Die unzählige Herzen eroberte
Die wunderschöne Simonetta Cattaneo Vespuccieroberte in ihrer Heimatstadt Florenz im 15. Jahrhundert unzählige Herzen. Der Maler Sandro Botticelli malte die Schöne. Italien-Kenner François Kassis referierte in der Phantastischen Bibliothek in Wetzlar über die beiden.
Geheimnisvolle Schöne
Als sie am 26. April 1476 im Alter von 23 Jahren an Tuberkulose starb, war die Trauer unendlich groß. Simonetta Cattaneo Vespucci hatte in ihrem kurzen Leben in ihrer Heimatstadt Florenz aufgrund ihrer Schönheit und Anmut unzählige Herzen erobert. Sandro Botticelli (1445 – 1510) gehörte zu den Malern, die sie in seinen Werken (darunter „Die Geburt der Venus“) verewigte. Am Beispiel dieser künstlerischen Beziehung entführte jetzt der Italien-Kenner François Kassis (Waldbrunn) in der Wetzlarer Phantastischen Bibliothek per Vortrag in die Epoche der Renaissance.
Die etwa 50 Zuhörer erlebten in der gemeinsamen Veranstaltung der Bibliothek und Volkshochschule Wetzlar ein Fest der Sinne: Der Diplom-Theologe und Philosoph stellte in seinem farbenprächtigen, hochinteressanten PowerPoint-Referat die Stadt Florenz, ihre wichtigsten Persönlichkeiten und ihre Kunst zu Lebzeiten Botticellis sowie der geheimnisvollen Simonetta vor, deren beider Schicksal mit der mächtigen Familie Medici verbunden war.
Regent Giuliano de‘ Medici gehörte zu den Bewunderern Simonettas und hatte möglicherweise ein Verhältnis mit der jungen Frau, die mit Marco Vespucci verheiratet war, der ein Cousin des Entdeckers Amerigo Vespucci war. Botticelli, der von den Medici gefördert wurde, porträtierte Giuliano, den ein grausames Schicksal ereilte. Am 26. April 1478 wurde er Opfer der Mörder Francesco de Pazzi und Bernardo Baroncelli, die ihn während einer Ostermesse im Dom Santa Maria del Fiore in Florenz töteten. Sein Bruder, der berühmte Lorenzo Il Magnifico, überlebte den Anschlag und rächte sich in einem Blutbad an den Attentätern und Mitverschwörern. Wie andere Künstler hat Botticelli Lorenzo und weitere Mitglieder der Regenten-Familie Medici gemalt, aber sein Hauptaugenmerk galt immer wieder „seiner“ Simonetta. Ihre Gesichtszüge tragen in dem Bild „La Primavera“ („Der Frühling“), einem der bekanntesten Gemälde der Kunstgeschichte, alle dargestellten Personen, ob es Amor oder die Venus ist, so François Kassis. Er widerspricht damit anderen Kunstfachleuten, die meinen, nur in der Figur des Blumen streuenden Frühlings erkenne man die angebliche Geliebte Giuliano de‘ Medicis.
Der Referent schilderte nun eine Schaffensperiode Sandro Botticellis, in der er vornehmlich biblisch-religiöse Motive malte. Dies geschah in den Jahren, in denen der Mönch Hieronymus Savonarola (1452 – 1498) in Florenz das Leben beherrschte: Er führte einen geistlichen Feldzug gegen jeglichen Reichtum, ließ auf der Piazza della Signoria in Florenz auf einem Scheiterhaufen Luxusgegenstände wie Gemälde, Musikinstrumente, Schmuck und Möbel öffentlich verbrennen und wurde schließlich hingerichtet. Botticelli soll den „düsteren Mönch“ nicht gemocht haben, berichtete Kassis am Ende seines Vortrags, der die Renaissance-Zeit in Italien wunderbar lebendig werden ließ, so dass die Zuhörer langen Applaus spendeten.
„Für mich ist diesmal weiter nichts zu tun,
Als Ehrenmann gesteh‘, bekenn‘ ich’s nun.
Die Schöne kommt, und hätt‘ ich Feuerzungen!
Von Schönheit ward von jeher viel gesungen
Wem sie erscheint, wird aus sich selbst entrückt
Wem sie gehörte, ward zu hoch beglückt…“