Reh verursacht neuen Roman
von Jörg-Peter Schmidt
Wenn nicht vor zwei Jahren auf der A31 in der Region Burgund in der Nähe des französischen Dijon ein Reh über die Fahrbahn gelaufen wäre, hätte es zwar ein neues Buch vom Krimi-Bestsellerautor Arno Strobel gegeben, aber mit ganz anderem Inhalt. Warum dies so ist, erläuterte der gebürtige Saarlouiser im ausverkauften Hermann-Levi-Saal des Gießener Rathauses.Autor erobert Herzen des Publikums
Der frühere IT-Unternehmensberater, der erst ab dem 40. Lebensjahr seine ersten Geschichten veröffentlichte, las zwei Kapitel aus seinem im August 2023 veröffentlichen Thriller „Der Trip“ vor, in dem das (arme) besagte Reh in der Tat eine wichtige Rolle spielt. Aber die meiste Zeit plauderte er in der Veranstaltung im Rahmen des Krimifestivals – unterstützt unter anderem vom Literarischen Zentrum Gießen (LZG) – auf informative, spannende, originelle und witzige Weise mit den Zuhörerinnen und Zuhörern.
So schilderte er, dass seine Mutter sich stets von seinen jeweils taufrischen Storys zunächst angetan zeigt, dann aber anschließend immer wieder dieselbe Frage stellt: „Aber könntest du doch bitte mal einen Liebesroman schreiben?“ Diesen Gefallen wird er trotz allem Respekt vor seiner Mutter nicht erfüllen können, unterstrich Strobel schmunzelnd.
Kapitel 1 basiert auf Eigenerlebnis
Denn von Romantik kann in seinem aktuellen Buch keine Rede sein. Besonders interessant ist dabei auch die Vorgeschichte zum im Fischer-Verlag erschienenen Roman. Wie der Autor berichtete, basiert das erste Kapitel exakt auf einem Eigenerlebnis, das seine Frau Nina und er niemals vergessen werden. Im Wohnmobil waren sie unterwegs in den wohlverdienten Urlaub in Spanien, als bei Dijon auf der Autobahn ein Reh in das Fahrzeug lief. Das Tier, das den Unfall nicht überlebte, hinterließ einen beträchtlichen Schaden am Fahrzeug, so dass an eine Weiterfahrt nicht zu denken war, so Strobel.
Gestrandet in trostloser Gegend
Ab sofort erlebten die verhinderten Urlauber einen wahren Horrortrip: Autos fuhren einfach vorbei, kein Handyempfang. Und als dann doch ein Franzose sie abschleppt, führt die Fahrt durch einen gespenstischen menschenleeren Wald zu einem völlig maroden Industriegebiet auf den Parkplatz einer allzu belebten Auto-Werkstatt.
Das Ehepaar kommt in einem Hotel mit – gelinde gesagt – bescheidenem Komfort unter – offenbar vorerst ohne Aussicht, von dieser trostlosen Gegend wegzukommen. Verzweiflung? Die Eheleute begreifen: Jetzt kann nur noch Humor helfen – und so drehen sie vom unfreiwilligen Frankreich-Urlaub ein Video, über das das Publikum in Gießen Tränen lachte. Irgendwann breiteten die Gestrandeten ihre eigentlich für Spanien vorgesehenen Matten auf dem öden Gelände zum Sonnenbad aus. Schließlich hilft ihnen ein Freund aus Deutschland aus der Misere – und der ADAC liefert das Wohnmobil zuhause ab.
Im Roman verschwindet das Ehepaar spurlos
Das Ehepaar, das im Roman „Der Trip“ in Burgund unterwegs ist, hat weniger Glück. Es verschwindet offensichtlich spurlos – die Ermittlungen wurden eingestellt. Für die forensische Psychologin Evelyn Jancke ist die Vorstellung, dass ihr Bruder Fabian und seine Frau ihre Fahrt mit dem Wohnmobil möglicherweise nicht überlebt haben, unerträglich schmerzlich. Und es kommt noch schlimmer: Die Oldenburger Polizei bittet sie um Mithilfe bei der Aufklärung einer Mordserie in Norddeutschland. Ein Unbekannter tötet seine Opfer auf Campingplätzen. Ein Phantombild von dem vermuteten Verbrecher wird geliefert: Er sieht ihrem Bruder verblüffend ähnlich…
Psychologie spielt bedeutende Rolle
Wie es weitergeht, verriet Arno Strobel nicht, in dessen Büchern (mit Distanz) Gewalt dargestellt, aber selbstverständlich nicht „verherrlicht“ wird. Vielmehr spielt Psychologie eine Rolle in den spannenden Storys. Wie der Schriftsteller in Gießen erläuterte, holt er sich den Rat von Fachleuten unter anderem der Polizei, des Rechtswesens und der Psychiatrie, um seine Bestseller zu liefern.
Publikum war außerodentlich begeistert
Das Publikum im Gießener Rathaus war vom sympathischen und humorvollen Auftreten des Krimiexperten begeistert und applaudierte außerordentlich lang. Dr. Anika Binsch vom Literarischen Zentrum dankte Arno Strobel für seinen Beitrag zum Krimifestival, das einen hervorragende Ruf weit über Gießen hinaus hat, was sich auch zu dem Erfolgsautor herumgesprochen hat. Zu erwähnen ist noch, dass die Veranstaltung auch in Kooperation mit der Stadtbibliothek Gießen, im Rahmen des Literaturfestivals Leseland Hessen, des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, der Sparkassenkulturstiftung Hessen-Thüringen sowie HR2-Kultur ausgerichtet wurde.
Der Roman „Der Trip“ ist im Fischer-Verlag erschienen, hat 352 Seiten und kostet 16,99 Euro (ISBN: 978-3-596-70802-4). Es ist auch als E-Book und Hörbuch erhältlich.
Titelbild: Arno Strobel unterhielt das Publikum in Gießen auf spannende und auch humorvolle Weise. (Fotos: Jörg-Peter Schmidt)