TANJA KINKEL

Plädoyer für couragierte Frauen

von Jörg-Peter Schmidt

Couragierten Frauen hat Tanja Kinkel ihr neues Buch „Im Wind der Freiheit“ gewidmet, das vorwiegend in der Zeit der 1848er-Revolution spielt. Die erfolgreiche Autorin stellte den Roman im Gießener THM-Hörsaal (ehemaliges Roxy-Kino) vor und ließ die rund 130 Zuhörerinnen und Zuhörer die Zeit der Demokratiebewegung im 19. Jahrhundert miterleben.

48er-Revolution wird beschrieben

Tanja Kinkel und Tanja Rösner (rechts) im Gespräch. Foto: Jörg-Peter Schmidt)

„Ich konnte mich während der Lesung sehr gut in diese bewegten Jahre zurückversetzen“, war das Fazit einer Zuhörerin am Ende der Veranstaltung, die in Kooperation vom Literarischen Zentrum Gießen (LZG), dem Kultursommer Mittelhessen und der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) veranstaltet wurde. Moderatorin Tanja Rösner (HR3) hatte Kinkels Erzählung intensiv gelesen und zeigte sich von der Lektüre angetan. Rösner leitete locker und dennoch ernsthaft durch den Abend.

Ungebeugte Frauenrechtlerinnen

Louise Otto-Peters (Quelle: German Parliament (Bundestag) website http://www.bundestag.de/blickpunkt/bilderInhalte/0402/500px/0402030a1.jpg
 

Tanja Kinkel, die Präsidentin der Internationalen Feuchtwanger-Gesellschaft ist, will die Frauen der 48er-Bewegung aus dem Schatten berühmter Männer hervorholen. Dies verdeutlichte sie auch in Gießen. In ihrem Buch spielt nicht nur die Schriftstellerin Louise Otto eine Rolle, sondern beispielsweise auch Amalie Struve und Emma Herwegh, die ebenfalls Frauenrechtlerinnen waren. In dem Roman erwähnt werden unter anderem noch die Feministinnen Olympe de Gouges und George Sand.

Willkür im Deutschen Bund
Emma Herwegh (Quelle: Wikipedia, Infoboard in de:Liestal)
 

Selbstverständlich „unterschlägt“ Kinkel nicht Revolutionäre wie Robert Blum und Gustav Struve, aber den Schwerpunkt der Handlung machen, wie erwähnt,  beherzte Frauen aus, die gegen Willkür während der unseligen Zeit des Deutschen Bundes  (1815 bis 1866) mit seinen 34 Einzelstaaten kämpften und ungebeugt blieben.

Währen der drei Kapitel, aus denen Tanja Kinkel lebhaft und spannend vorlas, lernte man die Hauptfiguren von „Im Wind der Freiheit“ kennen. Die historisch verbürgte Louise Otto (nach ihrer Heirat Louise Otto-Peters) kommt aus einer finanziell abgesicherten Familie und ist als Demokratin Schriftstellerin geworden. Susanne Grabasch (für den Roman erfunden)  ist Arbeiterin in einer Fabrik und lebt in Armut. Die beiden Frauen schließen Freundschaft.

Wie in einem packenden Spielfilm
Sitzung der Nationalversammlung  in der  Paulskirche; Robert Blum hält eine Rede. (Quelle: wikipedia, Ludwig von Elliott, 1848)
 

Wer das Buch liest, hat das Gefühl, die Jahre und Monate bis zur 48er-Revolution mitzuerleben wie in einem der packenden historischen Spielfilme, die früher im Kino  „Roxy“ in Gießen liefen. Diese Spannung vermittelte auch Tanja Kinkel, als sie aus drei Kapiteln vorlas und dabei die Stimmen der handelnden Personen nachahmte. Diese Kapitel handeln von der Zeit, als ein junges Mädchen wie Louise, deren Eltern gestorben sind, einen Vormund erhalten sollte, als in Fabriken die Arbeiterinnen und Arbeiter ausgebeutet wurden und so gut keine Rechte hatten und die Zeit der 48er-Revolution, als sich Demonstranten für Menschenrechte in Straßenkämpften einsetzten und blutig zurückgeschlagen wurden.

Fortschritte und dann Enttäuschung

Hochinteressant wird geschildert, wie es Louise Otto trotz der Zensur gelingt, kritische Beiträge zu veröffentlichen wie den Roman „Schloss und Fabrik“, der das Elend von Arbeiterinnen und Arbeitern schildert. Die Leserinnen und Leser verfolgen mit, wie Louise Robert Blum kennenlernt, der sie zu Veröffentlichungen in seinen Publikationen ermutigt. Susanne Grabasch dagegen bleibt zunächst so arm, dass sie sich prostituiert, um existieren zu  können. Schließlich begegnen sich die Frauen wieder und befinden sich mitten in der Revolution, die zunächst Hoffnung bringt. In de Frankfurter Pauskirche tagt die Nationalversammlung. Aber die demokratischen Kräfte zerstreiten sich und die Revolution wird mit vielen Opfern niedergeschlagen.

Parallelen zur heutigen Zeit
Tanja Kinkel las Auszüge aus ihrem Roman. (Foto: Jörg-Peter Schmidt)
 
 
 

Tanja Kinkel und  Tanja Rösner kamen auf Parallelen zur heutigen Zeit zu sprechen. Beispielweise im Deutschen Bundestag hatten es Frauen über Jahrzehnte schwer anerkannt  zu werden. Und: Es war erst 1977, als in Westdeutschland Frauen nicht mehr die Erlaubnis  ihres Mannes brauchten, um arbeiten zu gehen.  Und auch heute sind weltweit noch viele Frauen benachteiligt. Jemand, der sich zeitlebens gegen soziale Benachteiligungen einsetzt, ist die frühere Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit, Rita Süssmuth (CDU). Über sie würde Tanja Kinkel gern ein Buch schreiben,  sagte sie auf Nachfrage von Tanja Rösner. Es gab am Ende der Lesung langen Applaus.

„Im Wind der Freiheit“ von Tanja Kinkel ist im Verlag Hoffmann und Campe erschienen undkostet 26 Euro

Titelbild: Barrikadenszene der revolutionären Märztage 18.-19. März 1848 aus der Breiten Strasse, Berlin. (Quelle: Kreidelithographie, koloriert, gedruckt im Verlag Winckelmann, Eigenth. v. C. Glück, Berlin)

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