THEMA STREUOBST

Mistel kann zum Problem werden

Die Mistel war in der Region bis vor einigen Jahren eher selten. Nun wird der Halbschmarotzer im Zuge des Klimawandels zu einem echten Problem. Immer mehr Bäume sind von ihm befallen, werden geschwächt und sterben im schlimmsten Fall ab – auch im Landkreis Gießen.

Region Lauter stark betroffen

In der besonders betroffenen Region bei Laubach-Lauter greift die Landschaftspflegevereinigung Gießen e.V. (LPV) nun ein. Unterstützt wird sie dabei vom Landkreis Gießen, der Stadt Laubach und dem Nabu Grünberg, berichtet die Pressestelle des Landkreises Gießen in einer Reportage.

Die Schäden sind unübersehbar; in der Nähe des Friedhofs von Lauter gibt es eine Vielzahl an Bäumen, deren Stamm künftig als Bruthöhle und Rückzugsort für viele Kleinstlebewesen dient: „Ein kräftiger Baum, der eine reiche Ernte liefert, wird hieraus aber nicht mehr“, sagt Alisa Diehl von der Landschaftspflegevereinigung Gießen und zeigt auf einen abgestorbenen Baum, der von einer Vielzahl an Misteln heimgesucht wurde.

Initiative hatte Erfolg

Wilhelm Zoll kennt die Streuobstwiesen in Lauter wie kaum ein anderer. Er und seine Mitstreiter hatten vor einiger Zeit Kontakt zur Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Gießen aufgenommen und die gemeinsame Initiative gestartet – mit Erfolg. Dank umfangreicher Öffentlichkeitsarbeit und der Zusammenarbeit mit der LPV folgten auf den Appell des Nabu konkrete Taten. Die Aufnahme in das Arbeits- und Maßnahmenprogramm des LPV hatte schließlich zur Folge, dass die Umweltlotterie ,Genau‘ von Lotto Hessen die Sanierung der Streuobstbestände, Neuanpflanzungen und Schnittkursen noch bis Ende 2024 mit knapp 21.000 Euro fördert.

Ausbreitung über Vögel

Bei einem gemeinsamen Treffen mit den beteiligten Akteuren zeigt Alisa Diehl unter anderem positive Beispiele für den bereits gelungenen Einsatz: „Dieser Birnbaum steht seit seinem Rückschnitt im Januar wieder gut im Saft und scheint sich zu erholen.“ Darüber freut sich auch Umweltdezernent Christian Zuckermann: „Hier sehen wir ein Beispiel der funktionierenden Zusammenarbeit von Naturschützern, Kommune, Behörde und der LPV. Diese müssen wir in Zukunft fortsetzen, damit wir die Mistel auch langfristig bekämpfen können.“

Denn mit einem Sanierungsschnitt ist es längst nicht getan: „Die Mistel verbreitet sich vor allem durch Vögel, denen die Scheinbeere als Nahrung dient. Der Kern wird unverdaut wieder ausgeschieden und ist Ursprung für eine neue Pflanze. Auf diese Weise breitet sich die Mistel in Richtung Norden aus. Um das zu unterbinden, müssen wir die Pflanzen möglichst flächendeckend entnehmen“, sagt Katharina Habenicht, Leiterin der Unteren Naturschutzbehörde.

Besitzer betroffener Flächen angeschrieben

Dass das nicht immer einfach ist, weiß wiederum Alisa Diehl: „Wir haben alle Besitzer angeschrieben, auf deren Flächen befallene Bäume stehen. Mit ihrer Zustimmung kümmern wir uns gemeinsam mit einem Dienstleister kostenlos um die Entnahme der Misteln. Doch oft bekommen wir keine Rückmeldung und können dann auch nicht handeln.“

Anders sieht es auf den Flächen der Stadt Laubach aus, denn das Problem ist im Rathaus längst angekommen: „Wir sehen, dass sich die Mistel vor allem auf Obstgehölzen, aber auch in den Kronen anderer Baumarten ausbreitet. Das Thema hat für uns eine besondere Bedeutung, gilt es doch in Zeiten des Klimawandels, jeden Baum als wichtigen Klimafaktor zu erhalten. Außerdem liegen uns die landschaftsprägenden und ökologisch hochwertigen Streuobstwiesen besonders am Herzen“, sagt Bürgermeister Matthias Meyer. 

Dass nun etwas geschieht, das sich in den kommenden Jahren fortsetzen muss, freut alle Beteiligten. Wilhelm Zoll unterstreicht die Wichtigkeit einer dauerhaften Zusammenarbeit: „Es gibt viel zu tun; ist ein Baum von der Mistel befreit, muss er über Jahre weiter gepflegt werden. Wir müssen weitere Bäume anpflanzen und die Besitzer über Schnittkurse zur eigenständigen Pflege ihrer Bestände motivieren. Nur so werden wir in einigen Jahren merken, wie die Mistel zurückgedrängt wird und endlich wieder weniger Arbeit macht.“

Wer sich für solch einen Schnittkurs interessiert, kann sich per Mail an alisa.diehl@lpv-giessen.de wenden.

Titelbild: Gemeinsam gegen die Mistel – von der Situation der Streuobstbestände von Laubach-Lauter haben sich Katharina Habenicht (Leiterin Untere Naturschutzbehörde), Wilhelm Zoll (Nabu Grünberg), Alisa Diehl (LPV Gießen e.V.), Naturschutzdezernent Christian Zuckermann, Bürgermeister Matthias Meyer und Anja Wölm (Umweltberaterin der Stadt Laubach) ein Bild gemacht. (Foto: Landkreis Gießen)

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