Spieleprofis spielen mit
Bei „Friedberg spielt“ am Samstag, 11. Juni 2016, präsentiert der Landbote die Spieleprofis Andreas Finkernagel(Foto) und Karsten Esser. Mit ihrem Unternehmen „Pegasus“ in Friedberg sind sie unter den fünf bedeutendsten deutschen Spiele-Verlage. Um 14 Uhr begrüßen wir sie auf der Hauptbühne vor der Burg.
Der Traum vom Spieleladen
1993 waren Andreas Finkernagel und Karsten Esser 20 und 21 Jahre alt. Eines Tages fuhren sie im Zug zusammen zu einem Freund. „Meine Frage war: ‚Was hast du vor?’“, erinnert sich Finkernagel. „Karsten hatte gerade sein Chemie-Studium geschmissen. Seine Aussage war: ‚Bitte lach mich nicht aus, ich habe überlegt, einen Spieleladen zu eröffnen’.“ Finkernagel fand die Idee sehr gut und wollte mitmachen – er wusste auch schon, wo: Im Ladenlokal seiner Eltern in der Altstadt, das frei werden würde, da das Unternehmen umzog. Esser blickt zurück: „Es war Zufall, dass am Ende des Tages so ein großes Geschäft mit 25 festangestellten Mitarbeitern entstanden ist.“ Ihr Hobby sei es gewesen, gemeinsam zu spielen – einen Beruf aus dem Steckenpferd machen zu können, sei ein großer Luxus.
Mit Fantasy-Spielen begonnen
Ein bisschen Kapital war vorhanden, ein kleiner Kredit wurde aufgenommen – und los ging’s. Während Karsten im Geschäft stand, studierte Andreas parallel noch weiter Bauingenieur, allerdings nur noch kurzzeitig. Abends erledigte er die Buchhaltung und fuhr an den Wochenenden regelmäßig mit zu Veranstaltungen. Die spülten mehr Geld in die Kasse als der Ladenverkauf. „Die Lage in der Altstadt war gut, aber das Wachstum in Friedberg war endlich“, erklärt Esser. Ergänzt durch gängige Brettspiele, bot das Sortiment anfangs Fantasy-Spiele. Eine Nische, denn Begriffe wie „Elf“, „Troll“, „Ork“ und „Hobbit“ waren damals noch nicht so bekannt wie heute.
Da die jungen Inhaber noch bei den Eltern wohnten, reichte der Umsatz zunächst – um später aber ihre Familien zu ernähren, wäre es nicht genug gewesen. „Deshalb haben wir überlegt, als Verlag aufzutreten“, berichtet Finkernagel. Durch die Wochenend-Veranstaltungen hatten sie bereits eine Community aufgebaut. Ein Spieleclub, die eigene Zeitschrift „Der Ringbote“ und der Verein „Gemeinschaft des Ringes“ waren weitere Schritte auf dem Weg zum Verlag. Zunächst entwickelten die beiden noch keine eigenen Spiele, sondern erwarben die Sprachrechte für ausländische Produkte. „Das war weniger risikobehaftet und weniger aufwändig. Läuft ein Spiel im Ausland gut, ist das ein Indikator, dass es auch auf Deutsch gut funktioniert“, erläutert Finkernagel. Irgendwann änderte sich das, brachte der Verlag auch eigene Produkte heraus: 35 Neuheiten pro Jahr sind es, was sich inklusive Erweiterungen und Nachauflagen auf 100 summiert. Neben Fantasy- und Rollenspielen sind Brett-, Karten- und Würfelspiele für Kinder und Familien im Programm. Kreiert werden die Spiele von Autoren, die ihre Prototypen bei überregionalen Treffen präsentieren, „wir arbeiten auch mit Autoren zusammen“, schildert Finkernagel.
Diverse „Spiele des Jahres“
Den Erfolg eines selbst entwickelten Spiels einzuschätzen, sei schwierig, „wenn es gut ist, bedeutet es nicht, dass es sich gut verkauft“. Da es ein Überangebot auf dem Markt gebe, seien neue Spiele in 90 bis 95 Prozent nach einem halben Jahr kaum mehr nachgefragt. 30 Spielehersteller gebe es in Deutschland, Pegasus liegt weit vorn unter den Top Fünf, hat mit „Camel up“ das „Spiel des Jahres“ 2014, mit „Village“ und „Istanbul“ die „Kennerspiele des Jahres“ 2012 und 2014 im Programm. Mit „Mmm!“ ist Pegasus aktuell fürs Kinderspiel des Jahres 2016 nominiert. Die Bekanntgabe erfolgt bereits am 20. Juni.
Friedberg liegt beiden am Herzen und hier gerade auch die Neubelebung der Innenstadt. „Spielen als und mit einem Friedberger Verlag bietet eine ideale Grundlage für ein Event wie ‚Friedberg spielt’“, erklären Finkernagel und Esser.
Die Spielesammlung „Mein Friedberg-Spiel“, die am Samstag im Rahmen der Riesen-Fete auf der Kaiserstraße präsentiert wird, stammt aus ihrem Haus.