Arts in Minigolf
von Michael Schlag
Euch kann ich es ja gestehen: Ich liebe Minigolf. Immer nette Stimmung, Familien mit ihren Kindern und mit den Alten, es kostet nicht viel, einfache Regeln, jeder kann mitmachen. Ein perfekter Sonntag im Sommer sieht für mich so aus: Viel Sonne, Fahrradtour mit einem alten Freund – und dann irgendwo eine Partie Minigolf. Das gibt es überall, im Taunus, an der Ostsee – aber so etwas Verrücktes wie auf dem Tempelhofer Feld in Berlin hatte ich noch nicht erlebt.
Mini Art beim Minigolf
Es sieht ein wenig aus wie ein Rummelplatz, dann wieder wie ein Stück freie Natur, dann wie ein liebevolles Gesamtkunstwerk. Und dazwischen die Minigolf-Bahnen: jede ein Unikat, jede nur für diesen Platz geschaffen von Künstlern aus aller Welt. „Nuture Art“ nennt sich das, eine Wortkombination aus Nature und Future, insgesamt „eine einzigartige Verschmelzung von Natur, Zukunft, Kunst & Spiel“, so die Selbstbeschreibung. Zu finden ist die Anlage am nördlichen Rand des Tempelhofer Felds in Berlin. Aus schnödem Minigolf wird hier Mini Art.
Energie, Poesie und Funktion
Bahn 4 heißt „Communication“, geschaffen von dem bildenden Künstler Christoph Ernst. Es geht um Energie und Elemente, um Poesie und Funktion. Erstmal muss man sich aber anschauen, was mit Golfball und Schläger eigentlich zu tun ist. Manchmal geht das hier dreidimensional, manchmal muss man noch irgendwo was drehen, was kurbeln oder kippen, um über den Parcours zu kommen.
Flammen, Seifenblasen und Musik
Und oft setzt man was in Gang, wenn der Golfball ins Loch fällt, eine Flamme geht an, Seifenblasen ziehen über das Feld, Musik spielt los. Bahn 17 heißt „Nightclubbing“ mit DJ Black Magic Voodoo. Es sieht aus wie eine Rennbahn, die Reifenstapel sind aber gestapelte alte Vinylschallplatten. An denen muss man erstmal vorbei, dann den Schalter am Plattenspieler treffen. Und dann dreht sich die Scheibe, Musik und Stroboskoplicht gehen los. Geschaffen von dem Schweizer Künstler Walter Wetter.
Fleischwölfe schlagen zurück
Andere Bahnen machen es einem schwerer. Auf Bahn 8 drehen sich plötzlich die Fleischwölfe und schießen mit kleinen Morgensternen den Ball zurück. Auf Bahn 2 dann wieder ganz meditativ (man muss hier nicht der Reihe nach vorgehen, wenn viel Betrieb ist, spielt man halt kreuz und quer, wo gerade Platz ist). Ziel ist das Loch in der Mitte der sieben Energie-Figuren, hat was mit asiatischer Mythologie zu tun. Geschaffen von der koreanischen Bildhauerin Guisun Jang.
Minigolf durch die Rohrpost
Die Anlage wandelt sich ständig, es gibt immer wieder neue Installationen, Bahn 10 kam erst kürzlich dazu: Hat man die erste Hürde genommen, geht ein Staubsaugermotor an und befördert den Ball durch eine transparente Rohrpost mehrmals rauf und runter, vor und zurück. Die Kinder kriegen gar nicht genug davon, die Erwachsenen auch nicht. Fliegt der Ball am Ende aus dem Röhrengewirr, ist er mit etwas Glück auch schon drin. „Whole in one“ nennt man das. Andere Bahnen sind mit zehn Schlägen eigentlich gar nicht zu schaffen, aber darauf kommt es hier nicht an.
Alles aus Schrott gebaut
Bei manchen Bahnen kommt es beim Abschlag auf die genaue Richtung an, bei anderen vor allem auf die wohldosierte Energie. Bahn 13 heißt „Die Umweltampel“. Schlägt man den Ball zu hart, landet er in Rot, zurück auf Anfang. Schlägt man zu zögerlich, landet er in Orange, überwindet zwar das Hindernis, aber es bleiben noch Barrieren bis zum Ziel. Findet man aber das rechte Maß, schlägt dynamisch mit Gefühl, landet der Ball im Grün der Ampel und rollt direkt zum Ziel. Geschaffen wurde das Kunstwerk von Cornelius Perino, freischaffender Künstler in Berlin. Und wo wir gerade bei Umwelt sind. Alle Bahnen sind nur aus Schrott gebaut, mit sehr viel Phantasie ausgedacht, verschweißt und verschraubt – mit Null Verschwendung von Ressourcen.
„Nuture Art“, so nochmal die eigene Beschreibung, „hat sich zum Ziel gesetzt, eine Verbindung von Kunst mit Natur, Wissenschaft und Technik auf eine einzigartige und spielerische Art zu fördern“. Das ist gelungen, super gemacht, und man hat eine Menge Spaß dabei.
Titelbild: Die Minigolf-Anlage Nuture Art am nördlichen Rand des Tempelhofer Felds.
Fotos: Andreas Löhr