Waldzustand Hessen

Den Bäumen geht es weiter schlecht

Hessens Wälder sind weiter in einem schlechten Zustand. „In den vergangenen zwei Jahren hat sich der Vitalitätszustand leider nur minimal verbessern können“, stellte die Hessische Forstminister Ingmar Jung fest, als sie am Mittwoch, 19. November 2025, den Waldzustandsbericht 2025 vorstellte. Dem Naturschutzbund (Nabu) Hessen greift der Bericht zu kurz. „Nach wie vor werden lediglich Bäume betrachtet, obwohl der Wald nur als Lebensgemeinschaft vieler Tiere und Pflanzen eine Zukunft hat“, kritisiert Nabu-Waldexperte Mark Harthun.

Wald ans Klima anpassen

Der langfristige Waldumbau hin zu klimastabileren Wäldern werde durch die hessische Landesregierung weiterhin zielgerichtet vorangetrieben, verspricht Forstminister Jung. Der langfristige Erwärmungstrend setze sich ungebrochen fort: Das Vegetationsjahr 2024/2025 (Oktober 2024 – September 2025) sei mit einer Mitteltemperatur von 10,1 Gad wieder eines der wärmsten Jahre seit Auswertungsbeginn (1961) gewesen. Die Niederschlagssumme habe im Flächenmittel von Hessen knapp 650 Millimeter betragen und liege damit nur bei rund 80 Prozent der langjährigen Niederschlagsmenge. Von Februar bis Anfang Juli habe es zudem eine ausgeprägte fünfmonatige Trockenperiode gegeben.

Im Jahr 2025 sei die mittlere Kronenverlichtung aller Baumarten und Altersstufen auch aufgrund gut gefüllter Wasserspeicher zu Vegetationsbeginn geringfügig um einen Prozentpunkt auf 27 Prozent zurückgegangen. Sie verbleibe aber weiterhin auf einem hohen Schadniveau. Die Verlichtung der Baumkrone sei ein wichtiger Indikator, um den Gesundheitszustand von Bäumen beurteilen zu können. Gesunde Bäume hätten eine geringe Kronenverlichtung. Auch der Anteil starker Schäden, das heißt eine Kronenverlichtung von mehr als 60 Prozent, bleibe über alle Baumarten hinweg seit 2019 auf anhaltend hohem Niveau.

Alternative Baumarten

Das Hessische Forstministerium hat im Frühjahr Empfehlungen veröffentlicht, wie sich Struktur und Baumartenzusammensetzung der Wälder langfristig entwickeln sollen Wälder, damit sie klimaangepasst sind. Es wurden „alternative“ Baumarten auf ihre Anbauwürdigkeit, ökologische Zuträglichkeit und waldbauliche Eignung untersucht. Darunter sind sowohl heimische Baumarten, die bisher eher eine Rolle als Nebenbaumarten gespielt haben, aber auch nicht-heimische Baumarten aus dem submediterranen oder mediterranen Raum sowie aus Nordamerika. Solche „alternativen“ Baumarten sind zum Beispiel die heimischen Arten Elsbeere, Feldahorn oder Flatterulme, seit langer Zeit eingeführten Arten wie Esskastanie oder Walnuss sowie nicht-heimischen Arten wie Baumhasel oder Zedern.

„Die Wiederbewaldung der großen Schadflächen und der Waldumbau hin zu klimaresilienten Wäldern in Hessen mit klimaangepassten Baumarten wird dadurch konsequent fortgeführt“, sagt Jung. Auch im Hessischen Staatswald werde die Wiederbewaldung und der planmäßige Waldumbau intensiv vorangetrieben. Seit 2018 seien mehr als 25 Millionen Bäume gepflanzt und in den zurückliegenden Jahren durchschnittlich rund zehn Millionen Euro pro Jahr für Verjüngung und Pflegemaßnahmen investiert worden. Bei der Pflanzung seien insbesondere Douglasien, Eichen, Edellaubbäume und Tannen verwendet worden.

Nabu kritisiert den Waldzustandsbericht

Der Waldzustandsbericht 2025 habe gravierende Defizite, kritisiert der Nabu Hessen. Es dürften nicht lediglich Bäume gesehen werden. Der Wald habe nur als Lebensgemeinschaft vieler Tiere und Pflanzen eine Zukunft. Eine gesunde Lebensgemeinschaft ist eine wesentliche Voraussetzung für mehr Klimastabilität der heimischen Wälder. Vor allem auf bestimmte neue Baumarten zu setzen, führe nicht in die Zukunft. Das zeige sich, schon an der Douglasie, die nun vielerorts die Fichte ersetzen solle. Neuere Forschungen wiesen darauf hin, dass die Douglasie in niederen und mittleren Lagen mit der zunehmenden Trockenheit nicht gut zurecht kommt. Ein Waldzustandsbericht muss aus Nabu-Sicht die Wälder deshalb stets als Ökosysteme begreifen.

Dazu gehöre, das ganze Lebensalter von Bäumen einzubeziehen. „Die Baumalter-Statistik im neuen Waldzustandsbericht endet schon bei 160 Jahren, obwohl Buchen über 300 Jahre alt werden können“, bemängelt Nabu-Waldexperte Harthun. Es gebe im Bericht zudem keine Aussagen zur Geschlossenheit des Kronendachs von alten Baumbeständen, obwohl die Beschirmung für die Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit und Hitzestress im Klimawandel eine große Rolle spiele. Vor allem solche Kenngrößen, die durch eine nachhaltige Forstbewirtschaftung positiv beeinflusst werden können, dürften in der jährlichen Berichterstattung des Umweltministeriums nicht fehlen. Der Nabu kritisiert auch, dass keine Aussagen zur Artenvielfalt alter Wälder zu finden seien. „Die Vielfalt von Tieren und Pflanzen ist ein wichtiger Bio-Indikator für den Waldzustand“, so Harthun. Weiterhin vermisst er Angaben zum Entwicklungstrend bei der Fragmentierung von Wäldern durch Straßen, Kabeltrassen, Windkraftanlagen, Siedlungen und Landwirtschaft. „Die Zerschneidung bedroht unsere Wälder, weil sie der Austrocknung durch Wind und Sonneneinstrahlung Vorschub leistet“, sagt Harthun. Hier sei eine bessere Steuerung durch eine nachhaltige Regionalplanung, naturverträglichere Genehmigungsverfahren und ein besseres Management in den Wäldern des Landes nötig.

Titelbild: Waldzustand am Winterstein. (Archivbild)

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