schon in die Schranken gewiesen. „Sach nix, ich weiß, dass die Regale voll sind mit Reparaturaufträgen“. „Seit mir im Fernsehen waren, kommen die Reparaturen aus ganz Deutschland“.

Hedwig Mayer mag Herausforderungen

Vieles hat sich seit den 90er Jahren im stationären Handel geändert. Die unmittelbare Konkurrenz zum Onlinehandel, die Produktvielfalt, der Trend zu mehr Nachhaltigkeit. „Ich muss nicht alles gut finden, aber was wir hier (an) bieten, das ist nicht zu toppen. Ich mag Herausforderungen, die halten mich jung, langweilen kann ich mich zuhause“. Stimmt nicht. Zuhause, das heißt bei Hedwig Mayer morgens schon um 6 Uhr den ersten Kaffeebesuch zu bekommen, später sich um das Gartengrundstück zu kümmern, das eigene Haus in Schuss zu halten und den wöchentlichen Friseurtermin bei ihrer Tochter auszumachen. Warum auch nicht, schließlich wird Hedwig Mayer im Dezember erst 80 Jahre. Da geht noch was. Täglich von 10 bis 14 Uhr in der Kaiserstraße.

Titelbild: Hedwig Mayer vor ihrem Arbeitsplatz, dem Lederwaren Steck in Friedberg. (Foto: Jutta Himmighofen-Strack)

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