„Schaffen Sie sich eine Sparbrause an“
Energiesparen kann Spaß machen und wenig kosten. Das behauptet Carsten Herbert. Der gelernte Energiegeräte-Elektroniker und Bauingenieur aus Darmstadt verbreitet als „Energiesparkommissar“ auf YouTube, in Büchern und Vorträgen unterhaltsam Tipps, wie man weniger Strom verbraucht. Mit seinen acht Angestellten berät Herbert auch Unternehmen, Wohnungsbaugesellschaften, Bauträger und Kommunen. Anfang November 2023 hatte der 1968 geborene Mann mit der markanten Brille einen Auftritt beim ersten Büdinger Energietag. Landbote-Autor Klaus Nissen nutzte die Gelegenheit zu bohrenden Fragen.Kann Energiesparen Spaß machen?
Herr Herbert, kann Energiesparen Spaß machen?
Klar. Wenn es mir gelingt, die Heizungsrechnung zu verkleinern und dabei noch etwas für das Klima zu tun, verschafft es mir ein gutes Gefühl.
Wie komme ich an dieses Gefühl?
Ganz einfach. Schaffen Sie sich zum Beispiel eine Sparbrause für Ihre Dusche an. Durch den normalen Duschkopf fließen zwölf bis 15 Liter Wasser pro Minute. Mit der Sparbrause haben Sie schon bei sechs Litern ein vergleichbares Duscherlebnis. Und Sie müssen nur halb so viel Wasser erwärmen – ohne Komfortverlust. Dabei sparen sie etwa so viel Energie ein, wie ein Balkonkraftwerk produzieren kann.
Mit Balkonkraftwerk meinen Sie die Solarpaneele, deren Strom man einfach über die Wohnzimmer-Steckdose einspeist?Genau. Wenn es gut läuft, produziert ein Balkonkraftwerk übers Jahr 600 Kilowattstunden. So viel Energie spart auch eine vierköpfige Familie ein, die mit der Sparbrause duscht. Die kostet 20 bis 40 Euro. Ein Balkonkraftwerk dagegen 500 bis tausend Euro. Da haben wir über die Wasserersparnis noch gar nicht gesprochen.
Würden Sie so ein Mini-Kraftwerk trotzdem empfehlen?
Ja – wer Lust dazu hat. Aber bevor ich damit anfange, sollte ich die einfacheren und billigeren Sparmöglichkeiten nutzen.
Im Winter also bei 18 Grad Wohnzimmertemperatur durchhalten, wie es seitdem Ukraine-Krieg verstärkt empfohlen wird?
Komfortverzicht ist nicht notwendig
Ich bin nicht derjenige, der die Menschen zu Komfortverzicht überreden will. Aber ich kann Ihnen zeigen, wie sie ihren Energieverbrauch zum Beispiel durch verbesserten Wärmeschutz reduzieren können.
Es ist sicher schön, in einer gedämmten Wohnung zu leben. Aber wenn ich 70 Jahre alt bin und mehr als 100 000 Euro für Fassadendämmungn, neue Fenster und Türen ausgeben muss, lasse ich es lieber. . Die Investition kann sich für mich nicht rechnen, weil nicht noch 30 Jahre lebe.
Man muss nicht gleich alles machen. Es ist immer sinnvoll erst mal nach den einfachen und kostengünstigen Maßnahmen Ausschau zu halten. Überall da, wo es nichtbewohnte Dachräume gibt, kann man die entsprechende Decke nachträglich wärmedämmen. Dann wird die aufsteigende Wärme aus der Wohnung nicht so schnell verschwinden. Dabei können Sie kaum etwas verkehrt machen. Es funktioniert absolut kostengünstig und kann wunderbar als Do-it-yourself-Maßnahme durchgeführt werden.
Tipp: den Dachboden dämmen
Also Styropor-Platten aufkleben und dann Holzplatten drüber?
Es muss nicht Styropor sein. An Dämmplätten haben sie unzählige Auswahlmöglichkeiten.
Ein älterer Herr aus der Nachbarschaft hat sich furchtbar aufgeregt, weil die Bundesregierung ihm die Ölheizung aus seinem 40 Jahre alten Reihen-Doppelhaus verbannen will. Er hat deshalb noch vor dem Stichtag eine neue Ölheizung installieren lassen. War das klug?
Ich hätte es nicht gemacht. Denn Heizöl wird mit Sicherheit teurer. Schon, weil es bald in den Emissionshandel eingebunden wird.
Aber wie soll der Mann sein Haus aus den 1980er Jahren künftig heizen? Er glaubt, es sei zu alt für eine Wärmepumpe.
Das stimmt bei einem Haus aus den Achtzigern nur bedingt. Denn die erste Wärmeschutzverordnung stammt aus dem Jahr 1977. Seit damals waren neue Häuser deutlich besser gedämmt als zuvor. Wenn der Wärmeverbrauch in solchen Häusern trotzdem hoch ist, liegt es meist nicht an der Dämmung, sondern an der schlechten Luftdichtheit im Dach. Wenn man die beseitigt, ist das Problem mit geringen Kosten zu lösen. Wenn man dann noch die mehr als 30 Jahre alten Fenster austauscht, braucht es für die Wärmepumpe definitiv keine teure Fassaden-Dämmung.
Auch für ältere Häuser taugt die Wärmepumpe
Und man kann sein 40 Jahre altes Haus mit der Wärmepumpe heizen?
Definitiv. Sinnvoll ist aber auch, die bisherige Heizung weiter zu nutzen. Für die Übergangszeiten wie Oktober und März kann man sich eine Klimaanlage zulegen. Die kostet 3000 bis 5000 Euro, wird an der Außenwand montiert und heizt kostengünstiger als Öl und Gas. Diese Klima-Split Geräte könnten so ne Art Wunderwaffe der Wärmewende sein. Denn die funktionieren auch dann sehr effizient, wenn das Haus einen schlechten Wärmeschutz hat.
Und sie könnten an sonnigen Tagen von der Photovoltaikanlage auf dem Dach mit Strom versorgt werden. Aber ist es sinnvoll, als Rentner noch in Solarstrom zu investieren?
Wenn Sie Spaß an der Sache haben und etwas gegen den Klimawandel tun wollen, auf jeden Fall. Dann spielt die Rentabilität nicht die Hauptrolle. In zehn Jahren wird die Photovoltaik auf unseren Dächern so normal sein wie ein Kühlschrank in der Küche
Energie wird künftig begrenzt und teuer sein
Fachleute sagen, wir müssten uns alle daran gewöhnen, dass wir künftig nicht mehr für wenig Geld Strom und Heizungswärme in unbegrenzter Menge bekommen.
Die Jahrzehnte der konstanten Energiepreise sind nach meiner Einschätzung zu Ende. Den ersten Vorgeschmack haben wir schon bei der Ölkrise von 1973 erlebt. Jeder ist gut beraten, sich von schwankenden Energiepreisen zu entkoppeln, indem man den Verbrauch runterfährt und erneuerbare Energiequellen nutzt.
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