Christian Heldmann

Vorkämpfer der Demokratie

Von Corinna Willführ

Der Arzt, Landwirt und Politiker Dr. Christian Heldmann aus Selters gehörte vor 175 Jahren der ersten Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche an, deren erste Sitzung am 18. Mai 1848 jetzt groß in der Mainmetropole gefeiert wurde.

Im Feuer der Sozialen Republik

An Dr. Christian Heldmann erinnern in dem heutigen Ortenberger Stadtteil Stele und Gedenkstein auf dem Friedhof sowie eine Plakette mit seinen Daten am Dorfgemeinschaftshaus, das nach ihm Dr. Heldmann-Haus heißt. Erhalten ist in der Selterser Hauptstraße auch das von ihm 1837 erbaute Wohnhaus.

Das Buch „Im Feuer der sozialen Republik“ würdigt Leben und Wirken des „demokratischen Achtundvierzigers“. (Fotos: Corinna Willführ)

Ortenbergs Bürgermeisterin Ulrike Pfeiffer-Pantring wies in ihrer Neujahrsansprache für 2023 auf das vom Kulturkreis Ortenberg initiierte Buch „Im Feuer der sozialen Republik“ hin. Darin zeichnet der Autor Manfred Köhler das „Lebensbild des demokratischen Achtundvierzigers Christian Heldmann“ nach. Heldmann war vor 175 Jahren einer der Abgeordneten der ersten Nationalversammlung 1848 in der Frankfurter Paulskirche. Der Streiter für Freiheit und Demokratie war zugleich Arzt, Politiker und Landwirt in Selters.

Heldmann wurde als zweites von zehn Kindern am 13. Oktober 1808 in Frankfurt geboren. Sein Vater war der Schneidermeister Georg Heinrich Heldmann. Mit seiner Frau Maria Christine betrieb dieser nach dem Umzug seiner Familie nach Marburg an der dortigen Universität eine Art Mensa für die Studierenden. Obwohl aus eher kleinbürgerlichen Verhältnissen kommend, konnte Sohn Christian studieren. Den jungen Mann zog es zu Naturwissenschaften und zur Humanmedizin. 1832 erhielt er seinen Doktortitel.

Landarzt und Streiter für die Bauern

Bevor der an der Marburger Universität promovierte Arzt sich in Selters ansiedelte, war er in den Diensten des Frankfurter Kaufmanns Behrends, des damaligen Pächters der Domäne Konradsdorf. Doch mitnichten waren die Ansiedlung des Mediziners, die Zulassung als praktischer Arzt (1836) und die Eheschließung mit der Bauerntochter Margarete Hild ein einfaches Unterfangen. Dazu hatte er erst einmal einen Antrag auf die Aufnahme in das Orts- und hessendarmstädtische Staatsbürgerrecht zu stellen, wie der Bad Nauheimer Historiker Herbert Pauschardt für die Chronik zu 1225 Jahre Selters recherchiert hat. Kurz nach der Einbürgerung und Heirat konnte Heldmann seine Praxis eröffnen: mitten im Dorf, im „Steinernen Haus“.

Seit 1986 trägt das Dorfgemeinschaftshaus im Millionenweg den Namen Dr. Heldmann-Haus.

Fortan war er ein gern gesehener „Neubürger. Wohl auch, weil er sich für das Landleben stark engagierte. So kümmerte er sich um die Weidewirtschaft, den Kartoffelanbau, die Pflanzenvielfalt. Nicht nur rund um den eigenen Hof. Vielmehr vertrat er ab 1837 die Interessen der Bauern weit über den Gemeinderat hinaus. Als Abgeordneter gehörte Heldmann bereits dem Vorparlament (März 1948) an und vertrat schließlich ab dem 3. Juni 1848 in der Nationalversammlung in Frankfurt den neunten Wahlkreis des Großherzogtums Hessen. Als Abgeordneter der links geltenden Fraktion Deutscher Hof – Parteien, wie wir sie heute kennen, gab es damals nicht. Er setzte sich für bessere Bedingungen der Menschen ein, die ihr Auskommen durch Ackerbau und Viehzucht fanden, stritt für einen gewählten Präsidenten als Staatsoberhaupt. Bei all seinen Anliegen hatte er die Maxime: „Prüfet alles und behaltet das Beste.“ Was für ihn dabei außer Frage stand: „Es darf kein Vorrecht durch Geburt mehr geben“, wie er es in seiner ersten Rede in der Paulskirche formulierte.

Untersuchungshaft wegen versuchten Landesverrat

Heldmanns Wirken als Politiker beschränkte sich nicht allein auf das Wirken im Parlament der Paulskirche. Unermüdlich wirkte er etwa als Redner in den Ausschüssen des Landtags in Darmstadt oder im Landwirtschaftlichen Bezirksverein Nidda. Auch schrieb er engagierte Artikel für die Presse, in denen er sich gegen die „Knechtung des Volkes“ wandte.

Bei all seiner politischen Tätigkeit hielt Heldmann Sprechstunden als Arzt in Selters ab. Die Armen unter seiner vielköpfigen Patientenzahl soll er kostenlos behandelt haben. Zugleich hatte er sich um rund 100 Morgen Landwirtschaft zu kümmern – und um eine Familie mit zwölf Kindern.

Ende des Jahres 1848 kam der Parlamentarier aus Selters in Untersuchungshaft in die Festung Mainz. Der Vorwurf gegen ihn lautete auf versuchten Landesverrat. Eine Beschuldigung, die sich als ungerechtfertigt erwies und für Heldmann den Freispruch brachte. In einem „Triumphzug“ holten ihn seine Unterstützer nach fünfmonatiger Haft von Lindheim ab. 1859 schloss er sich noch der Deutschen Freiheitspartei an. Von seiner Haft sollte er sich indes nicht mehr erholen. 1865 gab er seine Praxis in Selters auf. Er starb am 16. Juni 1866 an Herzversagen in Frankfurt.

„Im Feuer der sozialen Republik“ – Lebensbild des demokratischen Achtundvierzigers Christian Heldmann (1808-1866), Autor: Manfred Köhler, Hrsg. Von der Hessischen Historischen Kommission Darmstadt 1998 , 740 Seiten, ISBN 3-88443-035-1.

Titelbild: Die Stele zur Erinnerung an Christian Heldmannsich befindet sich links der Gedenkstätte für die Toten der Weltkriege auf dem Selterser Friedhof.

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