Burlesque-Tanz

Ein Mann, ein Stuhl, begeisterte Frauen

Von Corinna Willführburlesque-1

Lino Schubert ist 21 Jahre jung. Der junge Mann aus Rod am Berg im Hochtaunuskreis studiert in Frankfurt Architektur. Seine Leidenschaft gilt indes dem Tanz. Er ist Trainer für Rock’n’Roll beim TSC Grün-Gelb Neu-Anspach, seiner Heimatstadt. Und: Der einzige lizensierte männliche Trainer für Burlesque-Tanz in Hessen. Wo auch immer er Kurse anbietet: Sie sind stets ausgebucht.

Frivol, kokett, elegant

Alle dreh’n sich um den Stuhl. Dabei ist der doch eher Nebensache. Schließlich geht es „um Euer Körpergefühl“, ruft Lino Schubert den 24 Frauen in der Saalburghalle im Wehrheimer Ortsteil Obernhain zu. Aber erstmal um das des 21-Jährigen. Frivol, kokett, elegant, verführerisch ist es. Da gibt es keinen Zweifel. Ist doch Lino Schubert aus Rod am Berg, im „Hauptberuf“ Architekturstudent an der Frankfurter Uni, einer von nur zwei Männern neben gut zwei Dutzend Frauen, die in Deutschland lizensierte Lehrer für Burlesque sind.

Burlesque? Das machen doch Dita von Teese auf der Bühne, Christina Aquilera im Film und auch die Tänzerinnen in der Oper „Salome“ in der Dresdner Semperoper. Genau, das ist es. Was Burlesque, den es bereits in Revuen des vergangenen Jahrhunderts gab, so spannend macht, wollen die Frauen in dem Workshop des TV 1891 Obernhain erkunden. Vier Stunden wird er dauern – für alle, ob mit oder ohne Tanzerfahrung. In einer ganz Sporthalle, die einen wie alle ihrer Art ganz eigenen erotischen Charme ausstrahlt: nämlich keinen.

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Haben den Burlesque-Workshop sichtlich genossen: Silke Loll, Silke Stager, Desi Blecher und Jenny Hofmann (von links) mit Lino Schubert in ihrer Mitte. (Fotos: Willführ)

Wohlfühlen pur

„Es muss überhaupt nichts perfekt sein“, ermuntert Lino Schubert die Gruppe. „Es geht ums Wohlfühlen pur.“ Wohlfühlen auf Highheels? Das ein oder andere Seufzen geht durch die Halle. Aber Schuhe mit mindestens 7,5 Zentimeter hohen Absätzen sollten es schon sein, wenn man sich an den Burlesque wagt. Gut, im Basic-Kurs dürfen es auch weniger sein. „Highheels verbessern einfach die Haltung“, sagt Schubert – und sie wirken sexy. Seine Stilettos haben einige Zentimeter mehr.

Ach könnte frau doch auch so leichtfüßig wie der 21-Jährige in diesen laufen. Dann auch noch souverän mit den Hüften schwingen, das Becken kreisen lassen, die Hände gen Himmel erhoben locker über die Nebensache Stuhl steigen. Der ist aus Holz, hat vier Beine, eine Rückenlehne und eine Sitzfläche aus braun-gelb gemusterten Stoff, die, es sind schon einige Jahre her, Gemütlichkeit vorgeben sollte. Auf eben dieses Gestell gilt es nun kurz aufzusteigen: Mit gestrecktem Oberkörper. Und Armen, die stets in Bewegung sein sollen, beim Burlesque-Tanz. halten. Mal zum sanften Streicheln über die Innenseite der Oberschenkel. Mal zum kurzen Antippen auf den Po. Mal zum neckischen Spiel mit den Brüsten.

Spannung bis in die Fingerspitzen

„Denkt immer auch an die Hände“, wiederholt der Workshop-Trainer seine Aufforderung, „die Spannung muss bis in die Fingerspitzen gehen.“ Ach und dann der Blick. Doch nicht nach unten gucken. Flirten ist ausdrücklich erlaubt. Da kann ein Lächeln nur helfen.
„Können wir das nochmal machen?“, fragt Desi. Nicht das geringste Murren ist zu hören. Zurück in die Ausgangsposition. Die Beine übereinander schlagen, den Kopf leicht senken, warten bis Jenny Hoffman per Computer zum X-Ten Mal den Song von Cher „Welcome to Burlesque“ aus dem Film startet, mit dem die Choreographie beginnt. Cross-Step, Booty-Shake, Shimmy. „Ich glaub es nicht, wie synchron ihr seid“.

Konzentration, Spannung, Wiederholung: Kann denn das Spaß machen? Aber wie! „Ich habe den Film gesehen und wollte mir ein paar Tricks abgucken“, sagt Justine. Mit 18 Jahren gehört sie zu den jüngsten Teilnehmerinnen des Workshops. „Ich habe immer gerne getanzt, mache auch Aerobic, aber das ist mal was anderes“, findet die 61-Jährige Luise als älteste Teilnehmerin.

Burlesque war auch „mal was Anderes“ für Lino Schubert. „Am Anfang auch nur ein Spaß.“ Bereits mit acht Jahren habe er angefangen, Rock’n‘ Roll zu tanzen. „Das lag an meiner Schwester Lisa. Die war damals Zwölf.“ Seit vier Jahren ist er beim TSC Grün-Gelb Neu-Anspach Trainer für Rock’n‘Roll. Und jetzt der einzige linzensierte Trainer für Burlesque in Hessen. Rechtes Bein über das Linke, rechte Hand über die Linke, die bereits auf dem Knie liegt: Den Blick geradeaus gerichtet. „Und was nehmt ihr jetzt mit?“, fragt Lino Schubert mit einem Augenzwinkern in den Saal. „Sicher Muskelkater“, gibt er selbst die Antwort. Aber einen, der mit einem ziemlich guten Körpergefühl verbunden ist.

Lino Fernando Schubert bietet erst im nächsten Jahr wieder Burlesque-Kurse an. Zum Vormerken für die Fans von Hip Hop und Street Dance: Am 29. Oktober von 14 bis 16 Uhr ebenfalls in der Saalburghalle der Workshop mit der Dance-Trainerin Alina Wagner. Anmeldungen unter groos-wagner@t-online.de

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