Entscheidung über Kurhaus steht an
Von Detlef Sundermann
Sanierung oder Abriss und Neubau? Über die Zukunft des Bad Homburger Kurhauses wird entschieden. Drei Entwürfe für einen Neubau stehen zur Diskussion. Eine spannender Prozess der Abwägung, welche die beste Variante ist.So turbulent wie 1980 wird es diesmal bei der Entscheidung um die Zukunft des Bad Homburger Kurhauses vermutlich nicht zu gehen. Damals stemmte sich Oberbürgermeister Armin Klein vehement gehen einen Neubau. Daraufhin wechselte die CDU ihn als OB-Kandidaten zur bevorstehenden Wahl gegen Wolfgang Assmann aus. Diesmal steht jedoch ein breiter Entscheidungsprozess bevor, um Wohlgefälligkeit auf allen Seiten zu herzustellen. Die Jury eines Ideenwettbewerbs, die unter anderem mit fünf interessierten Bürgern und Bürgerinnen besitzt war, hat drei Architektenentwürfe ausgewählt, die bereits Ende vergangenen Jahres der Öffentlichkeit vorgestellt wurden: zwei Modelle mit moderner und eines mit historisch anmutender Architektur. Letzteres hat den bundesweiten Verein Stadtbild als weiteren Mitspieler angezogen. Allerdings könnte es sich auch ergeben, dass die Bad Homburger ihr mutmaßlich wenig geliebtes Kurhaus mit seinem Mischmasch aus historischen und zeitgenössischen Stilen für mindestens weitere 40 Jahre erhalten bleibt, denn eine Komplettsanierung ist derzeit nicht ausgeschlossen.
„Offenes und transparentes Verfahren“
„Die Entwürfe bilden eine Entscheidungsgrundlage, um ein offenes und transparentes Verfahren für Bürger, Stadtverordnetenversammlung und Magistrat zu bieten – darauf haben sich Oberbürgermeister Alexander Hetjes und die Kurgesellschaft geeinigt“, sagt Holger Reuter, Kurdirektor und Geschäftsführer der Kur- und Kongress GmbH im Gespräch mit dem Neuen Landboten. Es solle eine „offene und moderne Variante verwirklicht werden, die von Politik und Bürger akzeptiert wird“. Mitentscheiden werden nicht zuletzt auch die städtische Kur und Kongress GmbH und das Hotel Maritim, Miteigner des Kurhauskompexes. Die Taunus Sparkasse hat ihren Gebäudeanteil (16 000 Quadratmeter) vor wenigen Wochen für 17 Millionen Euro an die Kurgesellschaft verkauft, heißt es. Das Geldinstitut will jedoch bis 2025 Mieterin bleiben. Mit dem Erwerb seien die verflochtenen Besitzverhältnisse vereinfacht worden, heißt es. Um es an Fachkompetenz bei der Umsetzung des „Herzstücks der Stadt“, so Oberbürgermeister Hetjes (CDU), nicht mangeln zu lassen, wurde Michael Guntersdorf in das Projektteam geholt. Der Stadtplaner war als Geschäftsführer der Dom-Römer GmbH für der Aufbau der neuen Frankfurter Altstadt zuständig.
Laut Reuter bestehe seitens der Kurgesellschaft keine Präferenz für einen der drei Entwürfe. Entscheidend sei letztlich nicht allein das äußere Erscheinungsbild, sondern die Funktionalität“. Diese könne auch hinter einer klassizistischen Fassade nach dem Alten Kurhaus erreicht werden, das 1843 eröffnet und im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Um Bürgern und politischen Entscheidungsträgern diese Option bei einem möglichen Neubau nicht zu nehmen, hatte jeder Teilnehmer des Ideenwettbewerbs, sieben Architekten sollen es gewesen sein, auch eine historisierte Variante einzureichen.
Für den Verein Stadtbild gibt es hingegen keine Alternative. „Eine Rekonstruktion des Bad Homburger Kurhauses wäre von überregionalem Interesse, es wäre sogar eine kleine Sensation“, notiert der Verein in einem an OB Hetjes und den Stadtrat adressiertes Schreiben. „Ein qualitätsvoller Wiederaufbau eines solchen Gebäudes wird als ein positives Zeichen einer überregionalen Trendwende verstanden werden“, heißt es. Stadtbild kritisiert den Kommentar von Kreisarchivleiter Gregor Maier, der in einer Lokalzeitung bemerkte, dass das Gebäude nun mal zerstört sei und man zu dem Verlust stehe müsse. Überdies hielt er es für fraglich, ob die Auferstehung einer feudalherrschaftlichen, den Stadtbewohner eher ausschließenden Architektur in einer modernen, demokratisch geprägten Gesellschaft überhaupt passend sei. Kurdirektor Reuter bemerkt, dass nach bisherigen Erkenntnis die Bad Homburger:innen der Moderne sich zugewandt zeigen. Unter den Befürwortern der historischen Varianten seien überraschenderweise nicht wenige jüngere Leute zu finden, so Reuter.
Als vierte Option bleibt den Bad Homburgern also die Sanierung des Komplexes. Der Aufwand wäre laut Reuter ob der in die Jahre gekommenen Bausubstanz, künftigen Raumaufteilung und dem gegenwärtigen energetischen Standard erheblich und damit ebenfalls die Kosten. Ein Gutachten soll auf alle Fragen Antwort geben. Ohne Kernsanierung wäre eine Instandsetzung wohl nicht sinnvoll, die würde nicht nur das Hauptgebäude und das angeschlossene Hotel erfassen, Auch die Tiefgarage wäre in dem Paket, die allein schon ob der heutigen Fahrzeugbreite wenig Komfort bietet. Im Zuge der großen Modernisierung wäre immerhin eine neue Fassade denkbar, sagt Reuter.
Zur möglichen Bauzeit werden weder für die eine noch für die andere Option keine Aussagen gemacht. Reuter spricht von einer Herausforderung. Der Einzelhandel in der Louisenstraße müsse in dieser Zeit stabil weiterfunktionieren können, was auch für die Kurgesellschaft gelte. Sich vorübergehend vom Kongress- und Tagungsmarkt zu verabschieden, könnte später einen schwierigen Wiedereinstieg zur Folge haben. Laut Reuter stelle man sich ohnehin die Frage, wie das Messe- und Kongressgeschäft nach Corona weitergehen werde. „Mit einem Neubau sollen daher keine Überkapazitäten geschaffen werden.“ Dass die Menschen wieder Präsenzveranstaltungen wünschen, daran bestehe jedoch kein Zweifel. Auch das nach einer Wiedereröffnung etwa der Ärztekongress wie eh und je in der Kurstadt stattfindet. Bad Homburg biete die Besonderheit im Grünen und in einer überschaubaren Stadt zu tagen, 20 Minuten vom Flughafen entfernt. „Überdies belegen die 3,1 Millionen Tagesgäste im Jahr die Attraktivität der Stadt“, bemerkt Reuter.
Ein Preisschild für ein neues oder modernisiertes Kurhaus, gibt es nicht. „Die Kostenfrage lässt sich derzeit nicht seriös beantworten“, steht für Reuter unabhängig vom Ausgang des Entscheidungsprozesses fest. Er begründet dies mit dem Faktor Bauqualität und der allgemeinen, aktuell kaum vorhersehbaren Baukostensteigerung. Klar sei für Stadt und Kurgesellschaft: „Am Ende muss das Vorhaben für die Kur und Kongress GmbH bezahlbar bleiben“. Reuter schließt nicht aus, dass über ein Finanzierungsmodell nachgedacht werden muss. „Grundsätzlich ist etwa Public Private Partnership nicht unmöglich.“ Ein PPP-Modell wäre nicht neu. Landgraf Philipp ließ 1840 mit Hilfe der Brüder François und Louis Blanc das Kurhaus bauen. Die französischen Financiers gaben das Geld für das schlossähnliche Gebäude und erhielten im Gegenzug die Spielbankkonzession. Ähnlich wurde es 1950 beim ersten Nachkriegskurhaus gehalten.
Chronologie:
Das Alte Kurhaus an der Louisenstraße wurde 1841 begonnen und 1843 eröffnet. Am 8. März 1945 wurde es bei einem Luftangriff völlig zerstört.
1950 wurde an gleicher Stelle ein Kurhaus im typischen Stil seiner Zeit gebaut. Dem Gebäude war das Kurtheater samt einem Hotel angeschlossen.
1978 begannen die Planungen für das derzeitige Kurhaus, dessen Zukunft bereits 2009 in Frage gestellt worden seien soll.
Laut Kur und Kongress GmbH kommen pro Jahr bis zu 50 000 Kongress- und Tagungsgäste in die Stadt.
Infos zu den Entwürfen und zum Ideenwettbewerb: kurhaus-bad-homburg.de/aktuelles.html