Genossen fordern Aufklärung
Von Petra Ihm-Fahle
Für „unterirdisch“ hält die Bad Nauheimer SPD die Informationspolitik des städtischen Magistrates im Hinblick auf das Gesundheitszentrum Wetterau (GZW), wie sie in einer Presseerklärung mitteilen. Hintergrund: Im Vorfeld der jüngsten Bad Nauheimer Stadtverordnetenversammlung hatte die Fraktion eine schriftliche Anfrage an den Magistrat gerichtet, um mehr Klarheit in dem Themenkomplex zu erhalten. Denn weil ein über mehrere Jahre gewährter, hoher Kassenkredit des Kreises an das GZW zurückgezahlt und deshalb das Stammkapital erhöht werden muss, kann es sein, dass die Bad Nauheimer ihre Anteile an der Gesellschaft verkaufen müssen.
Streit um Anfrage
Mutmaßlich soll der Kassenkredit
für Investitionen verwendet worden sein, was nicht rechtmäßig sein soll. Die Sozialdemokraten erkundigten sich in ihrer Anfrage nun über die zeitlichen Zusammenhänge sowie die Einbindung des Bürgermeisters Klaus Kreß (parteilos) und seines Vorgängers Armin Häuser (CDU) in das Verfahren zur Überführung der Liquiditätshilfen. Eine inhaltliche Beantwortung der Fragen blieb nach Ansicht der SPD aber weitgehend aus, was Sozialdemokratin Natalie Pawlik Rathauschef Kreß im Parlament verärgert vorwarf: „Es ist fragwürdig, dass Sie nur die Fragen beantwortet haben, die Sie als angemessen empfinden.“ Jener konterte, sie möge bei ihrem Parteifreund nachhaken, Ex-Landrat Joachim Arnold. Jener sei Aufsichtsratsvorsitzender gewesen, so wie auch zeitweise Häuser. Kreß ist erst seit einigen Monaten Bürgermeister.
„Nach vorn blicken“
Der 49-Jährige war auf die Fragen der SPD schriftlich wie folgteingegangen: Über die Historie der Auseinandersetzung sei in den vergangenen Monaten hinlänglich diskutiert worden. Er habe am 18. September sein Amt als Bürgermeister angetreten, „um nach vorne zu blicken“, erklärte er. Zur beabsichtigten Rückführung des Kassenkredites des Kreises habe Kreß mit Arnold und der Geschäftsführung des GZW drei Gespräche geführt, die im Oktober terminiert waren. Ebenfalls im Oktober habe er den Magistrat sowie den Haupt- und Finanzausschuss über die Existenz des Kassenkredits in Kenntnis gesetzt. Ferner habe er die beiden Gremien über die Konsequenzen informiert, die sich aus den Bedingungen der Hessenkasse ergäben. Wie Kreß schilderte, ist er mit dem kommissarischen Landrat Jan Weckler (CDU) regelmäßig im Gespräch. „Wir sind einig darüber, dass wir die aufkommenden Fragen in den kommenden Wochen auf Augenhöhe und kollegial lösen werden.“ Dies geschehe im Interesse der Sicherung des Klinik-Standortes Bad Nauheim, bekräftigte er.
„Einsichtnahme unerlässlich“
Seine Auskünfte waren nicht nur der SPD zu schwammig, auch Redner aus anderen Fraktionen verlangten Aufklärung. „Es ist Ihre Pflicht – und man kann nicht sagen, nur weil Sie der neue Bürgermeister sind, wird ein Schnitt gemacht“, erklärte Peter Heidt (FDP). „Fragwürdig“, „nebulös“, „Staatsanwalt“ – die Stadtverordneten sparten nicht mit harten Worten, um die Vorgänge ums GZW zu kommentieren. Zumindest haushalterisch „beanstandungswürdig“ sei die Sache, sagte Tillmann Weber (FDP). Denn in der Bilanz, vermutet der Liberale, sei besagter Kassenkredit offenbar als Darlehen für fünf Jahre ausgewiesen. Er halte eine Einsichtnahme ins Vertragswerk des GZW für unerlässlich, erklärt er später auch dieser Zeitung. „Bilanzbetrug, Verschleierung – das sind Begriffe, die in den nächsten Monaten gehört werden dürften“, meinte Bernd Witzel (FW/UWG). Der Wetteraukreis müsse die Angelegenheit aufarbeiten, forderte er. Es müsse ein Weg gefunden werden, „so, wie es der Bürgermeister gemacht hat“, hält er die Vorgehensweise von Kreß für richtig. Nach Worten von Witzel, der 2005 bis 2011 selber Rathauschef und zeitweise Aufsichtsratsvorsitzender des GZW war, sei der Schaden „unter der Regierung des Magistrates und des Parlaments der vergangenen Legislaturperiode entstanden“.
„Auf Analyse gedrungen“
Auf Anfrage schildert Ex-Bürgermeister Häuser, Ende 2016 erstmals von dem hohen Kassenkredit erfahren zu haben. Er habe die Sache hinterfragt und auf einer Analyse gedrungen. In seiner Amtszeit habe sich der Vorgang aber nicht mehr aufgeklärt. Ex-Landrat Arnold gibt auf Anfrage dieser Zeitung keine Stellungnahme, da er nach seinem Wechsel zur Ovag nicht mehr zuständig sei. Der kommissarische Landrat Weckler bestätigt indes die Sichtweise von Kreß. „Es hat wenig Sinn, zurückzublicken, wir müssen nach vorn schauen. Zwei Ziele gibt es: Das GWZ als kommunales Krankenhaus zu erhalten und Bad Nauheim als Gesundheitsstandort zu stärken.“
SPD will nicht lockerlassen
In ihrer Presserklärung empören sich die Sozialdemokraten über die ihrer Ansicht nach kargen Infos. „Die Verweigerung des Bürgermeisters, die Fragen zu beantworten, schafft leider nicht mehr Vertrauen. Im Gegenteil: Die Rathausspitze scheint rechtzeitig von den Vorgängen und der notwendigen Ablösung der Kassenkredite gewusst zu haben und hat das Parlament nicht informiert“, meint Pawlik. Die SPD wolle keine Schuldzuweisungen, sondern Klarheit und Transparenz. „Mit dem Finger auf andere zu zeigen“, bringe nichts. Fraktionsvorsitzender Axel Bertrand unterstreicht: „Es muss endlich Schluss damit sein, Millionenprojekte in Hinterzimmern auszuklüngeln.“ Die SPD will nicht lockerlassen, „bis endlich klar ist, was in dem gesamten Verfahren geschehen und schiefgelaufen ist“.