Baumschnitt

Bei Stadtbäumen oft flasch

Über Jahre hinweg sind die Stadtbäume in Altenstadt zumeist völlig falsch geschnitten worden, kritisiert der Ortsverband Altenstadt des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (Bund). Dicke Äste seien „regelrecht verstümmelt und amputiert“ worden. Der Ortsverband hatte den zertifizierten Baumkontrolleur und Baumpfleger Karsten Jocksch zu einem Vortrag eingeladen, in dem er erklärte, wie es richtig gemacht wird.

Bäume brauchen jedes Blatt

Durch falschen Schnitt bilden die Bäume eine Art Nottrieb. Diese Triebe sind aber nicht stabil und können abbrechen können. „Damit macht man sich erst recht mehr Arbeit, als wenn man es richtigmachen würde“, schreibt der Vorsitzende des Bund-Ortsverbandes Werner Neumann in einer Pressemitteilung.

Karsten Jocksch, der als Baumkontrolleur einige zehntausend Bäume, vom einfachen Straßenbaum bis hin zu Denkmal Geschützen Baumriesen bundesweit betreut, zeigte laut Neumann gleich gleich auf, wo das Problem liegt. Der Eigentümer, meist die Kommune, ist zur Verkehrssicherung nach Paragraf 823 Bürgerliches Gesetzbuch verpflichtet; kurz: dass niemandem Äste auf den Kopf fallen. Dies führe zu einer Angst bei den Verantwortlichen und den Ausführenden. Es werde einfach zu viel und falsch abgeschnitten.

„Weniger ist mehr. Die Bäume brauchen jedes Blatt“, sagte Jocksch, denn wenn man ihnen ihre Grundlage raube, wüchsen sie falsch oder gingen weg ein. „Baumkrone und Wurzelwerk müssen im Einklang miteinander stehen“, sagte Jocksch und empfahl zunächst immer auf eine ganzheitliche Untersuchung des Baumes auf dessen Wurzelzustand, Risse in der Rinde, Vorkommen von Pilzen zu achten. Die Wurzeln würden aber oft durch Bauarbeiten (Strom, Wasser, Glasfaser) geschädigt, die Bäume würden mit Pflaster oder Steinen eingemauert, so dass diese kaum noch Wasser erhalten könnten.

Falscher Schnitt ist wie Sachbeschädigung

Eine weitere wichtige Erkenntnis von Jocksch ist laut Neumann: „Wenn man die Bäume richtig pflanzt, pflegt und schneidet, dann wachsen diese stabil und man hat dann einige Jahre weniger Arbeit. Umgekehrt verursacht man erst die Probleme, die einem dann zu schaffen machen“. Wenn also dickere Äste einfach gekappt würden, treibe der Baum so genannte „Adventivknospen“ aus, um sich zu erhalten. Um die Schnittstelle kämen neue Triebe heraus. Die Bäume bekämmen ein „wuscheliges“ Aussehen, aber die neuen „Klebeäste“, die auch „Reiterate“ genannt werden, seien nicht richtig im Baum verankert und brächen eher ab, je größer sie werden. So ein falscher Schnitt könne somit auch als Sachbeschädigung aufgefasst werden, denn es könnten an den Schnittstellen dann Pilze eindringen.

Es sei daher erstaunlich, dass dies nicht nur von Nicht-Fachleuten sondern auch von Firmen durchgeführt werde, die quasi alles können, (Hausmeisterdienste, Reinigung, Baumschnitt). „Karsten Jocksch zeigte sich daher auch verwundert, dass solche Firmen durch Kommunen beauftragt werden, hohe Folgekosten verursachen und die teils auch noch ohne vorgeschriebene Schutzkleidung – in kurzen Hosen und Turnschuhen – arbeiten“, berichtet Neumann.

Dieser Baum wurde richtg ausgeschnitten. (Bildquelle: Leitsch)
Weniger ist mehr

Der Baumkontrolleur erklärte, wie man es richtig macht. Er zeigte zwei Fotos von einen Baum vor und nach dem Schnitt. Auf den ersten Blick war kaum ein Unterschied zu sehen, obwohl etwa 20 Prozent der Äste herausgeschnitten worden waren. Es waren Totholz, reibende Äste, Äste, die instabil sind. „Richtiger Baumschnitt von Stadtbäumen ist auch einfacher als man denkt. Denn es gibt ein Regelwerk. Dieses heißt ZTV Baumpflege von der „Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V.“, es kostet nur 39 Euro und zudem kann man unter anderem bei Karsten Jocksch (Baum hoch 4 GmbH, aber auch anderen Firmen) Fortbildungskurse besuchen“, berichtet Neumann. „Im Regelwerk steht alles genau drin. Man muss es nur anwenden. Kommunen sollten es als Grundlage für die Ausschreibung nehmen. Und auch Firmen nach Referenzen fragen sowie Firmen in Regress nehmen, die sich nicht daranhalten“, sagte Jocksch laut Neumann.

Jocksch hat mit der Baumpflege in Nidderau gute Erfahrungen gemacht. Deshalb will sich der Bund Altenstadt das mal ansehen. „Denn wir wollen ja, dass sich gute Beispiele verbreiten, dass die Kommunen und ihre Bauhöfe voneinander lernen. Denn, wenn man durch die Wetterau und andere Landkreise fährt, scheint sich die Methode des Baumfrevels durch Kappung von Bäumen leider weit verbreitet zu haben“, schreibt Neumann. In Zeiten des Klimawandels seien wir auf jeden größeren Baum angewiesen, für die Bildung von Sauerstoff, die Schattenspendung, das Kleinklima durch Verdunstung und die Bindung von Kohlenstoff sowie Speicherung von Wasser.

Der Bund wolle den Dialog mit der Gemeinde Altenstadt suchen, damit künftig die Bäume in Altenstadt nur noch nach dem Regelwerk geschnitten werden.

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