Säbelzahnkatzen in Oldenburg
von Michael Schlag
Fünf Millionen Jahre lang waren Säbelzahnkatzen über weite Teile der Erde verbreitet. Sie waren sehr anpassungsfähig, von den kalten Mammutsteppen Eurasiens bis zu den heißen Savannen Afrikas. Während der Eiszeit gelangten sie über die zugefrorene Bering-Brücke auch nach Amerika. Das Landesmuseum Natur und Mensch in Oldenburg widmet den Säbelzahnkatzen jetzt eine Sonderausstellung – ihre Lebensweise, ihr Jagdverhalten, ihre Verbreitung – und wie erfuhr man überhaupt von ihrer Existenz?Überraschungsjäger
Wie die heutigen Katzen waren die Säbelzahnkatzen wohl ebenfalls Überraschungsjäger. Sie lauern auf, verharren bewegungslos und gut getarnt, setzen dann zum Sprung an. Denn beim Lauftempo sind sie, damals wie heute, ihrer Beute meist unterlegen. Ganz unterschiedlich sind aber die Methoden, eine erjagte Beute zu töten. Die übergroßen Eckzähne stehen für ein anderes Jagdverhalten der Säbelzahnkatzen. Haben heutige Großkatzen ein Beutetier niedergerungen, drücken sie die Kehle oder Schnauze des Opfers mit ihren kräftigen Kiefern zu, bis das Tier erstickt.
Geringe Beißkraft, scharfe Zähne
Dafür war der Kiefer der Säbelzahnkatzen zu schwach. Ein heutiger Löwe bringt es auf eine Beißkraft von 270 Kilogramm pro Quadratzentimeter, ein Säbelzahntiger der Gattung Homotherium dagegen kam nur auf 73 kg/cm2 – so viel Kraft hat auch das Gebiss eines Menschen. Ihre stark vergrößerten Eckzähne waren die Jagdwaffen der Säbelzahnkatzen, mit denen sie die Halsschlagadern der Beutetiere durchtrennten. Säbelzahnkatzen töteten ihre Beute schneller als heutige Großkatzen.
Skelette in Texas
Katzen sind damals wie heute überwiegend Einzelgänger. Mit einer Ausnahme: Löwen leben in Rudeln und können als Gruppe auch große Beutetiere erlegen, etwa junge Elefanten und Giraffen. Auch unter den Säbelzahnkatzen gab es wahrscheinlich eine Ausnahme. In der Friesenhahn-Höhle in Texas fanden sich neben Skelettresten von Homotherium auch die Knochen von fast 400 jungen Mammuts. Das gilt als Hinweis, dass auch Homotherium regelmäßig große Beutetiere erlegte und womöglich ebenfalls ein Rudeljäger war.
Eigener Zweig im Katzen-Stammbaum
Übrigens ist der oft verwendete Begriff „Säbelzahntiger“ zoologisch unrichtig. Tiger gehören zu einem ganz anderen Zweig innerhalb der Familie der Katzen. Die Säbelzahnkatzen bilden einen eigenen Zweig im Stammbaum mit fünf Gattungen: Dinofelis, Megantereon, Smilodon, Xenosmilus und schließlich die am weitesten und am längsten verbreitete Gattung Homotherium.
Extremer Unterkiefer
Dies war auch die dominierende Gattung in Europa. Allen Gattungen gemein sind die verlängerten Eckzähne. Säbelzahnkatzen unterscheiden sich aber auch im Körperbau von den heutigen Großkatzen. Sie sind kleiner, ihr Rumpf ist kürzer, der Hals ist länger, auch ihr Schwanz ist deutlich kürzer. Und es gibt einen weiteren charakteristischen Unterschied: Weil die überdimensionierten Säbelzähne beim Fressen das Maul versperren würden, konnten sie ihre Unterkiefer extrem weit aufsperren.
Konkurrenz der Löwen
Fünf Millionen Jahre waren die Säbelzahnkatzen die größten Raubkatzen Eurasiens und damit eine sehr erfolgreiche Tiergruppe. Aber warum sind sie dann ausgestorben? Waren es Veränderungen bei Klima und Umwelt, spielte der Mensch eine Rolle, oder war es die Konkurrenz mit anderen Raubtieren? Einen Hinweis geben Fossilfunde im spanischen Atapuerca. Parallel zum Rückgang der Fossilfunde von Homotherium bis vor 300.000 Jahren, nimmt die Zahl der Überreste von Löwen zu. Löwen erschienen zuerst vor 700.000 Jahren und zumindest in dieser Region standen sie in Konkurrenz zu den Säbelzahnkatzen. Zudem waren die eiszeitlichen Löwen größer und kräftiger als heute und dem Homotherium körperlich überlegen. Ab der letzten Warmzeit vor 120.000 Jahren war der Löwe die einzige große Raubkatze in Europa.
Erster Fund in Kents Cavern
Wie kann man so sicher Aussagen treffen über Millionen Jahre zurückliegende Zeiten? Die Ausstellung im Oldenburger Landesmuseum Natur und Mensch widmet sich auch eingehend den Forschungsmethoden. Dem ersten wissenschaftlichen Fund 1839, einem Eckzahn in Kents Cavern, einem weiteren Eckzahn-Fund in Robin Hood’s Cave in Derbyshire, England. Weitere Funde in den Niederlanden, Frankreich, Spanien und den Funden von sehr viel jüngeren Knochen und Zähnen in Friesenhahn Cave, Texas. In Nordamerika hielten sich die Säbelzahnkatzen am längsten, bis zum Ende der letzten Eiszeit vor 12.000 Jahren.
Gezackte Zähne in Schöningen
Der bedeutendste Fund in Deutschland entstammt dem Braunkohletagebau bei Schöningen östlich von Braunschweig. Im Rahmen von anderen Forschungen stieß ein Grabungsmitarbeiter am 17. Oktober 2012 auf einen auffälligen, 4,4 cm großen Zahn. Dessen Schneidekanten waren gezackt wie bei einem Steakmesser. Die Zähne heutiger Katzen haben dagegen glatte Kanten. In Schöningen wurden schließlich mehrere Zähne und Knochen entdeckt, die zu drei Tieren der Gattung Homotherium gehörten.
Später Ruhm in Hollywood
Die enormen Eckzähne der Säbelzahnkatzen inspirierte Künstler schon früh zu wilden Bildern, richtig berühmt wurden sie dann durch das Kino. Lag doch eine der ersten Fundstätten vor etwa hundert Jahren – die Teergruben von La Brea, Kalifornien – nur wenige Kilometer entfernt von den Filmstudios in Hollywood. Der Trickfilm machte die Säbelzahnkatzen dann, neben den Mammuts, zu den prominenten Vertretern der Eiszeit.
Die Ausstellung über Säbelzahnkatzen im Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg geht bis zum 2. November 2025
Öffnungszeiten täglich außer Montag




