Flutgefahr in Karben
Von Klaus Nissen
Diesmal liefen nur Regentonnen über – das Tief „Irawan“ brachte Mitte Oktober 2025 viel Wasser und heftigen Wind in die Wetterau. Es wird künftig noch viel heftiger regnen, prophezeien die immer wieder vor dem Klimawandel warnenden Meteorologen. Die Stadt Karben hat jetzt Karten, die für jedes Haus das Überflutungsrisiko anzeigt.Jeder sieht, ob Starkregen ihn gefährdet
Im September 2025 trudelte das 48 Seiten starke Gutachten im Rathaus ein. Dazu gehören sieben große Karten, eine für jeden Stadtteil. Sie zeigen für jedes Grundstück, ob und wie hoch das Wasser steigt, wenn der nächste Jahrhundertregen kommt. Der bringt knapp 45 Liter Regenwasser pro Stunde und Quadratmeter, und das womöglich mehrmals pro Jahrhundert.

Die Karbener bekommen im nächsten Jahr Einsicht in die Karten, kündigt Bürgermeister Guido Rahn an. „Wir stellen die Karten ins Netz, sobald alles durchgerechnet ist.“ Für Bürger wird das kein schöner Moment werden – dazu weiter unten mehr.
Jeder Graben und Kanal wurde vermessen
Seit gut fünf Jahren arbeitet das Darmstädter Expertenbüro Dahlem an der Starkregen-Analyse. Sie kostet 120 000 Euro, der größte Teil wird vom Land Hessen bezahlt. Michael Soborka vom Tiefbauamt und Jesus Gil-Gustavo von den Karbener Stadtwerken maßen die Durchmesser zahlreicher Gräben und Durchlässe, damit berechnet werden kann, wo die Regenfluten landen, die das Kanalnetz nicht aufnehmen kann.

Aktuell verfassen Gil-Gustavo und Soborka für jedes öffentliche Gebäude und Grundstück in Karben einen Risiko-Steckbrief. Und suchen nach günstigen Lösungen, wie Überflutungen zu verhindern sind. Einige Ideen haben sie schon zu Papier gebracht. Es gibt 19 Vorschläge. Sie werden den Stadtverordneten präsentiert. Die sollen entscheiden, wie viel Geld die Stadt in den Überflutungsschutz investiert.
Wasser kann meterhoch steigen
In jedem Stadtteil finden sich auf den Karten dunkelblaue Flecken. Da kann das Wasser bis zu einem Meter anschwellen. Es gibt auch violette Flecken, da steht es dann zwei Meter hoch.

So etwa in Kloppenheim. Das frühere Deutschordens-Schloss liegt in einem Tümpel, wenn der nebenan zur Nidda fließende Geringsgraben einmal vollläuft. Der ist am Schloss zwar breit, doch im Ortskern, parallel zur Frankfurter Straße, hat man ihn teilweise verrohrt. Es droht ein Rückstau.
Keller am Hessenring sind in Gefahr
Den Graben zu öffnen, käme sehr teuer. Die Lösung: Auf dem Acker westlich von Kloppenheim könnten eine oder mehrere Mulden bei Starkregen die Fluten aufnehmen. Am einfachsten wäre laut Guido Rahn die Anhebung des Geleitsweges. Der unscheinbare Feldweg war einst die Hauptroute von Frankfurt nach Friedberg. Kaufleute fuhren da im Geleit bewaffneter Reiter, damit sie nicht überfallen wurden. In Zukunft kann er als Damm eines flachen Rückhaltebeckens dienen.

In Groß-Karben kann es an der Homburger Straße vom Kreisverkehr bis zur Gehspitze nass werden. Vor allem im Bereich des dicht bebauten Hessenringes. Dort sollte niemand im Kellergeschoss Wohnräume einrichten, warnt der Bürgermeister. Um sich zu schützen, sei ein erhöhter Rand um Fensterschächte hilfreich. Rahn rät auch: In ganz Karben sollte jeder Hausbesitzer die obligatorische Rückschlagklappe installieren, damit aus dem Kanal kein Wasser eindringt. „Das kostet weniger als 2000 Euro.“
Petterweil braucht Schlitzrinne und Mulde
Petterweil ist ein weiteres Risikogebiet. Auch dort schlagen Gil-Gustavo und Soborka eine Auffangmulde vor. Man könnte sie auf der Distelwiese westlich des Stadtteils anlegen, damit die Anwohner Am Alten Sportplatz, an der Berenger und Walter-Rohmeis-Straße keine nassen Füße bekommen. Mit einer „Schlitzrinne“ könne man Überflutungsgefahren an der Ysenburger Straße im Süden Petterweils verringern, so Jesus Gil Gustavo. Am Heitzhöfer Bach könne man auch den Abfluss verbessern.

In Okarben ist die Risiko-Karte an der tiefsten Stelle blau-violett: Die Bahn-Unterführung wird bei Starkregen schnell zum Schwimmbecken. „Der Tag wird irgendwann kommen“, mahnt Guido Rahn. Dann brauche man schnell starke Pumpen. Auch die Untergasse könnte bei starkem Regen unter Wasser geraten. Womöglich hülfen an solchen Stellen schon leicht erhöhte Bordsteine.
In Burg-Gräfenrode markiert die Gefahrenkarte blau das Areal der Feuerwehr an der Freihof- und Weißenburgstraße. Die Brandschützer bekommen bald einen Neubau am Friedhof. Neubauten am alten Standort sollten man nach Ansicht des Bürgermeisters flutsicher gemacht. Hilfreich wäre auf jeden Fall eine Auffangmulde östlich des Stadtteils. Dort, wo der Rollgraben und der Bindweidgraben ihr Quellgebiet haben.