Landbote-Serie über einen Weitwanderweg
Von Klaus Nissen und Corinna Willführ
Schon jetzt – lange vor der Eröffnung der Landesgartenschau am 22. April 2027 – kann man ihn benutzen. Der Oberhessensteig – ein neuer Weitwanderweg – verbindet die Teilnehmerkommunen miteinander. Der Neue Landbote stellt den Weg, seine Schöpfer und Pfleger und weitere Aspekte des Projekts in einer Serie vor.Oberhessensteig zur Landesgartenschau
Noch steht er in keiner Wanderkarte. Er hat keine Markierungen, und letzte Details der Route müssen noch festgelegt werden. Trotzdem ist der Oberhessensteig bereits begehbar. Auf demWanderportal Komoot sind seine vorläufigen Koordinaten kostenlos abrufbar. Die Adresse im Netz lautet komoot.de/collection/2104647/-oberhessensteig-in-17-etappen.
Wer den rund 150 Kilometer langen Rundkurs komplett ablaufen will, hat einiges vor. Er ist laut Komoot in 140 Stunden absolvierbar. Unterwegs sind 8480 Höhenmeter zu überwinden – das ist vergleichbar mit einer Besteigung des Mount Everest. Allerdings ohne Sauerstoff-Flaschen und mit viel leichterem Gepäck.
Als Start- und Zielpunkt haben Peter Dubowy und seine Freunde vom Vogelsberger Höhenclub (VHC) den gut erreichbaren Bahnhof von Stockheim im Niddertal ausgewählt. Je nach Kondition und Zeit ist der Steig von dort mit oder gegen den Uhrzeigersinn in mindestens acht Etappen zu bewältigen. Besser ist es freilich, kürzere Abschnitte zu laufen. Das schont die Beine und lässt genügend Zeit, um die Sehenswürdigkeiten am Wegesrand zu würdigen.
Von Stockheim über Schotten nach Stockheim
Der Oberhessensteig verläuft von Stockheim zunächst über den Glauberg nach Düdelsheim und Limeshain. Dann wendet er sich ostwärts aufsteigend über Gedern zum Hoherodskopf. Hinunter geht es dann nach Schotten und zum Nidda-Stausee bei Rainrod, anschließend durch Wald aufs idyllische Bergdorf Stornfels, dann über Ulfa nach Bad Salzhausen. Echzell Ranstadt, Dauernheim und schließlich Stockheim werden im letzten Abschnitt durchquert.
Am Rande des Weges liegen beispielsweise die Keltenwelt auf dem Glauberg, der Limes mit seinem Nachbau eines römischen Wachturms bei Rommelhausen, die Altstadt von Büdingen, das Schottener Vulkaneum und die Dauernheimer Felsenkeller. Die Route geht meist über gut begehbare Wirtschafts- und Feldwege. Trittsicherheit ist trotzdem notwendig. An manchen Stellen ist nur ein Feldrand oder ein abschüssiger, nach Regenfällen matschiger Mountainbike-Trail zu passieren.
„Deshalb heißt er ja auch Oberhessensteig und nicht Oberhessenweg“, sagt der Schöpfer der Route. Er heißt Peter Dubowy und ist Mitglied des Büdinger VHC-Zweigvereins. „Während der Corona-Pandemie hatte ich Zeit und half unserem Wegewart beim Markieren“, erzählt Dubowy. Als 2022 das Projekt einer ersten gemeinsamen Landesgartenschau der elf Städte und Gemeinden zwischen Echzell und Schotten beschlossen wurde,t wurde, kam Dubowy die Idee eines alle Kommunen verbindenden Wanderweges. Er fügte einfach einige der schon bestehenden Wanderrouten zu einem neuen Rundkurs. „Wir hatten innerhalb von sechs Wochen ein komplettes Konzept“, berichtet Dubowy. Der Vogelsberger Höhenclub könne so einem breiten Publikum zeigen, „dass er die „Wanderhoheit in der Region hat.“ Als Vorbild nennt der 66-Jährige den Remstal-Weg im Schwabenland, der 2019 Teil der Landesgartenschau von Baden-Württemberg war.
Besonders schön: Von Gedern zum Hoherodskopf
Die schönste Etappe des Oberhessensteigs ist nach Ansicht ihres Schöpfers die Strecke von Gedern zum Hoherodskopf. Die führt über den Erzberg und den Bergmähwiesenpfad zum VHC-Denkmal an der Herchenhainer Höhe und schließlich zur Niddaquelle.
Wer gehört zur Zielgruppe für diesen Weitwanderweg? Es sind sowohl sportliche Ausdauerläufer wie auch Gelegenheitswanderer. Im Anfahr-Radius von 90 Minuten leben etwa neun Millionen Menschen, schätzt Dubowy. Er hofft vor allem darauf, dass die Menschen aus der Region am Wege die Schönheit ihrer Heimat erkennen. Als er beispielsweise mit einigen Altenstädtern durch den Wald von Düdelsheim nach Himbach wanderte, seien einigen „die Kinnladen heruntergefallen. Sie wussten überhaupt nichts von den schönen Märchenskulpturen, die Johanna Busch hier hingesetzt hat.“
In den letzten Monaten testeten zahlreiche VHC-Mitglieder die von Dubowy vorgeschlagene Oberhessen-Route. Auf der Projektseite des VHC Büdingen heißt es nun schwärmend: „Wald- und Kulturlandschaften wechseln sich stetig ab und laden zu Wanderungen für die Seele ein. Viele Geotope am Wegesrand sind einmalig. Einige sind sehr gut präsentiert, andere eher Geheimtipps, zum Beispiel die Gasröhren bei Düdelsheim und der Steinbruch bei Diebach am Haag. Aussichtspunkte mit Fernsicht sind zahlreich. Besonders sind die Aussichten von der Herchenhainer Höhe, Schau ins Land Wenings, Hoherodskopf und Stornfels.“
Die Markierungen fehlen noch
Im Auftrag des Vereins Oberhessen kümmern sich gerade zwei Mitarbeiterinnen einer Planungsfirma aus dem Schwarzwald um die Details des Oberhessensteigs. Sie reden mit Waldbesitzern, sorgen für die Aufstellung von Ruhebänken und Infoschildern. Und arbeiten die Details der Markierung aus, die 2025 überall am Weg auftauchen soll. Peter Dubowy glaubt, dass das noch unbekannte Logo des Oberhessensteigs als Aufkleber oder Sprüh-Markierung an Baumstämmen zu sehen sein wird. Denn Hinweisschilder an eigens aufgestellten Metallmasten – wie etwa am Wetterauer Radwegenetz – seien zu teuer. Die Höhenclub-Aktiven wollen das Markieren übernehmen. Sie hoffen, dass Wegepaten dabei helfen, grasige und von Gebüsch bewachsene Abschnitte auf Dauer begehbar zu halten.
Sparen wollen sich die Weg-Erfinder auch den Titel eines Premium-Wanderweges. Denn deutlich mehr als die geforderten maximal 30 Prozent der Strecke sind befestigte Wege. „Der Rennsteig ist auch nicht zertifiziert“, weiß Peter Dubowy. „Themenwege kann man besser vermarkten als Premiumwege.
Außerdem nehmen sich die Wege-Macher die Freiheit, um manche Wetterau-Orte einen Bogen zu machen. Beispielsweise solche, an denen man weder herausragende Bauten noch Gastronomie findet. Schöne Raststationen wie den LGS-Hauptort Bad Salzhausen, die „Birke“ in Burkhards, den Berggasthof in Stornfels oder den Dauernheimer Auenlandhof steuert der Oberhessensteig dagegen zielstrebig an. Immer jedoch sollten die Wanderer genug Getränke und Essen im Rucksack mitnehmen, empfiehlt Peter Dubowy.
Der Steig ist schon jetzt begehbar
Spätestens 2027 wird es nach den Plänen der Macher ein Online-Serviceportal, Flyer und Karten zum Oberhessensteig geben. Zumindest theoretisch kann man jede Etappe mit Bus oder Bahn erreichen und abends nach Hause kommen. Anreise- und Gastrotipps gibt der VHC Büdingen bereits jetzt auf seiner Projektseite zum Oberhessensteig: https://vhcbuedingen.wordpress.com.
Der Oberhessensteig ist eins seiner Lieblingsprojekte bei der Landesgartenschau, bekennt der LGS-Geschäftsführer Florian Herrmann. Er werde schon zwei Jahre vor Beginn der Schau fertig sein, verbinde alle Teilnehmer-Kommunen miteinander und lasse sich gut vermarkten. Da er dauerhaft bleiben soll, brauche der Wanderweg aber eine stets aktuelle Webseite mit Informationen zur Anreise und zur Gastronomie. Wer diese Arbeit übernimmt, ist noch unklar.
Danke für den Bericht