CDU-FDP-Koalition abgewählt
Von Detlef Sundermann
In Bad Vilbel hat die CDU/FDP-Koalition bei der Kommunalwahl am 14. März 2021 ihre Mehrheit verloren. Wahlgewinner sind die Grünen, die ihre Ergebnis fast verdoppelten.Ein Zeichen der Dankbarkeit an die bisherige CDU/FDP-Koalition, die der Stadt so manches Großprojekt wie die Stadthalle in Bau, die riesigen Neubaugebiete in der Krebsschere oder noch kommende wie Spaßbad, Smartcity und Möbelhaus Segmüller beschert hat oder bescheren wollte, war der Wahlsonntag gewiss nicht. Um gut 7,5 Prozent hat die CDU an Stimmen und damit an Kraft im Stadtparlament verloren. Beim Koalitionspartner FDP war der Verlust zwar unter einem Prozent, aber 40,73 und 6,52 Prozent ergeben nunmehr keine Regierungsmehrheit.
SPD weiter im Sinkflug
Die ließe sich auch nur schwerlich mit der SPD finden, deren deutlicher Sinkflug weiter anhält: es kamen nur noch 16,77 Prozent der Stimmen zusammen, knapp 4,5 Prozent weniger als noch 2016. Laut der Vize-Vorsitzenden Lucia André sei die SPD trotz „konkreten und guten Wahlkampf“ und einer „Traumbesetzung bei der Kandidatenliste“ von den Wählern offenbar nicht in gewünschter Weise wahrgenommen worden.
Grüne zweitstärkste Kraft
Ganz anders die Grünen, die mit 29,44 Prozent zum Shootingstar geworden sind. Sie konnten ihr Ergebnis fast verdoppeln. Das macht die Ökopartei einmal mehr selbstbewusst und nicht zu einem Bittsteller einer möglichen Koalition – gleich in welcher Farbkombination. „Die Grünen in Bad Vilbel haben mit einen der höchsten Zugewinne in Hessen“, sagt Kathrin Anders, Landtagsabgeordnete und Spitzenkandidatin der Grünen. Den Erfolg sieht sie nicht allein im jüngsten Konflikt zwischen Bürgern und Rathaus über die Zukunft des Stadtwalds oder in den Grünen affinen Zugezogenen aus Großstädten. „Unser Wahlkampf begann schon vor fünf Jahren, es waren fünf Jahre harte Arbeit“, sagt sie. Die parlamentarische Arbeit habe nie aus einem Einfach-gegen-alles-sein, sondern aus „konkreten Gegenvorschlägen“ bestanden, vor allem bei den Themen sozialer Zusammenhalt, bezahlbares Wohnen und der Bekämpfung der wachsenden Verkehrsbelastung. Anders führt den hohen Stimmengewinn jedoch auch darauf zurück, dass sich die Bad Vilbeler, vor allem die Alteingesessen, bei der Entwicklung der Stadt immer weniger mitgenommen fühlten.
Wahldebakel der CDU
Das Wahldebakel der CDU interpretiert deren Vorsitzender und Landtagsabgeordneter Tobias Utter natürlich anders. Da sei zunächst das aktuelle, allgemeine Ansehen der CDU. „Zurzeit herrscht für die CDU keine dolle Stimmung“. Und zu den lokalen Ursachen sagt er: „Zu einem gewissen Teil sind auch die Großprojekte in der Stadt die Ursache, doch wenn sie erst einmal fertig sind, relativieren sich die Ängste schnell.“ Das sei vor zehn Jahren beim Bau der Neuen Mitte mit der Bibliotheksbrücke über der Nidda nicht anders gewesen. „Heute werden wir für diesen mutigen Schritt gelobt“, so Utter. Er geht nicht davon aus, dass der herbe Stimmenverlust personelle Konsequenzen haben wird – zumindest nicht vor den Vorstandswahlen im Herbst. Ob Utters Ehefrau Irene erneut die Fraktion leiten wird, werde bei der konstituierenden Sitzung im April entschieden. Utter will jedoch von seiner Gattin positive Signale vernommen haben, dass sie diese Aufgabe auch für die kommende Legislaturperiode übernehmen wolle. Utter will sie dann Kraft seines Amtes als Parteivorsitzender in der ersten Fraktionssitzung vorschlagen.
Suche nach neuen Mehrheiten
Laut Utter sollen in den kommenden Tagen die Sondierungen für eine potenzielle Koalition erfolgen. Der stärksten Fraktion steht das Recht zu, den ersten Schritt zu unternehmen. Mehrheitsfindung nach Sachthemen soll die letzte Option bleiben. „Wir werden allen demokratischen Parteien das Gespräch anbieten“, sagt Utter. Auch SPD und Grüne geben sich offen.
Für Grünen-Chefin Andres ist jedoch klar, dass im Fall einer Koalition an der bisherigen Forderung der Grünen nach einem zweiten hauptamtlichen Stadtrat oder einer Stadträtin festgehalten wird. Vilbel sei mittlerweile die einwohnerstärkste Stadt im Wetteraukreis, damit seien in den vergangenen Jahren auch die Aufgaben gewachsen. Mindestens die Ressorts Soziales und Umwelt sollten dem künftigen Hauptamtler zugewiesen werden – bestenfalls einer mit grüner Parteizugehörigkeit. Das weitreichende Sozialdezernat wird derzeit von Jörg-Uwe Hahn, neben seinem Hauptjob als FDP-Landtagsabgeordneter, geführt. Das Dezernat Liegenschaften und Grünanlagen liegt in den Händen des 72 Jahre alten CDU-Mannes Klaus Minkel, der zudem ehrenamtlich als Erster Betriebsleiter der Stadtwerke tätig ist.
Die SPD würde als Koalitionär keine Anspruch auf einem hauptamtlichen Posten im Magistrat erheben, so André, aber einer mit „wichtigen Aufgaben“ solle es schon sein. Dass nach der Konstitution des Stadtparlaments das Dezernentenkarussel rotiert, schließt CDU-Chef Utter nicht aus. Zur Option weiterer hauptamtlicher Dezernent meint er, „das ist eine Sache der Verhandlung“.