Umgehungsstraße ist frei
Die neun Kilometer lange Umfahrung von Wöllstadt im Wetteraukreis kostete den Bund rund 45 Millionen Euro. Sie wird am 14. August 2017 gegen 16 Uhr für den Verkehr freigegeben. In Wöllstadt können nun – theoretisch – auch Kinder wieder allein auf die Straße. Doch es wird vorläufig Verkehrsbehinderungen geben.
Neue B3 – neue Sperrungen
Weniger Verkehr auf der Frankfurter Straße – gut und schön. Aber gar keiner? Das kann den Betreibern der Shell-Tankstelle, der Bäckerei und der anderen Geschäfte in Nieder-Wöllstadt nicht gefallen. Tatsächlich müssen sie sich gut drei Monate lang auf ein Geschäftsleben in der Sackgasse einrichten. Etwa von Mitte September bis Jahresende wird der Südteil des Ortes zur Sackgasse. Die Bundesstraße 3, auf der jetzt noch etwa 20 000 Autos pro Tag von und nach Karben strömen, wird am Ortsrand komplett abgeriegelt. Die Straßenbauer brauchen Zeit und Platz, um die Anbindungen der neuen Bundesstraße nach Nieder-Wöllstadt und wenige Meter weiter zur L3204 nach Rodheim zu bauen. Die ursprünglich angekündigte sechswöchige Sperre sei zu kurz, sagt Peter Dangelmaier. Er ist Vorsitzender des Wöllstädter Bauausschusses und hat häufig Kontakt zu den Straßenbau-Organisatoren der Deges.
Anderswo in Wöllstadt stehen ebenfalls Sperrungen an, während der Durchgangsverkehr ab dem 14. August an beiden Ortsteilen vorbei rollt. Noch im August oder im September beginnt laut Hessen mobil die etwa bis zum Jahresende dauernde Anbindung der Umgehungsstraße an die alte Bundesstraße zwischen Ober- und Nieder-Wöllstadt. Und zwar dort, wo die gebogene Auf- und Abfahrt zur Umgehungsstraße tief in den Lößboden gegraben wurde. Die Straßenbauer haben offenbar zu gründlich den Boden aufgeschürft und eine ergiebige Grundwasserader geöffnet. Seit Monaten pumpt man dort rund um die Uhr Wasser in den nahen Rosbach. Die schluchtartige Auffahrt zum neuen Treffpunkt der B3 mit der B45 muss neu aufgebaut und asphaltiert, die alte Bundesstraße auf rund 180 Metern um acht Zentimeter angehoben werden. Das dauert. Der Verkehr soll ohne Baustellenampel provisorisch um die Baustelle herum geführt werden, so Hessen mobil auf Anfrage. Für Radler und Fußgänger plant man einen „Notgehweg“.
Sobald das Verkehrshindernis zwischen beiden Ortsteilen gegen Jahresende beseitigt ist, folgt das nächste. Im Frühjahr 2018 wird die alte Bundesstraße nördlich von Ober-Wöllstadt bis zum alten Judenfriedhof auf der Höhe vor Friedberg komplett gesperrt. Bautrupps werden die Fahrbahn binnen dreier Monate schmaler machen und an der Westseite einen Radweg bauen. Auch das wird viele tausend Autofahrer auf neue Alltagswege zwingen. Aus der Bundesstraße wird hier die verlängerte Kreisstraße 11.
Für Peter Dangelmaier freilich sind alle Schwierigkeiten kein Grund, die Freude über die 45 Millionen Euro teure Umgehungsstraße zu trüben. Vor 37 Jahren zog der gebürtige Münchener nach Nieder-Wöllstadt. „Und schon damals diskutierte man über eine Umgehungsstraße“, erinnert sich der mittlerweile 74-Jährige. In den Achtzigern drängte die Bürgerinitiative „Ortsumgehung Wöllstadt jetzt“ zunächst vergeblich auf Entlastung der vom Verkehr zweigeteilten Ortschaften. Später intensivierte Bürgermeister Alfons Götz (CDU) den Kampf um eine neue Straße, und der Jurist Dangelmaier dirigierte mit seiner etwa zehnköpfigen „Rentnerband“ von der Bürgerinitiative den Widerstand. 2011 kontaktierte er als CSU-Mitglied bei den bayrischen Verkehrsministern Ramsauer und Dobrindt. Man organisierte einen Spaziergang auf der Bundesstraße mit 1500 Teilnehmern, später auch ein öffentliches Frühstück auf der Kreuzung Ilbenstädter und Frankfurter Straße. Das Wahlkreisbüro des einflussreichen CDU-Bundestagsabgeordneten Peter Tauber bombardierten die Wöllstädter mit bis zu 70 Briefen pro Woche – bis schließlich die Finanzierungszusage für die neue Straße eintraf. Seit Ende 2012 ist sie nun im Bau. „Ohne das Drängen der Wöllstädter würde es die Umgehungsstraße nie geben“, ist Dangelmaier sicher.
Bis zum Sommer 2018 sollen alle Anbindungen fertig sein, die Buslinien über die Lindenstraße und zum neuen Rewe-Markt und Altenheim an der Friedberger Straße führen. Die Ortsdurchfahrten können dann ohne Lebensgefahr überquert werden. Studenten der Technischen Hochschuole Mittelhessen haben schon Ideen für den Rückbau gezeichnet, sagt Peter Dangelmaier. Doch wie viele Blumenkübel und Verschwenkungen wirklich installiert werden, sei noch offen. Die Durchfahrt dürfe den Autofahrern nicht völlig verbaut werden, denn die Wöllstädter Ortsdurchfahrt sei auch nach dem Bau der Umgehungsstraße eine Reserve-Strecke für den Fall, dass die Autobahn Frankfurt-Gießen gesperrt oder überlastet ist. Und das kommt gelegentlich vor.
Gut ein Jahr lang wird die Gemeinde die neue Verkehrs-Realität in beiden Orten beobachten. So lange soll auch die Ampel an der zentralen Kreuzung in Nieder-Wöllstadt in Betrieb bleiben. Über deren Rotphasen kann man notfalls gegensteuern, wenn zu viele Leute auf alten Wegen durch den Ort hindurch zu ihren Zielen fahren. Langfristig soll an dieser Stelle ein kleiner Kreisverkehr entstehen, den voll beladene Lastzüge nur noch mit Mühe passieren könnten.
Und das sagen Anlieger der Ortsdurchfahrt zur Umgehungsstraße: https://landbote.info/menschen-an-der-b3/
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