Klimaschutz konterkariert
Von Dietrich Jörn Weder
Die neue sogenannte Künstliche Intelligenz (KI) beantwortet blitzschnell viele unserer Fragen, aber sie arbeitet mit ihrem riesigen Energieverbrauch leider dem Klimaschutz entgegen. Von der allseitigen Anwendung des digitalen Doktor-Allwissend versprechen sich die Tech-Konzerne gewaltige Gewinne. Doch der Profit lässt sich nur mit Hilfe monströser neuer Rechenzentren realisieren.Verluste an Wasser, Strom und Land
Die Konzerne und andere große Nutznießer von K.I. ziehen deshalb in Windeseile neue Rechen-Häuser hoch. Die tristen Computer-Bunker nehmen große Flächen in Anspruch und verbrauchen überdies zur Kühlung ihrer Maschinerie Unmengen knappes Wasser. Geradezu gigantisch ist aber ihr Strom-Verbrauch.
Auf der Gemarkung des Internet-Knotenpunkts Frankfurt am Main verbraten die Zentren mehr Strom als die Dreiviertel-Million Einwohner der Stadt selber beanspruchen. Dutzende turmhoher Windräder müssen sich drehen, um die elektronisch vermittelten Botschaften zu ihren Adressaten zu bringen. Doch das Frankfurter Beispiel wird in den USA bald um Dimensionen überboten.
Wer zuerst beim Kunden ist!
Der Online-Händler Amazone und der Supermarkt-Konzern Walmart sind zu einem Wettlauf gestartet, wer die digital bestellenden Kunden schneller beliefern kann. Walmart will und kann am Ende angeblich innerhalb von zwei Stunden bei jedem Besteller sein, weil seine Filialen dicht über das Land verteilt sind. Amazone dagegen ist in den Weiten Amerikas erst in zwei Tagen mit der Lieferung aus seinen Lager-Zentralen sicher bei jedem fernsten Kunden.
Walmart hat in Arkansas mit dem Bau einer neuen schicken Wohnstadt für am Ende 15.000 IT-Angestellte begonnen, die elektronische Bestellungen schnellstmöglich von den Unternehmensfilialen zum Kunden dirigieren sollen. Amazone baut im US-Bundesstaat Indiana auf 500 Hektar fruchtbarem Ackerland an kolossalen Daten-Vermittlungszentralen, die mit ihrer Ausdehnung heute schon aus dem Weltraum sichtbar sind.
AI im Ringen mit der Ökologie
Wie die New York Times International jüngst berichtete, wird der Amazone-Komplex schließlich mehr elektrische Leistung beanspruchen als sie heute eine Million wahrlich nicht stromsparender US-Haushalte aus dem Netz ziehen. Meta in Louisiana und OpenAI in Texas bauen an ähnlich großen stromfressenden Komplexen. Sie spekulieren darauf, dass sich unzählige Internet-Nutzer in die wundersame Unterhaltung mit der künstlichen Intelligenz stürzen werden.
Die Erfinder und Verkäufer der neuen AI-Frage-Antwort-Systematik wollen uns glauben machen, dass diese dem Fortschritt der Menschheit, dem Allgemeinwohl, dient. Wo es sich um ernsthafte wissenschaftliche oder technische Probleme handelt, mag KI den Weg zur gesuchten Lösung abkürzen. Doch die zusätzliche Belastung von Umwelt und Klima wiegt schwer. Der Beweis eines gleich großen Nutzens ist noch zu erbringen.
AI-Chats nur gegen Rechnung
Auch viele von uns Laienschauspielern werden sich auf unterhaltsame Chats mit dem digitalen Doktor-Allwissend einlassen. Der damit verbundene Energieverbrauch sollte dem Nutzer angezeigt und von ihm in welcher Form auch immer ausgeglichen werden, wie man das heute schon als Flugpassagier tun kann. Sonst bleibt da ökologisch eine Unsumme mehr Soll als Haben.
Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten
Titelbild: Server im Rechenzentrum der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN). (Bildquelle: Wikipedia/Florian Hirzinger – www.fh-ap.com – Eigenes Werk (Florian Hirzinger), CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6212634)