Menü in drei Gängen mit Neidhart
Von Bruno Rieb
Als Gerda Schmidt lockt Landbote-Autorin Jutta Himmighofen-Strack interessante Menschen zum Interview ins Bett. Diesmal steckte sie mit dem Wetterauer Starkoch Reiner Neidhart unter einer Decke. Das Gespräch der beiden ist ein leckeres Menü, das der Landbote in drei Gängen serviert.Erster Gang
Neidhart kann nicht nur ausgezeichnet kochen, er kann auch routiniert mit den Medien umgehen. Er kocht im Fernsehen und gibt Tipps im Radio. Der Landbote durfte bei den Dreharbeiten im Friedberger Bettenhaus Decher dabei sein und miterleben, wie aus der sonst etwas kantigen Gerda eine recht geschmeidige Moderatorin wurde. Der Koch rückt ihr im Bett ziemlich nahe. Gerda reagiert zunächst noch etwas schroff: „Jetzt kommen die ganz harten Fragen, da bist du froh, wenn du etwas Abstand gewinnen kannst.“
Die beiden plaudern über Neidharts Kindheit im Rosbacher Stadtteil Rodheim. Im Kiosk des Rodheimer Schwimmbades – sein Vater war Bademeister des Schwimmbades – hat Neidhart seine ersten Kocherfahrungen gemacht. Dort hat er gelernt, „wie man aus zehn Kilo Ketchup 20 Kilo Sauce machen kann“.
Zweiter Gang
Jetzt geht es auf geradezu philosophischem Niveau ums Kochen. Kann Kochen Kunst sein? Jedenfalls ist die hohe Kunst, dem Gast zu vermitteln, dass er etwas besonderes serviert bekommt. Soll vom Gemüse auch der Strunk verwendet werden? Sie wolle einem „guten Koch nicht erzählen, wie er kochen soll“, räumt Gerda immerhin ein, denn sie lasse sich ja auch nicht sagen, wie sie Interviews führen soll, „weil ich das alles selber weiß“. Aber die beiden sind sich einig: Der Strunk soll verwendet werden. Dabei soll aber nicht vom Sparen, sondern vom Verwerten gesprochen werden. Neidhart: „Man muss den Menschen das Gefühl geben, sie haben alles selbst entdeckt.“ Schließlich zeigt der Koch der Moderatorin noch, wie Gemüse richtig geschnitten wird.
Dritter Gang
Gerda testet Neidharts Geschmackssinn. Dazu bekommt er eine Augenbinde, die Gerda – ganz erfinderisch – mit einer Slipeinlage ausgepolstert ist. Neidhart: „Die ist hoffentlich frisch.“ Dem blinden Koch gibt Gerda teelöffelweise kaltgepresste Öle aus Deutschland zu kosten. „Dass ich einen 60-Jährigen füttere“, freut sich Gerda. Traubenkernöl und Leindotteröl erkennt der Koch nicht, ist von letzterem aber ganz angetan.
Vom Kochen geht es schließlich zur anderen ganz großen Leidenschaft Neidharts: dem Wandern auf dem Jakobsweg (Camino de Santiago). Der Koch schwärmt vom Schlafen in uralten Gemäuern, in denen seit Jahrtausenden Menschen übernachten.
Schließlich bekommt Neidhart von Gerda einen Stern verliehen. Der sei ihm wichtiger als einer im Michelin, „weil er von Herzen kommt“, sagt der Koch.