Festival gegen Neonazis
Zum Bundesparteitag der Rechtsradikalen am 17. November 2018 erproben das Büdinger Bündnis und viele andere gesellschaftliche Gruppen eine neue Begleitmusik. Mit einer Kundgebung und einem Musikfestival bieten sie dem nebenan stattfindenden NPD-Bundesparteitag die Stirn. Erwartet werden rechte „Promis“ wie der französische Front National-Gründer Jean-Marie Le Pen.
NPD-Parteitag in Büdingen
Mit einem Großaufgebot rechtsradikaler „Promis“ stemmt sich die hessische NPD am 17. November in Büdingen gegen den Fall in die politische Bedeutungslosigkeit. Das Büdinger Bündnis und viele andere Gruppen halten übernächsten Samstag mit einer Kundgebung und einem Festival dagegen. Beide Seiten verzichten auf Umzüge durch die Stadt.
Die Veranstaltungen konzentrieren sich auf den Bereich um die Willi-Zinnkann-Halle. Eine zweistündige Kundgebung gegen das NPD-Treffen hat die Antifaschistische Bildungsinitiative für 12 Uhr angemeldet. Sie findet In der Fahrbach statt. Bürgermeister Erich Spamer sagt: „Ich habe darum gebeten, dass da nicht geschrien wird und Reden in angemessenem Ton gehalten werden.“ Grund dafür sei die Beobachtung, dass Passanten bei ähnlichen Anlässen den Kopf geschüttelt hätten.
Lautstarke Umzüge der NPD-Gegner durch die Stadt machten keinen Sinn, meint auch Andreas Balser von der Antifa-BI. „Uns ist wichtig: Wir wollen die Menschen in Büdingen erreichen und einbinden. Wir wollen einen friedlichen Protest in Hör- und Sichtweite der NPD.“ Man habe kein Interesse daran, Büdingen zur Festung zu machen oder die Innenstadt lahmzulegen. Viele Menschen in Büdingen hätten Angst vor großen Demonstrationen. Im Januar 2016 hatte die rechtsradikale Aktivistin Melanie Dittmer in Büdingen noch eine Freiluft-Kundgebung mit einem Umzug durch die Stadt angeführt. Den gut 150 Neonazis stellten sich damals etwa tausend Gegendemonstranten gegenüber. Einzelne Geschäftsleute vernagelten aus Angst vor Zerstörungen ihre Schaufenster. So ein Szenario wird diesmal vermieden.
Ab 13 Uhr können Besucher in ein 800 Plätze fassendes beheiztes Zelt wechseln, das auf dem Sportplatz neben der Zinnkann-Halle errichtet wird. Ab 14 Uhr musizieren darin Tine Lott und Georg Crostewitz, die Ian Browne Band und „Soul Büches“. Lilli Schwethelm vom Theater Mimikri wird aus „verbrannten Büchern“ lesen und vor den Folgen des Rechtsradikalismus warnen. Das Festival heißt „Büdingen rockt für Demokratie und Vielfalt“. Mehrere Vereine präsentieren sich im Zelt und beköstigen die Besucher. Der Eintritt ist frei, so Boris Winter vom Büdinger Bündnis. Veranstalterin des Konzertes ist die Stadt Büdingen. Gefördert wird es von den Initiativen „Demokratie leben“, „Mitmischen-gemeinsam Demokratie leben in Büdingen und Altenstadt und dem Landesprogramm „Hessen-aktiv für Demokratie und gegen Rechtsextremismus“. Zu den Unterstützern gehören laut Winter diverseVereine. Außerdem die FWG, CDU, SPD, Die Grünen und die FDP, ebenso die evangelische und die katholische Kirchengemeinde.
Abends singen rechte Liedermacher
Die NPD tagt in der Halle selbst. Sie hat den Saal von 10 bis 22 Uhr gemietet. Mit einer Option, sie bei guter Stimmung im Saale auch erst am folgenden Sonntag freigeben zu können. Die NPD-Leute sollen „ganz abgeschirmt tagen und nicht vor die Halle treten“, sagt Bürgermeister Erich Spamer. Nach den Reden sollen laut Daniel Lachmann rechte Liedermacher auftreten, um die „Kameradschaft“ der Mitglieder zu stärken. Der Wahlkampfauftakt der NPD zur Europawahl am 26. Mai trägt das Motto „Festung Europa – Schutzzone Deutschland“. Eingeladen hat die Partei acht rechtsextreme Politikern aus Nachbarländern. Am bekanntesten ist der 90-jährige Jean-Marie Le Pen, Begründer des Front National in Frankreich. Sprechen soll auch der EU-Abgeordnete Bruno Gollnisch. Aus Belgien kommt Hervé van Laethem, aus Kroatien Zeljko Glasnovic und Tomislav Sunic. Aus der Slowakei ist der Parlamentsabgeordnete Marian Kotleba angesagt, aus Italien Roberto Fiore von der Forza Nuova. Aus Spanien erwartet die NPD in Büdingen Alberto Torresano, einen angeblichen Vertrauten des 1976 gestorbenen Diktators Francisco Franco.
Die NPD stürzte in Hessen auf 0,2 Prozent ab
Man wolle Teil des aktuellen Rechtsrucks in Europa sein, schreibt Daniel Lachmann im Aufruf zum Treffen am 17. November. Das scheint neuerdings zu misslingen: Bei der Landtagswahl am 28. Oktober hatte die Partei in Büdingen nur 318 Stimmen oder 3,1 Prozent bekommen. Vor fünf Jahren waren es noch 3,5 Prozent. Im Wahlkreis 26 (östliche Wetterau) halbierte sich die NPD-Wählerschaft auf 681 Stimmen oder 1,5 Prozent. Und in ganz Hessen kommt die rechtsradikale Partei nur noch auf 0,2 Prozent oder 6190 Wähler. Im Jahr 2013 hatten noch mehr als 33 000 Hessen ihr Kreuz bei der Partei des in Büdingen lebenden Landesvorsitzenden Daniel Lachmann gemacht. Weil sie nun weniger als ein Prozent Stimmenanteil hat, gibt es keine Wahlkampfkosten-Erstattung.