Die Lehren aus der Hitzewelle
Von Dietrich Jörn Weder
Das waren nun die heißesten Tage des Jahres, – des ganzen Jahres, wie wir alle hoffen. Ein nächtlicher Regen hat uns hier in der Rhein-Main-Region erst einmal die ersehnte Abkühlung gebracht. Doch die Leiden der Menschen in aufgeheizten Wohnungen kann er nicht vergessen machen. Und die Furcht, dass sich Derartiges wiederholt, kann er auch nicht vertreiben.Klima-Kassandra unerhört
Das Klima hat sich zuletzt so schnell aufgeheizt, dass es selbst professionelle Kenner der Materie erstaunt hat. „Wir erleben inzwischen Hitzeperioden, „die wir aus den Klimamodellen erst in ein paar Jahrzehnten erwartet hätten“, sagt Florian Imbery, Metereologe des Deutschen Wetterdienstes.(FAZ vom 19.Juli 2022, Lokalteil) Und alle, die wie auch ich seit Jahrzehnten vor einem Klimawandel mit steigenden Temperaturen gewarnt haben, stehen da wie trojanische Wahrsagerin Kassandra, deren Warnrufen niemand glauben wollte.
Wohnungen hitzetauglich machen!
Und was kann man jetzt noch tun, wo wir in die Klimafalle getappt sind? Der Einzelne muss sich in seinem Zuhause und seiner unmittelbaren Umgebung, – so gut, wie es geht, – vor künftigen Hitzewellen schützen. Wie das geht, dafür gibt es landauf, landab gute Ratschläge, beginnend mit der Abschirmung der Wohnung gegen den Sonneneinfall bis hin zum Einbau von Klimakühlgeräten, wenn man diese bezahlen kann und ihr Einbau zulässig ist.
Indien und China lassen die Dampf-Lok laufen
Es ist ganz und gar vergeblich, mit diesem Selbstschutz bis zu einer weltweiten Eindämmung des Klimawandels zu warten. Der Ukraine-Krieg verschlingt die Mittel, mit denen sich im Klimaschutz Berge versetzen ließen. China und Indien verfeuern weiter kräftig und nahezu unbekümmert die in beiden Ländern reichlich vorhandene Kohle. In den USA hindern die Republikaner den Präsidenten am nötigen Schutz des Klimas. Undsoweiter. Undsoweiter.
Deutschland kann nicht warten
Deutschland mag gegen den Klimawandel tun, was es bezahlen kann, ohne sich zu ruinieren. Auf das Weltklima hätte das aber nur dann einen nennenswerten Einfluss, wenn andere diesem Beispiel folgten. Und danach sieht es zur Zeit leider gar nicht aus. Wenn es in Indien noch öfter so heiß wird, sodass man tagsüber nicht das Haus verlassen, geschweige im Freien arbeiten kann, dann mag es auch dort einen politischen Sinneswandel geben. Die Zeit bis dahin sollten wir nicht vertrödeln.
Kühle Milieus schaffen
Wir tun derweil gut daran, uns auf eine dem Klima angepasste Wohnumwelt zu konzentrieren. Unsere Städte müssen grüner werden mit vielen hohen, tiefwurzelnden und Schatten spendenden Bäumen, mit der Pflege von allen innerstädtischen Gewässern und dem Offenhalten, wenn nicht Freischlagen von kühlenden Luftschneisen. Bei Neubauten wird man sich ein Beispiel an der Sonnenhitze abweisenden Architektur mediterraner Städte nehmen.
Der Überhitzung des Weltklimas und den damit einhergehenden katastrophalen Folgen werden wir so nicht gänzlich entkommen. Gleichwohl müssen wir versuchen, so gut als möglich selbst mit dem Übel zurechtzukommen, das zu verhindern nicht in unserer Macht steht. Für den Klimaschutz trommeln werden wir aber weiterhin.
Dr. rer. pol. Dietrich Jörn Weder war Jahrzehnte lang leitender Umweltredakteur und Fernsehkommentator des Hessischen Rundfunks. Seit seiner Pensionierung arbeitet er als freier Autor für Print- und Audiomedien. Er betreibt den Blog Wachposten Frankfurt, auf dem er Kommentare zu aktuellen Themen veröffentlicht. Wachposten
Titelbild: Sommerhitze. (Wikipedia/Von Frank Liebig – Archiv Frank Liebig, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=79839559)