Das Rockenberger Gräberfeld
Von Bruno Rieb
Von einer „außergewöhnlichen Grabung“ spricht der Wetterauer Kreisarchäologe Jörg Lindenthal. Hardy Prison, Bezirksarchäologe Wetteraukreis beim Hessischen Landesamt für Denkmalpflege, berichtet von Funden, „die es kaum noch ein zweites Mal in Europa gibt“. In Rockenberg haben die Archäologen ein Gräberfeld erforscht, in dem im 4. und 5. Jahrhundert Menschen bestattet wurden – die Zeit vom Abzug der Römer um 260 bis zum 5. Jahrhundert ist bislang wenig erforscht.In hohem Schlamm bargen Mitarbeiter der Landesarchäologie am letzten Grabungstag (Freitag, 20. Mai 2022) aus einem Grab noch eine 50 mal 70 Zentimeter große Holzkiste. Ein Unwetter hatte die Grabungsfläche in Matsch verwandelt. Das Grab selbst war 2,50 Meter mal 2,50 Meter groß und ursprünglich mit Holz abgedeckt. Ein junger Mann war hier zur letzten Ruhe gebettet worden, offenbar vermögend, wie die Grabbeigaben zeigen: ein bronzener Kolbenarmhalsreif wie er laut Prison in Europa bislang nur zweimal gefunden wurde, ein spätrömischer Militärgürtel, eine Tasche mit römischen Silbermünzen, eine Axt und römische Soldatenschuhe.
Über 400 Bestattungen
In unmittelbarer Nähe des jungen Mannes war ein Bogenschütze bestattet, auch er mit reichen Beigaben. An einem Finger trug er noch einen Silberring und im beigelegten Köcher steckten noch Pfeile. Nahe auch des Grab einer offenbar wohlhabenden Frau. Es könnte sich um die Eltern des jungen Mannes handeln, vermutet Prison.
Insgesamt 334 Brandbestattungen und 71 Körperbestattungen sind laut Prison auf dem Rockenberger Gräberfeld entdeckt worden. Es ist ein geplantes Neubaugebiet zwischen Rockenberg und Oppershofen in Höhe des Edeka-Marktes. Das Gelände fällt zur Wetter hin ab. Oben hatte einmal eine römische Villa gestanden. Einstige Felder des römisches Gutshofes wurden später zum Friedhof. Ein Grab war mit Steinen abgedeckt, die aus der Römer-Valli stammten, das sei am Mörtel an den Steinen zu erkennen, sagt Prison.
Bislang wenige Gräber aus alamannischer Zeit entdeckt
Aus der Zeit nach dem Rückzug der Römer bis ins 5. Jahrhundert gibt es bislang wenig Funde. Die Römer haben sich vermutlich ab 260 über zehn Jahre hinweg aus der Wetterau zurückgezogen, vermutet Lindenthal. Nach den Römern wanderten die Alamannen ein. Vielleicht seien auch Germanen geblieben, die schon unter den Römern hier gelebt hatten. Die Alamannen wurden 496/97 von den Franken besiegt und die Wetterau wurde fränkisch. Aus fränkischer Zeit gibt es laut Lindenthal in der Wetterau viele Gräber, aus alamannischer Zeit seien bislang nur wenige gefunden worden. „Menschen aus genau jener Zeit lebten hier“, stellt er erfreut fest.
Unter den gut 400 Gräbern sind auch viele von Schwertträgern und sogar seltene Kinderbestattungen. Viele Knochen sind gut erhalten, so dass geklärt werden kann, woher die Menschen kamen, die hier nach den Römern siedelten. DNA-Untersuchungen können auch Aufschluss über Verwandtschaft geben. Etwa, ob der neben dem Grab des jungen Mannes beerdigt Bogenschütze und die Frau tatsächlich dessen Eltern sind.
Im Baucontainer neben den Ausgrabungen präsentierte Prison einige bereits aufbereitete Funde aus den Gräbern: eine große Vase, ein kleiner Trinkbecher, eine Bronzeschüssel, der Silberring vom Finger des Bogenschützen und Silberschmuck. Was sich in der Holzkiste aus dem Grab des jungen Mannes befindet, ist noch nicht bekannt. Die Kiste wird erst geöffnet, wenn sie sicher geborgen ist. Um sie unbeschädigt aus dem Grab zu holen, wurde sie dick mit Kunststofffolie umwickelt. Es werde noch lange dauern, bis die Funde aus dem Rockenberger Gräberfeld alle aufgearbeitet und ausgewertet sind, sagt Prison.
Danke an Sascha Pifko und den SPAU-Team für die tolle Arbeit, die Kreis- und Bezirksarchäologen nun auswerten können.
Schade, dass die Firmenarchäologie in diesem Artikel so gar keine Erwähnung findet – immerhin wurde ein Großteil der Fläche durch die SPAU GmbH gegraben.
Klingt weder nach guter Zusammenarbeit in der Archäologie noch nach gründlicher Recherche für den Artikel.