Teilnehmerrekord
von Helmut Serowy
Marburg an der Lahn – das steht für das hoch über dem Lahntal thronende Landgrafenschloss, die erste – 1527 durch Philipp den Großmütigen gegründete – evangelische Universität, die romantische Altstadt mit ihren spätmittelalterlichen Fachwerk-Gebäuden in der verwinkelten Ober- und Unterstadt, die Heilige Elisabeth und die Elisabeth-Grabeskirche. Marburg an der Lahn – das steht aber auch für den Langstrecken- und Ultra-Langstreckenlauf.1220 Starter
Zahlreiche hessische Meisterschaften wurden in den letzten Jahren im Georg-Gassmann-Stadion und im Rahmen des Marburger Stadtlaufes ausgetragen. Der Focus der rührigen Organisatoren des Ultra-Sport-Club Marburg liegt bei ihren Traditions-Veranstaltungen „Lahntallauf“ und „Nachtmarathon“ bei den längeren Distanzen bis hin zum 50-km-Lauf. Innerhalb des Marburger Lahntallaufes bieten sie zum Saison-Auftakt die Strecken 10, 30 und 50 Kilometer sowie Halbmarathon und Marathon an. Im Juni starten Halbmarathon- und Marathon-Läufer sowie Marathon-Staffeln abends beim Nachtmarathon auf dem immer wieder aus allen Nähten platzenden historischen Marktplatz unterhalb des Landgrafenschlosses.
Zentrum des Lahntallaufs ist die Sporthalle im Georg-Gassmann-Stadion. Eine weitgehend flache, amtlich vermessene und bestenlistenfähige 10-km-Runde auf Radwegen durch das Stadtgebiet und das weite Lahntal lockt jährlich eine große Läufergemeinde nach Marburg. Nach den tristen Wintermonaten können sie im Schatten des Landgrafenschlosses ihre Form testen oder bereits früh in der Saison auf dem schnellen Kurs flotte Zeiten markieren. Die Meldungen für die längeren Strecken gelten gleichzeitig für die kürzeren Distanzen. Damit kommen Starter, die ihr Rennen vorzeitig beenden, auch in die entsprechende Wertung.
Bei dem gemeinsam um 10 Uhr gestarteten Lahntallauf erwartet die Marathon- und Halbmarathon-Starter kurz vor dem Ziel noch eine zusätzliche Pendelstrecke, um ihre volle Distanzen absolvieren zu können.
Entgegen dem allenthalben immer noch anhaltenden „Corona-Knick“ verbuchten die Organisatoren des Ultra-Marathon-Club Marburg beim 30. Lahntallauf mit 1.220 Startern einen neuen Teilnehmerrekord. Bei frühlingshaften Temperaturen kamen auf dem flachen Rundkurs durch das Lahntal sowohl die ambitionierten Langstreckler wie die zahlreichen Breitensportler gleichermaßen auf ihre Kosten. Für spannende und abwechslungsreiche Wettbewerbe und ein reges Treiben im weiten Lahntal war damit alles bestens gerichtet. Das Moderatoren-Duo Sven Schnitker und Leonie Demmer sorgte zusätzlich für Unterhaltung und Motivation im Start-Ziel-Bereich.
50 Kilometer
„Königsdisziplin“ des Marburger Lahntallaufes ist das 50-km-Rennen. In dessen Rahmen wurden bereits 2011 und 2015 die Deutschen 50-km-Meisterschaften ausgetragen. 2011 beeindruckte Peter Seifert vom LSW Lok Arnstadt nach einem Solo-Lauf mit dem Streckenrekord in 2:52:26 Stunden – zugleich neuer Deutscher Rekord. Nur zehn Tage später erlitt er während eines Trainingslaufes auf Lanzerote durch einen Verkehrsunfall ein schweres Schädel-Hirn-Trauma, das seine hoffnungsvolle Läuferkarriere stoppte.
Beim Jubiläums-Rennen führte nach der ersten der fünf Runden Sven Höller vom Lauftreff Florstadt die 50-km-Läufer an. Er musste allerdings später seine Verfolger vorbeiziehen lassen und stieg nach 40 Kilometern aus. Anfangs hefteten sich Nikolai Billing (Eintracht Frankfurt) und Sebastian Böck (The Cappuccino Projekt) an seine Fersen. Nach 40:40 min nahmen sie die zweite Runde in Angriff. Hier löste sich Nikolai Billing allmählich und strebte mit 3:25:30 Stunden einem sicheren Sieg entgegen. Sebastian Böck verteidigte mit 3:29:18 Stunden den zweiten Rang im Gesamtklassement und in der M30 vor dem in der letzten Runde noch zu Bronze stürmenden Sven Gaul (TSV Krofdorf-Gleiberg), der mit 3:31:13 Stunden dem viertplatzierten Ralf Gundermann (LG Ultralauf, 3:32:28 Std) auch noch den M45-Erfolg wegschnappte.
Lokalmatadorin Doro Rogosch vom SF Blau-Gelb Marburg hatte wie im Vorjahr die Frauen-Konkurrenz beim Ultra-Marathon unter Kontrolle. Lange gemeinsam mit Florian König unterwegs, steigerte sie sich um über fünf Minuten auf 3:53:34 Stunden. Mit Andrea Schadewell (Team Icehouse, 4:10:46 Std) lief eine weitere W45-Starterin als Zweite über die Ziellinie. Dahinter feierte Jasmin König (LT Roßbachtal) als Dritte mit Bestzeit von 4:15:51 Stunden den erneuten W40-Erfolg.
Marathon
Der Marburger Marian Bunte (M35) sorgte beim Marathon für Furore. Der Marathon-Sieger von 2017/18/19 schrammte mit 2:34:40 Stunden um lediglich eine Minute an seinem Streckenrekord vorbei. Dahinter löste sich in der zweiten Runde Markus Gräf (TSV Hilders, 2:50:52 Std) vom zweiten M40-Starter Christoph Bethke (Lübbecke, 3:08:25 Std), der auf den letzten zwölf Kilometern noch deutlich an Boden verlor.
Nach ruhigem Einstieg gewann die A-Jugendliche Carla Bieker (Amöneburg) mit 3:42:42 Stunden den Frauen-Marathon vor der W50-Läuferin Sylke Kuhn (100-Marathon-Club, 3:59:47 Std) und Laura Maria Höhl (SPVGG Has Heblos, 4:05:43 Std).
30 Kilometer
Micha Thomas (M40) von der LG Eder – Halbmarathon-Sieger 2015 und 2016 sowie Zweiter im letzten Jahr, nutzte den 30-km-Lauf als Aufbau-Rennen und distanzierte mit einem gleichmäßigen Rennen in starken 1:47:59 Stunden seine Mitstreiter. Auf der dritten Runde kämpfte sich Sebastian Mauthe (LGV Marathon Gießen, 1:58:31 Std) noch an Vorjahres-Sieger Alexander Sinitsyn (Hochheim/Main, 1:58:40 Std) heran und wiederholte Rang zwei und M35-Sieg vor dem Zweiten der M40.
In der Vorbereitung auf den Start bei den Deutschen Marathonmeisterschaften in Hannover ließ es Anna Starostzik (Spiridon Frankfurt) über die 30 Kilometer locker angehen um auf der zweiten Streckenhälfte das Tempo deutlich zu verschärfen. Den 2016 von Franziska Rachowski aufgestellten Streckenrekord (2:08:30 Std) steigerte die W35-Starterin schließlich als Gesamt-Sechste mit 2:04:35 Stunden deutlich. Silber sicherte sich die U23-Siegerin Mathilde Waidelich (TC Ebhausen, 2:20:26 Std) vor der W55-Siegerin Jutta Siefert (PSV Grün-Weiß Kassel, 2:23:47 Std).
Halbmarathon
Gemeinsam nahmen Relin Mehrhoff und Jannes Wilke von der LG Eder die erste Runde des Halbmarathon in 36:05 min in Angriff. Auf der zweiten Runde mit der Zusatzschleife entlang der Lahn setzte sich Relin Mehrhoff dann allerdings mit 1:15:34 Stunden etwas ab und holte sich neben dem Gesamt-Sieg auch die Goldmedaille in der M35. Jannes Wilke lief als Zweiter in 1:16:49 Stunden zum Hauptklassen-Erfolg vor Jannik Weber aus Marburg (1:18:45 Std).
Die Frauen führte die W35-Siegerin Laura Vetter aus Braunfels in 1:33:00 Stunden an. Die Hauptklassen-Läuferinnen Rike Holbach (Lemgo, 1:35:51 Std) und Helena Höhl (HAS Heblos, 1:38:20 Std) sprangen auf die weiteren Podeste. Im Finish verlor die zeitgleiche Nora Goldschmidt (trotz vier Sekunden schnellerer Netto-Zeit) noch den Bronze-Rang, hielt sich aber zumindest mit dem ersten Platz in der W30 schadlos.
10 Kilometer
641 Läuferinnen und Läufer wollten beim 30. Marburger Lahntallauf die 10-km-Runde durchlaufen. Das Riesenfeld kontrollierte an der Spitze das Duo Mathias Schneider vom VfL Marburg und Jannis Janson vom Team Naunheim. Im Finish hatte Mathias Schneider mit 33:45 min die größeren Reserven vor dem M30-Sieger Jannis Janson, der sich auf 33:49 min verbesserte.
Aus der Verfolgergruppe erkämpfte sich Marc Unger vom SC Neukirchen (34:27 min) den dritten Rang im Gesamteinlauf vor dem zweiten M35-Starter Carsten Oehler (TSV Krofdorf-Gleiberg, 34:39 min). Silvio Welkner (TSV Krofdorf-Gleiberg) – im letzten Jahr Halbmarathon-Dritter – freute sich als schnellster Aktiver der M45 über 34:43 min und einen gelungenen Test vor seinem anstehenden Marathon-Start. Als Sechster folgte der zweite Hauptklassen-Starter Simon Mussie (Team Naunheim) in 34:52 min.
Die zuletzt für den VfL Marburg gestartete und nun für die LG Allgäu aktive Lena Ritzel – die sich inzwischen in der Berglauf-Szene etabliert – trumpfte beim 10-km-Lauf der Frauen auf. Bereits 2020 gewann sie das Heimrennen, beim Jubiläumslauf legte sie allerdings nochmals gewaltig nach und steigerte sich als Gesamt-Neunte auf auch für sie unerwartete 35:53 min. Im Duell um die weiteren Podest-Plätze hatte Betty Will vom TV Wetzlar mit 39:43 min die Nase vor der früheren 800-m-Spezialistin Julia Altrup vom VfL Marburg (39:52 min).
Titelbild: Weit zieht sich die Läufer-Karawane nach dem gemeinsamen Start des Marburger Lahntallauf durch die Lahnwiesen im Schatten des Landgrafenschlosses