Bad Nauheim verdrahtet Bäume
Von Klaus Nissen
Bäume und Sträucher im Kurpark und an der Usa werden immer häufiger durch die Nager beschädigt – Die Stadtverwaltung schützt sie nun durch Maschendraht und „Wildverbiss-Schutzfarben“
Biber bereiten Sorgen
2007 fand sie ihren Weg nach Bad Nauheim und merkte schnell, dass der große Teich im Kurpark ideale Lebensbedingungen bietet. Zunächst machte Biberdame Molly kaum auf sich aufmerksam, wenige Fraßspuren und ein seltener Anblick ließen den einen oder anderen an der Existenz des Tieres zweifeln. Bewegung kam in die Sache, als das etwa zehn Jahre alte Weibchen im Herbst 2014 Gesellschaft von einem Bibermännchen bekam. Der Einzug des neuen Bewohners machte sich durch deutlich vermehrte, unübersehbare Fraßspuren an Bäumen und Sträuchern bemerkbar, so die Erste Stadträtin Brigitta Nell-Düvel (Grüne).
Molly bekommt wohl bald Nachwuchs
„Es ist natürlich spannend zu beobachten und erfreulich, dass sich die Tiere in unserer naturnahen Gesundheitsstadt wohlfühlen. Allerdings bereiten uns die neuen Bewohner auch zunehmend Sorgen. Es ist anzunehmen, dass „Molly“, die ihr Durchschnittsalter bereits erreicht hat, bald Nachwuchs haben wird. Für die typischen Burgenbauten der Biber, die ständig erweitert werden, benötigt das Pärchen noch mehr Gehölzmaterial. Die Folgen können Spaziergängerinnen und Spaziergänger mit eigenen Augen sehen: abgenagte Sträucher und kleinere Bäume, die sogar umzustürzen drohen und im Hinblick auf die Verkehrssicherheit teilweise gefällt werden müssen“, erklärt die Erste Stadträtin.
Im Februar knabberte das Biberpärchen sogar mehrere kräftige Eichen auf der Teichinsel dermaßen an, dass die instabilen Bäume kürzlich gerodet werden mussten. Die Stämme bleiben auf der Insel liegen, die Biber dürfen sie nun komplett zu Kleinholz verarbeiten.
Seit sich „Molly“ im Kurpark eingenistet hat, haben Stadt und Erna-Ente-Team in Zusammenarbeit immer wieder Kontrollen durchgeführt und Schutzmaßnahmen für die Natur getroffen. So wurden Bäume in Ufernähe, dem bevorzugten Umfeld, mit Drahtmanschetten versehen.
„Da die Nagetiere immer weiter in den Kurpark vordringen und die Usa für sich entdeckt haben, fand nun ein Abstimmungsgespräch mit Vertretern von Unterer Naturschutzbehörde, Regierungspräsidium Darmstadt, NABU Wetterau, der Stadt und dem Verein „Erna-Ente“ statt. Neben Präventionsmaßnahmen und verstärkten Kontrollen, um umgehend festzustellen, in welche Gebiete das Pärchen vorgedrungen ist, liegt das Hauptaugenmerk auf der Standsicherheit der Bäume“, resümiert Nell-Düvel.
Bibergänge können den Damm gefährden
Auch der Damm zwischen Usa und Teich, der als Hochwasserschutz fungiert, wird regelmäßig auf Schäden überprüft. Die Tiere könnten diesen mit ihren meterlangen Gängen unterwandern und damit gefährden. Auch werden zahlreiche Bäume am Rundweg um den Teich sowie in Richtung Nieder-Mörlen mit einem Wildverbiss- Schutzanstrich versehen, der auch bei Bibern wirkungsvoll ist. Der Anstrich ist transparent und gibt so ein schöneres Erscheinungsbild als die Drahtmanschetten ab.
Keine Umsiedlung geplant
Von einer Umsiedlung der Nagetiere wurde abgeraten. Bei den idealen Bedingungen am großen Teich würde sich innerhalb kurzer Zeit eine neue Biberfamilie ansiedeln. Nell-Düvel: „Die Herausforderung besteht darin, den Tieren nicht den natürlichen Lebensraum zu nehmen, aber gleichzeitig den teilweise sehr alten und wertvollen Baumbestand zu schützen und zu erhalten. An diesem Kompromiss arbeiten wir beständig“.
Seit 200 Jahren galten die Biber in der Wetterau als ausgestorben. Ende der 1980er Jahre wurden einige Exemplare im Spessart ausgesetzt. Ihre vermeintlichen Nachfahren wurden 2007 zuerst im Südosten der Wetterau gesichtet. Inzwischen leben die Tiere an allen größeren Flüssen im Kreis. Die Zahl der hiesigen Biber schätzt Frank-Uwe Pfuhl auf mindestens 40 bis 50 Tiere. Sie können zwölf bis 19 Jahre alt und 35 Kilo schwer werden. Biber ernähren sich von Baumrinden, Gräsern und anderen Pflanzen.
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