Kopfverletzung häufig Todesursache
Es sind besorgniserregende Zahlen, die aus einer repräsentativen Umfrage des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen hervorgehen. Nur 79 Prozent der Befragten stimmten der Aussage zu, dass man Babys niemals schütteln darf. Und 24 Prozent meinen irrtümlicherweise, dass Schütteln einem Baby nicht schade. Dabei sind Kopfverletzungen durch Schütteln des Babys bei Säuglingen und Kleinkindern die häufigste nicht natürliche Todesursache. Jährlich werden schätzungsweise zwischen 100 und 200 Säuglinge und Kleinkinder mit Schütteltraumata in deutsche Kliniken gebracht. Man muss an das Lied von Bettina Wegner denken „Sind so kleine Hände“. (Foto: MasterFinally/Wikipedia)
Beratung zur kindlichen Entwicklung
Das Gesundheitsamt des Landkreises Gießen weist in einer Pressemitteilung auf das Angebot „Runde Sache“ von Stadt und Landkreis Gießen hin. Hier können sich Eltern in Fragen rund um Schwangerschaft und Geburt oder zur kindlichen Entwicklung an die beiden Koordinatorinnen Sandra Deissmann und Kristina Lehfeldt wenden. Sie beraten auch bei Unsicherheiten zum Alltag, Beruf und zur Partnerschaft allgemein. „Die Unterstützung über die Runde Sache ist für Eltern kostenlos“, sagt der zuständige Dezernent Hans-Peter Stock. „Sie kann ab der Schwangerschaft und während des ersten Lebensjahres des Kindes in Anspruch genommen werden“.
Hintergrund: Im zweiten und dritten Lebensmonat können gesunde Säuglinge im Durchschnitt zwei bis drei Stunden täglich weinen. Sie tun das, weil sie müde oder hungrig sind, schwitzen oder frieren, eine neue Windel oder Ruhe brauchen, die Nähe zu Mutter oder Vater suchen, schmusen möchten und, und, und. Manche Babys schreien auch ohne sofort ersichtlichen Grund. „Aber Ihr Baby weint niemals, um Sie zu ärgern“, betont Christine Jung, kommissarische Leiterin des Kreis-Gesundheitsamtes. „Auch wenn es schwer fällt: Je ruhiger Sie bleiben, desto besser kann sich auch Ihr Kind entspannen.“ Sie rät Betroffenen: „Wechseln Sie sich bei der Betreuung ab, damit Sie Ruhephasen für sich haben.“
Weinen für erschöpfte Eltern kaum zu ertragen
Oft sei das Weinen für übermüdete, erschöpfte Eltern kaum zu ertragen. Um kurz einmal Ruhe zu haben, würden verzweifelte und hilflose Väter und Mütter ihren Säugling „am liebsten schütteln“. „Wenn Eltern für wenige Sekunden die Kontrolle über sich verlieren und ihr Baby schütteln, können sie ihm für ein Leben lang Schaden zufügen“, betont Christine Jung. Denn Säuglinge können ihren Kopf noch nicht alleine halten. Beim Schütteln schleudert der Kopf unkontrolliert hin und her. Dabei können Blutgefäße und Nervenbahnen reißen. Die Folge: Krampfanfälle sowie geistige und körperliche Behinderungen; zwischen 10 und 30 Prozent der Kinder sterben.
Wie können Eltern dem vorbeugen? „Indem sie sich um Hilfe bemühen“, betont der hauptamtliche Dezernent Hans-Peter Stock, „wenn sich Schwierigkeiten in der Bewältigung des Alltags mit dem Neugeborenen anbahnen.“ Hilfe erhalten Eltern von Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten, Hausärztinnen und -ärzten, (Familien-) Hebammen, bei Schreiambulanzen und Kinderkliniken, Sozialpädiatrischen Zentren,Familienberatungsstellen, dem Elterntelefon (08001110550), dem Verein Nummer gegen Kummer oder beim Projekt von Stadt und Landkreis Gießen, der „Runden Sache“.
Die „Runde Sache“ ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Landkreis und Stadt Gießen, die am Gesundheitsamt angegliedert ist. Wenn Eltern es wünschen, stehen ihnen Familienhebammen und Kinderkrankenschwestern zur Seite. Eine Familienhebamme nimmt sich Zeit für ratsuchende Eltern, besucht sie zu Hause. Dabei steht eine sichere Eltern-Kind-Bindung im Vordergrund.
Sandra Deissmann und Kristina Lehfeldt sind erreichbar unter Telefon 0641 9390-1404 oder per E-Mail an RundeSache@lkgi.de
Landbote-Autor Jörg-Peter Schmidt muss an das Lied von Bettina Wegner denken „Sind so kleine Hände“.