Ausstellung Hessenpark

Der Apfel – Kultur mit Stil

Von Corinna Willführaeppler2

Das Freilichtmuseum Hessenpark arbeitet die „Sammlung zur Volkskunde Hessens“ auf. Ausgewählte Exponate sind in der aktuellen Sonder-Ausstellung „Der Apfel. Kultur mit Stiel“ zu sehen.

Schatztruhe der Alltagskultur

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Axel Lindloff                                  (Fotos: Willführ)

Axel Lindloff hebt vorsichtig ein „Geripptes“ aus der Vitrine. „Es ist aus Pressglas, zeigt dessen typische Schlieren und Bläschen und dürfte um 1900 bis 1920 hergestellt worden sein“, erklärt der promovierte Volkskundler mit fachkundigem Blick auf das typische Apfelweinglas. „Die Hauptsach‘ is de Dorscht, sonst is‘ mer alles Worscht“, ist darauf zu lesen. „Der Spruch ist noch per Hand aufgetragen.“

Aber was ist das „Gerippte“ ohne den Bembel, aus dem der Äppler in traditionellen Apfelweingaststätten eingeschenkt wird? Ungezählte Schobbe sind aus den Exemplaren geflossen, die Lindloff aus dem Fundus der „Sammlung zur Volkskunde Hessens von Gerd Grein und Hubert Alles“ für die Sonder-Ausstellung „Der Apfel. Kultur mit Stiel“ aus dem südhessischen Dieburg in den Hessenpark gebracht hat.

15.000 Objekte aus vier Jahrzehnten Sammelleidenschaft

2011 hat das Freilichtmuseum treuhänderisch vom Land Hessen die  ebenso verdienstvolle wie arbeitsintensive Aufgabe, die „größte private Sammlung von hessischer Alltagskultur“ zu inventarisieren, zu dokumentieren und für die Anlagenbuchhaltung des Landes zu erfassen. Ein Projekt, das noch Jahre in Anspruch nehmen wird, gilt es doch jedes der rund 15.000 Objekte, die Gerd Grein, ehemaliger Museumsleiter,  und sein Lebenspartner Hubert Alles in mehr als vier Jahrzehnten zusammengetragen haben, zu fotografieren, zu nummerieren, kurz zu beschreiben und, so es möglich ist, zu datieren. Seien es die Stücke aus den Schwerpunkten der Sammlung, den „Hessischen Trachten“ und der „Hessischen Töpferei“ oder den „museumstypischen Inszenierungen“ einer Bauernküche, einer Tischlerei oder eines Gemischtwarenladens.

Zuletzt waren sie im Museum der Veste Otzberg im nördlichen Odenwald zu sehen – bis zu ihrem Umzug in den leerstehenden und denkmalgeschützten Jugendstilbau des Amtsgerichts in Dieburg.

 Mehrtägiger Umzug

Axel Lindloff erinnert sich: „Der Transport dauerte mehrere Tage. Wir fuhren die Kisten und Kartons mit elf 7,5- Tonnern und etlichen Sprintern an ihren neuen Bestimmungsort.“ Wie zuvor auf der Veste Otzberg blieben die Konvolute in Dieburg thematisch sortiert und wurden „raumweise eingelagert“. So auch die „Inszenierung einer Schuhmacherwerkstatt“ mit Leisten, Ahlen, Halbmondmessern, Knieriemen, Raspeln und Sticheisen, um nur einige Werkzeuge zu nennen. Mit historischen Fotos, mit Schnallenschuhen und Reiterstiefeln, mit Reklameschildern und Zunftzeichen.

Die Zahlen „2012-74“ sind auf einer Abbildung zu lesen, die „Beschlagnägel aus der süddeutschen Nagelschmiede Röcker“ zeigt. Einer von insgesamt 22 Abbildungen aus dem Jahr 2012, auf denen neben einem mehr als zehnseitigen Text Brigitte Kull ein Beispiel der aufwändigen Inventarisierungsarbeit im Jahrbuch 2013 des Förderkreises Freilichtmuseum Hessenpark dokumentiert. Die promovierte Archäologin ist Mitarbeiterin des Freilichtmuseums – mit Arbeitsplatz in Dieburg.  „Es sind nicht nur schöne alte Gegenstände wie Werkzeuge, Schuhe, Cremedosen, Werkstatteinrichtungen usw.“, schreibt Kull, „sie erzählen auch von der Geschichte eines der ältesten und verbreitetsten Handwerke überhaupt“, so die Wissenschaftlerin. Wie auch die Postkarte, die Schobbedeckel oder die Apfelweinflasche mit Künstler-Etikett, die in „Der Apfel. Kultur mit Stiel“ zu sehen sind, eine Geschichte haben.

aepplerAus einem so reichhaltigen Fundus für die unterschiedlichsten Themen von Sonder-Ausstellungen schöpfen zu können, ist für Lindloff ein großes Geschenk. Die Gemälde aus der Sammlung Grein und Alles waren bereits zu sehen. Gut vorstellbar, dass das Freilichtmuseum auch einmal den Fundus der  von Grein und Alles gesammelten Kinderspielsachen zeigt – zumal sich dieser seit 2007 im Besitz des Hessenparks befinden.

„Ein Museum im Museum“ einzurichten, ist für Lindloff aber keine Option. Schließlich beherbergt das eigene Haus heute schon 150.000 Objekte. Darunter für die aktuelle Sonder-Ausstellung in der Stallscheune aus Asterode (Baugruppe Nordhessen) extra aufgebaut: die Original-Stammtischecke der Apfelweinwirtschaft „Nassauer Hof“ aus Oberhöchstadt. Das Traditionslokal ist seit Weihnachten vergangenen Jahres geschlossen. Das Gebäude wird abgerissen. Ein Teil seiner Geschichte wird im Hessenpark bewahrt – auch wenn dessen „Gerippte“ und die Bembel nicht zur „Sammlung der Volkskunde Hessens Gerd Grein und Hubert Alles“ gehören.

Die Sonder-Ausstellung „Der Apfel. Kultur mit Stiel“ ist bis Ende November zu sehen.

www.hessenpark.de  

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