Horlofftalbahn

Planfeststellung läuft noch

Von Detlef Sundermann

Auf der Horlofftalbahn werden 2025 wieder Züge fahren, prognostizierte die Bahn noch Anfang 2023. Ob das wirklich so kommt, darüber scheint bei der Deutschen Bahn und beim Land Hessen aktuell keine Gewissheit mehr zu herrschen. Von einem Stillstand der Reaktivierung kann aber auch nicht die Rede sein.

Zeitplan der Wiederinbetriebnahme wankt

Der Betrieb auf der 12,2 Kilometer langen Strecke zwischen Wölfersheim-Södel und Hungen war vor rund 30 Jahren gegen den Protest von Bürgern und der beiden Kommunen von der Bahn eingestellt worden. Als Grund wurde genannt: zu wenige Fahrgäste und damit mangelnde Wirtschaftlichkeit. In steter Hoffnung auf eine Wiedererweckung der eingleisigen Strecke über Feldlandschaften und vorbei am ehemaligen Braunkohletagebau kauften Hungen und Wölfersheim die Gleisanlage und hielten sie im Rahmen des Machbaren in Schuss – für den Tag X. Der kündigte sich 2018 mit einer Machbarkeitsstudie des Hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministeriums an. Vermutlich haben ein verändertes Verkehrsnutzungsverhalten und Neubaugebiete eine günstige Einschätzung bewirkt.

Ein Zug wird kommen – nur wann? Das Bild zeigt die Haltestelle bei Bellersheim. (Fotos: Sundermann)

Aber das Planfeststellungsverfahren lässt offenbar den Zeitplan für die Wiederinbetriebnahme wanken. Die Vorhabensträgerin, die DB InfraGO AG, hat im Herbst 2023 den Antrag auf Planfeststellung zusammen mit den Planunterlagen entsprechend dem Allgemeinen Eisenbahngesetz beim Eisenbahn-Bundesamt als Planfeststellungsbehörde eingereicht, heißt es aus dem Ministerium auf Anfrage des „Landboten“. Die Planunterlagen seien im Frühjahr 2024 offengelegt worden. Laut Pressestelle des Ministeriums ist die Zahl der Einwendungen zum Vorhaben jedoch überschaubar geblieben. „Nach dem hier vorliegenden Kenntnisstand gibt es nur wenige Einwendungen von Privatpersonen“, heißt es. Und: „Die wenigen Einwendungen lassen jedoch erkennen, dass die grundsätzliche Akzeptanz des Vorhabens vor Ort hoch ist.“ Allerdings müssten noch die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange, wie Behörden und Organisationen, ausgewertet werden. Erst dann werde das Eisenbahn-Bundesamt einen Erörterungstermin festlegen.

Gerodet und Tiere umgesiedelt

Die Genehmigungsbehörde übermittelte die Einwendungen an die Vorhabensträgerin, die DB InfraGO, teilt eine Bahnsprecherin auf Anfrage mit. „Diese werden nun durch die Vorhabensträgerin gesichtet und geprüft. Hiermit sind die Beachtung von umfangreichen Umweltauflagen und die Anpassung der Planung verbunden.“ Ob der ungewissen Dauer des Planfeststellungsverfahrens, kann „heute die weitere Terminsituation noch nicht final eingeschätzt“ werde, so die Bahn. Und es gibt laut der DB noch eine andere unbekannte Zeitvariable: die „aktuell angespannten Marktlage im Sektor für Bahnbauleistungen“.

Das Gleisbett muss erneuert werden.

Wie die Bahn berichtet, wurde in diesem Jahr neben der Planungstätigkeit bereits an der Strecke gerodet. Hierbei seien überdies Ersatzhabitate für geschützte Tierarten wie Eidechsen und Wechselkröten geschaffen worden. Die neue Horlofftalbahn kann nicht auf dem alten Gleisbett rollen. Schwellen und Schienen stammen abschnittweise sogar aus den 1960er Jahren. Die Signaltechnik ist vermutlich ebenfalls nicht mehr mit dem heutigen Sicherheitsstandard konform. Die Haltestellen müssen erneuert werden. Bellersheim, der Stopp für die einstigen Arbeiter im Tagebau, wo der heutige Sachsensee nach Ende des Ausbaggerns entstanden ist, wird wohl wegfallen. Obendrein steht die Erneuerung und Sicherung von sechs Bahnübergängen an. Künftig werden sich die Autofahrer auf der stark frequentierten B455 (wieder) an einen Bahnübergang gewöhnen müssen, an dem zwei, drei Mal in der Stunde die Schranken schließen.

Die Reaktivierung

2018 gab es eine landesweite Machbarkeitsstudie des Hessischen Wirtschaftsministeriums zu stillgelegten Bahnstrecken. Ein Ergebnis der Expertise: Mit prognostizierten rund 700 Fahrgästen am Tag sei die Horlofftalbahn durchaus rentabel.

Im November 2020 hieß es aus Wiesbaden, dass das Land die Planungskosten zur Reaktivierung in Höhe von 4,3 Millionen Euro bereitstellt.

Die Baukosten werden voraussichtlich 25 Millionen Euro betragen. Laut derzeitigem Stand soll die Strecke bis Ende 2025 in Betrieb gehen. Bis dahin sollen auch die benötigten elektronischen Stellwerke Beienheim und Gießen–Nidda fertig sein.

In den Hauptverkehrszeiten soll der Zug von Gießen bis Frankfurt durchgehen. Laut Landesprogramm Mobiles Hessen 2030 wird die Horlofftalbahn in dieser Zeit im Halbstundentakt und in der Nebenverkehrszeit im Stundentakt rollen.

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