Zum Tod der Swing-Legende
Die Nationalsozialisten haben ihn zu einem widerwärtigen musikalischen Schauspiel benutzt: Die Rede ist von dem auf Jazz spezialisierten Gitarristen und Schlagzeuger „Coco“ Schumann, der jetzt am 28. Januar 2018 in seiner Heimatstadt Berlin gestorben ist. Hitlers Gefolgsleute haben den am 14. Mai 1924 geborenen Heinz Jakob Schumann 1944 folgenden Befehl erteilt: Der damals 20-Jährige musste zusammen mit anderen musizierenden Insassen im KZ Ausschwitz-Birkenau für die Häftlinge, die an der berühmt berüchtigten Rampe ihren Weg in den Tod antraten, „Lieder zu Ablenkung“ spielen, darunter „La Paloma“. (Foto: F.Bongers)
Nicht Rache sondern Genugtuung
Hans Albers hatte 1944 den Schlager in Deutschland wieder populär gemacht – es wird keinesfalls in seinem Sinn gewesen sein, dass die braunen Machthaber diesen Song mit dem spanischen Titel, der „die Taube“ bedeutet, auf solch makabre Weise missbraucht haben. Aber: Schumann, der seinen Spitznamen Coco von einer französischen Freundin erhalten hatte, überlebte! Der vielfach begabte Künstler, der auch den Swing meisterte, hat in Gesprächen, die aus Anlass seines Todes jetzt im Rundfunk und Fernsehen ausgestrahlt wurden, niemals den Willen zur Rache in den Mittelpunkt gestellt.
Dass er überlebt hat, sah er weniger als Rache, sondern als Genugtuung, sagte er in einem Interview. Die Nazis haben ihn nicht einmal seelisch völlig vernichten können, als er miterleben musste, wie auch im KZ Theresienstadt (dort war er 1943 zunächst inhaftiert worden) Menschen erniedrigt, gefoltert und getötet wurden. Er war nur noch ein Hauch von Leben, als er von US-Soldaten befreit wurde – aber er war in seinem Überlebenswillen ungebrochen.
Er spielte stets wundervoll
Welch ein Glück für alle, die Musik lieben! Denn bereits kurz nach Kriegsende legte Schumann, der Sohn einer Jüdin und eines zum Christentum übergetretenen Vaters war, als Jazzer wieder richtig los: solo oder in Bands, unter anderem mit dem Violinisten Helmut Zacharias. Übrigens spielte Schumann bereits in den vierziger und fünfziger Jahren – einige Jahre, bevor die „Beatles“-Ära begann – auf einer E-Gitarre. Coco, der sein persönliches Glück in seiner Familie fand, war also seiner Zeit weit voraus. Vielleicht werden (hoffentlich!) in den kommenden Tagen weitere Dokumentationen über ihn im Radio oder im Fernsehen wiederholt. Und da gibt es noch diesen 1957 gedrehten Heinz-Erhardt-Spielfilm „Witwer mit fünf Töchtern“: Dort erlebt man Coco Schumann an der Gitarre: Er spielte stets wundervoll, beherrschte auch den Rock ’n‘ Roll. Er war halt, wie bereits erwähnt, ein Allroundtalent!