Heimatverein eröffnet digitales Museum
Der Hungener Stadtteil Obbornhofen hat ein digitales Museum. Der Heimatverein Obbornhofen, der das digitale Museum betreibt, spricht von einem „in Mittelhessen einzigartigen Projek“.Video-Interviews mit Zeitzeugen
Die Dorfgeschichte wird mit diesem Museum digital erlebbar gemacht. Der virtuelle Rundgang führt zu historischen Gebäuden und Orten, die für die Dorfgeschiche wichtig sind. Professionelle Video-Interviews mit Zeitzeugen geben einen einzigartigen Einblick in die Geschichte der Gemeinde.
Die Route des Rundgangs führt vom Heimatmuseum über das Rathaus, die Kirche, die Obbornquelle, das Hofgut und die Synagoge zum jüdischen Friedhof. An den einzelnen Stationen können mittels QR-Code Informationen über den Standort und die Video-Interviews abgerufen werden.
Das jüdische Leben zum Beispiel
An der Synagoge erfährt man zum Beispiel, dass es seit dem frühen 17. Jahrhundert jüdische Einwohner in Obbornhofen gegeben hat. Das Wohnhaus in der Kommenturgasse 9 war einst die Synagoge. Sie konnte bis zu 60 Personen fassen. Um 1900 gab es in Obbornhofen zwei jüdische Familien: einen Viehhändler und einen „Spezereiwarenhändler“ (Krämer). Zu diesem Zeitpunkt war der Anteil der Juden im Ort bereits stark zurückgegangen. Viele waren in die USA ausgewandert, um der schlechten Versorgungslage und Armut zu entgehen. Obwohl Obbornhofen nur wenige jüdische Einwohner hatte, diente es – wegen seiner Lage – doch zeitweise als Zentrum für andere jüdische Einwohner der umliegenden Orte. Es gab enge Verbindungen zu Bellersheim und Wohnbach, wo der Anteil der jüdischen Bevölkerung bedeutend höher war.
Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 änderte sich die Situation dramatisch. Sofort setzten Repressionen ein. Der jüdische Krämerladen wurde boykottiert. Bis 1938 hatten die jüdischen Einwohner das Dorf unter dem Druck der nationalsozialistischen Rassegesetze verlassen. Der jüdische Friedhof wurde wie die Synagoge am 9. November 1938 im Zuge der Pogromnacht zerstört. Grabsteine wurden umgeworfen und zerbrochen. Nach dem Ende des Krieges wurde der Friedhof wieder hergerichtet. Das Gebäude der Synagoge wurde zum Wohnhaus. Als Zeitzeuge erinnert sich Oswald Henzel im Videointerview an die Pogromnacht.
Aus der Vergangneheit die Zukunft gestalten
Zur Eröffnung seines digitalen Museums konnte der Heimatverein Obbornhofen viele Gäste begrüßen: Ortsvorsteher Steffen Wolf, Kurt Hillgärtner vom Fördermittelgeber „Region GießenerLand e.V.“, Sabine Scheele-Brenne vom Verbund mittelhessischer Museen, Beate Schimko von den LandKulturPerlen, Sabine Raßner vom Oberhessischen Geschichtsverein, Hubert Meyer und Paul Krappatsch vom „Geschichtsverein für Butzbach und Umgebung“, Margitta und Erich Handloser vom Heimatverein Beuern und Gunter Schmidt vom Heimatmuseum Nidda.
Der Heimatverein, der das Heimatmuseum betreibt, ist 1967 gegründet worden. Ortsvorsteher Steffen Wolf lobte das Engagement des Vereins und die Kooperation mit dem Büro „Die Zukunftsoptimisten”, das mit Katrin Hitziggrad als Coachin den Verein seit zwei Jahren begleitet. „Aus der Vergangenheit über die Gegenwart die Zukunft gestalten“ ist das neue Leitbild des Heimatvereins Obbornhofen, sagte Katrin Hitziggrad. Das digitale Museum ist erste konkrete Maßnahme aus dem Konzept. Es wurde wurde in Zusammenarbeit mit der „Geschichtsmanufaktur Kutzner”erstellt. „Das Digitale Museum verbindet die Geschichte von aktuell fünf Zeitzeugen und macht sie auf einem Rundgang durch Obbornhofen über QR-Code erfahr- und erlebbar“, erläuterte so Dr. Maximilian Kutzner, der das Digitale Museum als promovierter Historiker begleitete. „Ohne einen hohen Förderzuschuss von GießenerLand e.V. wäre dieses Vorhaben nicht machbar gewesen“, betont der Verein.
Das digitale Museum kann hier besucht werden: digitales-museum-obbornhofen.de
Titelbild: Sie blicken stolz auf ihr digitales Museum (von links): Eberhard Müller vom Vorstand des Heimatvereins Obbornhofen, die Cochin von „Die Zukunftsoptimistten“ Katrin Hitziggrad, Dr. Maximilian Kutzner von der Geschichtmanufaktur und Johannes Fritzsche vom Vorstand des Heimatvereins Obbornhofen. (Foto: Heimatverein Obbornhofen)