Betreuung mit Familienanschluss
Die Stadt Gießen fördert und subventioniert die Kindertagespflege. 60 ausgebildete Tagesmütter -väter und gibt es inzwischen. Im April startet der nächste Ausbildungskurs. Ein Interview dazu mit Brita Ratzel (Foto), Geschäftsführerin des Vereins „Eltern helfen Eltern“.
Freude am Umgang mit Kindern
Kita oder Tagespflege für die Betreuung seines Kindes? In der Stadt Gießen sind beide Formen möglich und werden gleichermaßen gefördert und subventioniert. Dank einer Kooperation zwischen dem städtischen Jugendamt, dem Verein „Eltern helfen Eltern e.V.“ und der evangelischen Familienbildungsstätte gibt es in Gießen mittlerweile ca. 60 ausgebildete Tagesmütter und-väter. Am 12. April startet der nächste Ausbildungskurs zur Kindertagespflegeperson. Mit der Geschäftsführerin des Vereins „Eltern helfen Eltern e.V.“ Brita Ratzel, sprachen wir über die Voraussetzungen, die Inhalte und die Perspektiven dieses Berufsfeldes.
Landbote: Welche Funktion übernimmt Ihr Verein in der Kooperation?
Ratzel: Wir sind das Tagespflegebüro für die Stadt Gießen und damit erster Ansprechpartner sowohl für zukünftige Tagesmütter und-väter als auch für Eltern, die eine Tagesbetreuung für ihr Kind suchen. Wir informieren, beraten und vermitteln.
Welche Voraussetzungen sollte man erfüllen, um an der Fortbildung zur Kindertagespflege teilnehmen zu können?
Die beste Voraussetzung ist, dass jemand Freude am Umgang mit Kindern hat und bereit ist sich dafür zu qualifizieren. Das zeigt uns ja schon, dass jemand einen verantwortungsvollen Umgang damit haben bzw. lernen möchte. Im Erstgespräch gilt es dann die persönliche Motivation, das Arbeitsprofil, das häusliche Umfeld, aber auch steuerliche und rechtliche Fragen zu klären.
Erteilen Sie auch schon mal eine Absage?
In der Regel ergibt sich das schon im Erstgespräch. Es gibt ja klare Vorgaben, die erfüllt sein müssen. Sonst erteilt das Jugendamt keine Pflegeerlaubnis. Es geht auch nicht darum eine Absage zu teilen, sondern vielmehr gemeinsam herauszufinden, ob es für den Bewerber eine Perspektive gibt in der Tagespflege zu arbeiten.
Wenn jetzt ein Bewerber die Voraussetzungen mitbringt, wie geht es dann weiter?
Dann melden wir den Bewerber für die Grundqualifizierung an. Diese Aufgabe übernimmt hier in Gießen die ev. Familienbildungsstätte. Das sind insgesamt 160 Unterrichtsstunden, die an zwei Vormittagen in der Woche und an einigen Samstagen stattfinden. Hier lernen die zukünftigen Tagesmütter und- väter Grundlagen in Pädagogik, Entwicklungspsychologie und Methoden, die bei der Entwicklung, Erziehung und Förderung von Kindern wichtig sind. Zum Kurs gehört auch eine Hospitation von 30 Stunden in einer U3-Kita und die Teilnahme an einem Erst-Hilfe Kurs für Säuglinge und Kleinkinder.
Welche Kosten kommen auf die zukünftigen Tagespflegepersonen zu?
Keine. Das komplette Ausbildungs-Paket ist kostenlos. Die Teilnehmer müssen sich auch nicht selbst um den Erste Hilfe Kurs kümmern.
Wie viel verdient man als Tagesmutter oder Tagesvater in Gießen?
Laut Satzung der Stadt gibt es derzeit 3,05 Euro pro Kind und pro Stunde. Zusätzlich gibt es monatliche Fördergelder des Landes sowie Zuschüsse zu einer Altersvorsorge und Krankenversicherung plus die Kostenübernahme der Unfallversicherung. Nach den gesetzlichen Vorgaben und je nach Räumlichkeiten und Berufserfahrung darf eine Tagesmutter bzw. Tagesvater bis zu fünf Tageskindern betreuen.
Reich wird man damit aber nicht!
Das stimmt. Die Bezahlung kann nicht die Motivation sein. Aber unsere Erfahrung in den letzten acht Jahren hat gezeigt, dass es Lebensmodelle gibt, wo das einfach gut passt. Man sollte auch die Vorteile dieser Selbstständigkeit nicht unterschätzen: Die Möglichkeit Beruf und Betreuung der eigenen Kinder gut miteinander zu vereinbaren und eine verantwortungsvolle Arbeit in den eigenen vier Wänden.
Halten Sie als Verein nach der Ausbildung Kontakt zu den Absolventen?
Auf jeden Fall. Dann beginnt ja erst unsere intensive Zusammenarbeit. Wir bleiben Ansprechpartner für Fragen rund um das Thema Kindertagespflege, vermitteln an suchende Eltern und machen regelmäßig Hausbesuche. Außerdem ist die jährliche Teilnahme an Aufbauqualifizierungen für die Tagesmütter und -väter Pflicht.
Ist für Sie die Tagespflege, zumindest für die Gruppe der bis zu dreijährigen, die bessere Alternative?
Das wäre mir zu dogmatisch. Beide Betreuungsformen haben ihre Stärken. Kinder erleben in der Tagespflege natürlich die Kombination von familiärem Umfeld und fachlicher Kompetenz. Das ist unsere Stärke. Am Ende entscheiden die Eltern, was für ihr Kind und sie am besten ist. Und in Gießen können sie entscheiden, weil sie die Alternative haben.
Der nächste Qualifizierungskurs in Gießen beginnt am 12. April 2016. Infos und Anmeldung bitte bis 24. Februar an „Eltern helfen Eltern e.V.“ Telefon 0641/33 33 0 oder per Mail info@ehe-giessen.de