Die Büdinger litten unter vielen Plagen
Von Klaus Nissen
Die Schulden waren noch am ehesten zu ertragen. Über die aktuellen Probleme der Griechen hätten die Büdinger im 18. Jahrhundert nur gelacht. 765 304 Gulden schuldeten die Grafen von Isenburg und damit auch die Büdinger Bürger diversen Gläubigern. „Das war das 15-fache des gesamten Jahreseinkommens der Stadt“, erzählt der Historiker Dr. Volkmar Stein. Die griechischen Schuldenmilliarden machen dagegen „nur“ das 3,7-fache der jährlichen Wirtschaftsleistung aus.
Kriege, Pest, Schulden
Anno 1765 war Graf Gustav Friedrich mit seinem Latein am Ende, so Stein am 24. Februar bei seinem Vortrag im Heuson-Museum. Er beantragte beim Kaiser ein Insolvenzverfahren für das kleine Büdinger Reich. Der Kaiser machte Gustav Friedrichs Vetter aus Birstein zum Insolvenzverwalter. Der erhöhte die Steuern und schrieb seinem Verwandten künftig vor, wie viel Geld er ausgeben durfte. Die Schulden wurden bis 1806 Jahre bezahlt. Nur die „nordischen Schulden“ des Landesherrn selbst mussten die Gläubiger offenbar abschreiben. Als junger Offizier auf dem dänischen Königshof hatte Gustav Friedrich 160 000 Gulden mehr ausgegeben als er besaß.
Ein großer Teil der städtischen Schulden ist im 16. Jahrhundert durch Graf Anton von Isenburg verursacht worden, so Historiker Stein. Der verwitwete Landesherr heiratete eine Dienstmagd und setzte mit ihr Kinder in die Welt, die in den folgenden hundert Jahren in Mammut-Prozessen große Summen aus der Grafschaft zogen.
Wirtschaftlich war es mit Büdingen auch im 18. Jahrhundert nicht gut bestellt. Der Betrieb von gräflichen Bergwerken und Glashütten machte Verluste. Der Hochofen am Hammer musste nach 27 Betriebsjahren 1707 dicht machen. Regent Ernst Casimir ließ die Büdinger Saline errichten. „Aber damit hat er sich völlig verhoben“, erzählt Stein. Denn der Salzgehalt der Büdinger Sole war niedrig, die Kosten des als Brennstoff gebrauchten Holzes aber hoch.
Jämmerlicher Zustand
Alles noch zu ertragen, wenn es die vielen Kriege nicht gegeben hätte, die zahlreiche Büdinger das Leben und die wirtschaftliche Existenz kosteten. Im Dreißigjährigen Krieg nahmen sich mal die Schweden, mal die Kaiserlichen aus den Bürgerhäusern, was sie brauchten. Sogar die Kirchenbänke wurden herausgeholt und an den Lagerfeuern der Söldner verheizt. „1648 war die Stadt in jämmerlichem Zustand“, berichtet Volkmar Stein. Vor dem Krieg lebten hier 300 Familien. Nun waren es nur noch 75. Bald darauf kam der Spanische Erbfolgekrieg, der Zweite Schlesische Krieg, der Siebenjährige Krieg, der Erste und Zweite Koalitionskrieg.
Wer die Kriege überstand, war immer noch von der Pest bedroht. In Büdingen wüteten Epidemien 1540, 1563, 1576 und 1584. Auf dem Friedhof war kaum noch Platz für neue Gräber. „Manche Leichen wurden rasch in den Gärten verscharrt“, weiß der Historiker. 1632 gab es 23 Pesttote in der Stadt, 1635 waren es 336. Erst dann hört die Plage in der östlichen Wetterau auf.
Viel Lesestoff aus dem alten Büdingen bietet der neue Band XXIII der Büdinger Geschichtsblätter. Klaus-Peter Decker und andere Autoren berichten darin unter anderem über die ersten Druckereien im 16. Jahrhundert. Das Buch hat 312 Seiten und kostet 18 Euro. Zu beziehen unter info@geschichtswerkstatt-buedingen.de.