Klassentreffen
Von Bruno Rieb
Gehört ein Klassentreffen der Jahrgänge 1953/54 in die Rubrik „Alles Gute“? Schauen wir mal, wie sich die Versammlung betagter Ex-Schüler hier macht.
Erinnerungslücken
Wenn sich Leute treffen, die vor 50 Jahren in eine fünfte Realschulklasse gesteckt wurden und fünf Jahre lang Deutsch, Mathe, Ausflüge und noch viel mehr durchlebt und durchlitten haben, dann gibt es viel zu erzählen. Ob ich es gewesen sei, der mit ihr während der Klassenfahrt nach Berlin durch den Wannsee geschwommen sei, fragt mich die Frau gegenüber. „Ich glaube nicht“, sage ich. Die Berlin-Reise war die Fahrt am Ende unserer Realschulkarriere. Ich kann mich nicht erinnern, dass wird damals am Wannsee gewesen sind. Und wer ist überhaupt diese Frau? Ganz vage kommt sie mir bekannt vor. Ob sie in der Klasse vor mir gesessen hat, frage ich. „Ich habe ganz vorne gesessen. Ich war deine Lehrerin“, antwortet sie. Sie hat sich gut gehalten. Das muss am Schwimmen liegen.
Scheidungen und Infarkte
Mehr als über die gemeinsame Schulzeit wird über das gesprochen, was man seither erlebt und durchlebt hat. Viel wird von den weniger erfreulichen Seiten erzählt. „Wie oft bis du geschieden?“ ist ein Thema. Die einen haben den Kollaps ihrer Beziehung hinter sich, die anderen einen Infarkt ihres Herzens, manche beides. Herzinfarkte werden ausführlich, beinahe wie abenteuerliche Ausflüge auf die Intensivstation, geschildert. Bei den Scheidungen ist man eher wortkarg.
Neuer Rhythmus
Ein neuer Rhythmus der Klassentreffen wird erwogen: Alle fünf statt alle zehn Jahre. Die Infarkt-Frequenz spricht für den kürzeren Rhythmus. Mein Erinnerungsvermögen auch.
Bis dahin
Alles Gute!
Lieber Bruno Rieb,
deine Story über das Klassentreffen hat Freude bereitet. Kommt mir alles bekannt vor. Vor einigen Jahren hatten wir uns nach 50 Jahren wiedergesehen. Ich war richtig erschrocken – alles uralte Leute. In grenzenloser Realitätsverweigerung fühlte ich mich im Kreise meiner alten Klassenkumpel völlig deplatziert.
Schöne Geschichte findet
Peter Gwiasda