Neue Dauerausstellung in Frankfurt
Von Detlef Sundermann
Die Zahl der Radioapparate, mit ihren elfenbeinfarbenen Tastenreihen und der schummerig gelblich beleuchtenden Glasscheibe mit Reiselust weckenden Ortsnamen darauf, ist kleiner geworden. Auch der begehbare Zugwaggon, in dem einst Postler Briefe und Päckchen sortierten, ist verschwunden. Nach gut 13 Jahren präsentiert das Museum für Kommunikation nun eine neue Dauerausstellung.
Neues im Museum für Kommunikation
Mehrere Monate dauerte der Umbau. Das einstige Sammelsurium aus Post-, Radio- und Fernsehen- sowie Telefongeschichte ist weitgehend einem neuen Konzept gewichen. Die „Mediengeschichte/n neu erzählt!“ lautet der Titel. Es lässt sich auch sagen, anders erzählt. Das Haus am Schaumainkai 53 in Frankfurt gehört zur Museumsstiftung Post und Telekommunikation, die ein weiteres Museum in Berlin und Nürnberg unterhält. Laut Helmut Gold, Direktor des Museums in Frankfurt, ist die Konzeption eigenständig und weicht damit ab von der in den beiden anderen Häusern.
Die Dauerausstellung auf 2500 Quadratmetern verwirft den klassischen chronologischen Aufbau. Das Ausstellungsspektrum wird in 44 Themeninseln dargestellt, jede davon gibt einen Ausschnitt aus der Mediengeschichte wieder. In vier Gruppen werden die Themen gefasst: Beschleunigung, Vernetzung, Kontrolle und Teilhabe. Die Entwicklung der Kommunikationstechnik vom Morsetelegrafen über das Telefon bis hin zum Internet steht für die Beschleunigung. Vernetzung wird als Ausbreitung der Medien wie das Telefon oder das „Netz“ aufbereitet. Radio und Fernsehen stehen für Teilhabe. Beim Kapitel Kontrolle wird etwa die in alle Lebensbereiche eindringende Digitalisierung und die Medienzensur beleuchtet etwa mit an geheimen Orten hergestellten Schallplatten aus nicht mehr benötigten Röntgenbildern, auf denen so zur Zeit der Sowjetunion von Staatswegen verbotene Musik verbreitet wurde. 30 Themeninseln laden den Besucher im unterschiedlichen Umfang zur Interaktion ein – telefonieren mit dem historischen Fernsprecher inklusive. In einer halboffenen Sprecherkabine kann der Besucher sogar anderen seine Mediengeschichte mitteilen, nach redaktioneller Kontrolle.
Eine andere Facette der Kommunikation wird mit der neuen Abteilung „KunstRäume“ geöffnet. Im Wechsel von zwei Jahren sollen dort die Exponate ausgetauscht werden. Zurzeit sind unter „SlowDown“ Arbeiten von Susanne Neumann, Veronika Olma und Natascha Borowsky zu sehen. Überdies hat die Museumsstiftung Post und Telekommunikation ihr Magazin für Frankfurt geöffnet und etwa Joseph Beuys „Fadentelefon“, das „Wrapped Payphone“ von Christo und Jeanne-Claude sowie Gabriele Münters Gemälde „Der blaue See“ in einem separaten, objektschonend beleuchteten Raum ausgestellt.
Wie die Zukunft der Kommunikation und Digitalisierung in 30 Jahren aussehen könnte, erzählen in einer anderen Abteilung 21 Personen aus verschiedenen beruflichen Sparten, darunter auch Bekanntheiten wie Barbara Hans, Chefredakteurin bei Spiegel-Online, oder den Andrea Astrid Voßhoff, Beauftragte der Bundesregierung für Datenschutz. Später sollen auch Besucher ihre Zukunftsvorstellungen für alle abrufbar äußern können. Allerdings räumt Museumschef Gold ein, manches des jetzt Gesagten werde bereits in wenigen Jahren Makulatur sein.
Stärken und Schwächen
Der Blick in die Glaskugel der 21 Personen zur digitalen Zukunft bringt Aspekte hervor, über die sich diskutieren lässt, würde sich denn lohnen. Weiß die Post doch aus ihrer eigenen Geschichte seit dem Kutschenzeitalter, mit welchen Jubel- und Unkenrufen ihre Neuerungen von der Öffentlichkeit und Fachleuten kommentiert worden sind. Und was ist daraus jeweils geworden? Dass den 21 Köpfen ein Expertenstatus zugewiesen wird, sollte die Skepsis nicht schwinden lassen. Wie schwer tun sich doch Meteorologen schon bei der Wettervorhersage für Morgen?
Was über mehr als ein Jahrzehnt im Tiefgeschoss des Museums gezeigt wurde, war die Geschichte der Post in den vielen Sparten wie Transport, Telefon oder Ton- und Bildübertragung und das – je nach persönlichem Empfinden – nicht optimal sortiert und beleuchtet. Museumspädagogische Zeitpfade muss der Besucher nun nicht mehr gehen. Er kann sich nach eigener Interessenlage Themen erschließen, deren Darstellung für sich stehen und eher Anspruch auf eine populäre Wiedergabe erhebt denn auf eine vollständige oder tiefgründige.
Auch wurde die Techniklastigkeit erheblich reduziert, zugunsten einer Darstellung der Technik im gesellschaftlichen und sozialen Kontext. Und so sieht man nicht allein eine herrlich restaurierte Postkutsche. Man erfährt auch, dass die Stadt Speyer ein Nacht-Kutschen-Verbot verhängte. Oder man liest über den motorisierten Postbus von 1905, er sei von Bad Tölzer „Wutbürgern“ einmal unter Beschuss genommen worden, um das stinkende, lärmende Vehikel aus der Stadt zu jagen. Die Einschüsse in der Karosserie sind leider ausgedellt worden. Technikfreunde werden hingegen die einstmals opulente Häufung feinmechanischer, elektrischer oder elektronischer Apparate vermissen. Jedoch tröstend: Einmal im Monat freitags kann es zu einem Wiedersehen kommen, wenn das Museum sein Archiv in Heusenstamm für das Publikum öffnet. Dort steht übrigens auch der Postwaggon.
Mit dem neuen Konzept wird das Museum ein breiteres Publikumsinteresse ansprechen – in der Aufbereitung von vielen Themen und der Hinzunahme von Neuem wie der Kunst. Familien- und schulklassenfreundlich ist die neue Dauerausstellung allemal geblieben, nicht zuletzt, weil die Besucher sich weiterhin nicht allein aufs Gucken beschränken müssen.
Weitere Informationen: www.mfk-frankfurt.de