Hühnerhaltung in Mobilställen
Von Michael Schlag
Hühnerhaltung in Mobilställen ist bei Verbrauchern äußerst beliebt. Kleine Tierherden mit täglichem Auslauf im Freien, kleine Ställe in grüner Lage. Für Konsumenten geradezu Sinnbild einer artgerechten und umweltschonenden Hühnerhaltung. Charlotte Bühner, Expertin für Agrarmarketing an der Universität Göttingen nennt es den „David-gegen-Goliath-Frame“ – klein ist schön. Aber wie gut honorieren Verbraucher das, wenn es ans Bezahlen geht und wie erkennt man im Handel überhaupt Eier aus Mobilställen?Freilandhaltung gefragt
Bühner und ihr Team wollten in einer breit angelegten Untersuchung zunächst erfahren: Was wissen Konsumenten über Legehennen-Haltung, auf welcher Grundlage urteilen sie – und wie schneidet die Mobilstallhaltung im Vergleich mit anderen Ställen ab? Gibt es klare Überzeugungen, bei denen die Konsumenten antworteten: Ja, wir kaufen immer nur diese Haltungsform? Am verbreitetsten unter den Überzeugungskäufern ist die Freilandhaltung, gefolgt von Bodenhaltung und Biohaltung. Für Mobilstallhalter indes ist das Ergebnis enttäuschend, „weniger als 10 Prozent sagen, dass sie das regelmäßig oder immer kaufen“, erklärt Bühner, aber was wirklich problematisch ist: „Die größten Anteile sagen, dass sie es gar nicht wissen.“ Offenbar ist das System der Mobilställe unter der großen Mehrheit, die ihre Eier im klassischen Lebensmittelhandel kaufen, gar nicht bekannt.
Obwohl die Präferenzen auf Seiten der Verbraucher wirklich eindeutig sind. 85 Prozent wollen, dass Legehennen tagsüber ins Freie dürfen, sie sollen nicht nur in geschlossenen Ställen leben. Um herauszufinden, welchen Einfluss Information auf die Meinungsbildung hat, entwarfen die Forscher eine sehr spezielle Fragemethode. Sie bereiteten für jedes Haltungssystem Informationstexte vor, mit Fotos und Kennzahlen wie Fläche pro Huhn, Tiere pro Stall, Auslauf usw. Eine Gruppe von Verbrauchern konnte sich zunächst fachlich informieren, eine andere urteilte auf Basis des bestehenden Wissensstandes. Dann folgte das „Kaufentscheidungsexperiment“, um herausfinden, ob sachliche Information helfen würde, die „Zahlungsbereitschaft“ zu ändern. Referenzwert der Befragung war immer die Bodenhaltung im Stall, das sind die preiswertesten Eier im Handel. Wieviel würde man bei anderen Haltungsformen drauflegen?
Kennzeichnung für Mobilstalleier fehlt
Die Ergebnisse brachten dann einige Überraschungen. Der nicht informierte Verbraucher ist erstmal kaum bereit, für Mobilstallhaltung mehr zu bezahlen. Bei konventioneller Mobilhaltung würde er für die Zehnerpackung Eier gerade einmal fünf Cent mehr bezahlen wollen, bei der ökologischen Mobilhaltung waren es 18 Cent, „was ja auch überhaupt nicht reicht“, sagt Bühner. Das Bild änderte sich aber drastisch, wenn die Probanden vorher bebilderte Informationen bekamen und sie eine Vorstellung davon erhielten, was Mobilstallhaltung denn bedeutet. Es ist die Haltungsform mit den kleinsten Ställen und der kleinsten Herdengröße, keine andere erfüllt so gut den „David-gegen-Goliath-Frame“, den Verbraucher so schätzen. Dazu gehört aber auch mehr Handarbeit als bei jeder anderen Stallform. Man muss Futter und Wasser auf die Weide bringen, die Eier einsammeln, den Mist wegbringen, es lässt sich kaum etwas automatisieren. Zudem muss der Stall alle zwei Wochen ein Stück versetzt werden, damit die Hühner wieder frisches Grün haben.
Über all das informiert, ging die Bereitschaft für höhere Preise deutlich in die Höhe: Aus konventionellem Mobilstall durfte ein Ei dann 66 Cent kosten und bei der Bio-Mobilstallhaltung sogar 1 Euro pro Stück. Mit mehr Information könnten Mobilstallbetreiber also auskömmlichere Preis erzielen, der Haken ist aber: Es gibt keine eigene Kennzeichnung für Eier aus dem Mobilstall. Und hier macht Charlotte Bühner auch keine Hoffnungen. Mobilställe „sind ein deutsches Thema“, es gebe noch einige in Österreich, langsam entstünden sie auch in Frankreich, aber europaweit hätten sie keine große Relevanz. Deshalb sei „erstmal nicht zu erwarten, dass Mobilstall-Eier einen eigenen Stempel kriegen.“ Hinter der „1“ für Freilandhaltung kann ein Mobilstall mit 250 Hennen stehen, aber auch eine Großhaltung mit 20.000 Hühnern. Entsprechend kann die „0“ für Bio ein Stall auf der Weide mit 200 Hühnern oder eine große Bio-Herde meinen. Ganz sicher findet man sie aber beim Direktvermarkter in der Gegend.
Titelbild: Die Freilandhaltung der Hühner ist bei den Verbrauchern beliebt.