Aus der Spur

Alles auf eine Karte

Von Michael Schlag

Von denen ganz da oben und denen ganz da unten erzählt die französische Serie „Aus der Spur“, die in der Arte-Mediathek zu sehen ist.

Unverhofft kommt die Chance

„Delambre hat uns verarscht“ – das ist die beste Szene in der ganzen Serie. Man hat es die ganze Zeit geahnt und gehofft, dass Alain Delambre eben nicht völlig am Ende ist, dass er doch noch ein großes Ding in der Hinterhand hat. Obwohl er mittlerweile im Knast eine fürchterliche Zeit erlebt, seine Frau ihn verlassen hat, seine Wohnung weg ist, er seine ältere Tochter und den Schwiegersohn finanziell ruiniert hat und er seine jüngere Tochter, eine Juristin, mit seiner Verteidigung vollkommen überfordert.

Immer Abwärts, aber nie am Ende. (Fotos: Arte France © Stephanie Branchu)

Alain Delambre, Mitte 50, einst in angesehener Stellung als Personalchef, dann den Job verloren und jahrelang als Hilfsarbeiter ganz, ganz unten. Und dann kommt unverhofft die Chance von ganz, ganz oben, die letzte, die er noch haben wird. Doch dafür muss er mitspielen, nach den Regeln von denen ganz oben – und das weiß er noch aus seinem früheren Arbeitsleben: Hier wird eigentlich immer falsch gespielt. Also spielt er mit, und seine Karten sind noch besser gezinkt als die der anderen. Noch besser sogar, so scheint es hin und wieder, als von seinem Gegenspieler, dem Konzernchef Dorfmann. Eine verschlagene Drecksau erster Güte, dem es nicht das Geringste ausmacht, über Leichen zu gehen, oder über ein paar gebrochene Finger und blau geschlagene Gesichter.

Der Konzernchef, eine verschlagene Drecksau, kriegt am Ende was er verdient.

Wer legt am Ende alle Skrupel ab

Aber Alain Delambre ist nicht ganz allein, wenn er sich endlich doch noch sein verdientes Stück vom Kuchen holen will. Es hilft ihm: Sein alter Kumpel, der lebt mittlerweile im Wohnwagen vor der Stadt, draußen mit Holzfeuer im Ölfass, aber er kennt sich formidabel mit Computern aus. Nur so viel: Internationale Konzerne können schlecht zur Polizei gehen, wenn man ihnen das Schwarzgeld aus der Korruptionskasse klaut.

Zwei ganz unten gegen die ganz oben.

Delambre setzt alles auf die eine Karte, die er hat. Findet die Schwachstellen heraus von denen da oben, lässt sich gar zum Kriminellen trainieren, was er doch nie war – und ganz ehrlich, was er im Innern auch nie wird, ein paar gebrochene Nasen hin oder her. In der Arte-Produktion „Aus der Spur“ (Dérapages) ist alles abgekartet, wer setzt wen mehr unter Druck, wer entblößt den anderen noch rücksichtsloser, wer legt am Ende jeden Skrupel ab. Eins ist immer klar, auch wenn Delambre lügt und betrügt, gelegentlich auch mal hinlangt, was bleibt ihm denn anderes übrig – einer wie er sucht nur einen Funken Gerechtigkeit und sein Herz schlägt stets auf der richtigen Seite, und die ist nun mal links.

“Aus der Spur” (Originaltitel: Dérapages), Frankreich, 2019, Produktion: ARTE France, Serie in sechs Teilen, https://www.arte.tv/de/videos/083866-001-A/aus-der-spur-1-6/

Ab jetzt zu sehen auf Netflix unter dem treffenden Titel „Inhuman Resources“ https://www.netflix.com/de-en/title/81019037

Titelbild: Alain Delambre setzt alles auf eine Karte.

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