Klimaschutz

„Ölheizungen haben keine Zukunft“

Julian Wunnenberg ist Klimaschutzmanager im Rathaus von Karben im Wetteraukreis. Was macht er da? Wer gibt konkret Rat, wenn man Probleme mit der Heizung hat? Wird die Stadt bald von Solarfeldern umzingelt sein? Landbote-Redakteur Klaus Nissen fragte Julian Wunnenberg.

Radfahren ist Klimaschutz

Herr Wunnenberg, heute wollte ich mit dem Auto zu unserem Gespräch fahren. Es war aber nicht verfügbar. Deshalb bin ich mit dem Fahrrad und der S-Bahn gekommen. Ist das schon Klimaschutz?

Aber sicher. Sie haben ja ein paar hundert Gramm Kohlendioxid weniger ausgestoßen als mit dem Auto. Zudem haben Sie sich durch die Nutzung des Fahrrads noch sportlich betätigt.

Julian Wunnenberg (33) ist Klimaschutzmanager in Karben. Er untersucht zum Beispiel, wo erneuerbare Energien erzeugt werden können, bereitet die Wärmeplanung für die Stadt vor und ist Teil eines Teams, das die Gefahren von Starkregen in Karben analysiert. Foto: Nissen

Als ich vor dem Rathaus ankam, standen da drei Fahrräder. Und mindestens 50 Autos. Der Klimaschutz scheint noch nicht im Alltag angekommen zu sein.

Na ja, die Menschen haben ihre Gewohnheiten. Beim Thema Mobilität sehe ich Klimaschutzpotentiale. Vielleicht schaffen wir es, den Trend zum Dritt-Auto wieder auf das tatsächlich benötigte Maß zu reduzieren, indem mal darüber nachgedacht wird, welche Fahrten wirklich notwendig sind und ob es nicht Alternativen gibt.

Sie sind seit Mai 2023 Klimaschutzmanager der Stadt Karben. Was haben Sie seitdem erreicht?

Die erste Energiekampagne war ein Erfolg. Von Anfang Mai bis Mitte Juli 2024 konnten 99 Beratungen angeboten und damit das gesamte Kontingent ausgeschöpft werden. Wir freuen uns sehr, dass das Angebot so gut ankam. Und es zeigt uns, dass die Kärber willens sind, ihre Immobilien energetisch aufzuwerten.

„Jeder hat die Möglichkeit, etwas zu tun“

Werden Sie im Rathaus von Leuten überrannt, die wissen wollen, welche Heizung sie einbauen können?

Viele glauben, dass ich die Energieberatung mache. Ratsuchende kann ich an die Verbraucherzentrale oder Internetseiten mit Hilfestellungen verweisen. Ich kann natürlich Tipps geben. Aber in erster Linie arbeite ich am Konzept für einen besseren Klimaschutz in der ganzen Stadt. Es wird im nächsten Jahr fertig und dann regelmäßig aktualisiert.

Trotzdem die Frage an Sie: Was mache ich, wenn meine alte Ölheizung stottert?

Wenden Sie sich an eine Energieberatung. Es gibt viele Möglichkeiten, Energie und Kosten zu sparen und damit zugleich Klimaschutz zu betreiben.

Klimaschutz ist auch, wenn man nicht immer den Thermostat auf Stufe fünf stellt und im Winter nur ein T-Shirt im Wohnzimmer trägt.

Zum Beispiel?

Eine Fenster-Erneuerung. Oder eine Deckenisolierung. Oder eine Dämmung der Heizungsrohre. Energie sparen lässt sich an jeder Ecke: Sanierung des Hauses, Fahren mit dem Fahrrad, Kleidung auf dem Wäscheständer trocknen statt im Trockner, bei Bedarf ein Balkon-Solarmodul anschaffen, die Fleischlasagne mal vegetarisch essen. Jeder und jede hat die Möglichkeit, etwas zu tun.

Sie sitzen ja auch an der Wärmeplanung für Karben. Wird es hier wirklich mal Fernwärmeleitungen geben?

Das liegt noch in der Zukunft. Wir hoffen, im April einen Dienstleister zu haben, der bis Frühjahr 2026 die Wärmeplanung für uns macht. Das wird aber eher ein Rahmenplan sein. Es wird sicher nicht in jeder Gasse eine Fernwärmeleitung installiert. Wenn bei Rendel das geplante Rechenzentrum in Betrieb geht, gibt es Chancen, in der Nachbarschaft die Abwärme zu nutzen. Sicher ist nur, dass Ölheizungen keine Zukunft haben.

Keine Solarmodule auf gutem Ackerland

Und dass Energie immer teurer wird?

Genau. Deshalb bin ich auch in die Planung von Freiflächen-Solaranlagen eingebunden.

Der Bürgermeister hat zwei mögliche Standorte an der Bahnlinie nördlich von Okarben und nahe der Biogasanlage an der Straße nach Heldenbergen genannt. Und ein Landwirt will seinen Acker bei Burg-Gräfenrode mit Modulen belegen.

In Wölfersheim liegt ein Solarfeld auf dem verdichteten Boden eines ehemaligen Braunkohlekraftwerks. Auf guter Wetterauer Erde sollen in Karben keine Module installiert werden, meint der Klimaschutzmanager. Foto: Nissen

Wir wollen nicht, dass große landwirtschaftliche Flächen belegt werden. Deswegen entwickeln wir gerade einen Kriterienkatalog, um eine Fläche zu bewerten. Darin geht es um Sichtachsen, aber auch um den Bodenwert. Es sollen keine Naturschutzgebiete in der Nähe sein. Ungünstig wäre es auch, wenn kilometerweise Kabel gelegt werden müssten, um die Module anzuschließen.

Es werden immer mehr Dach- und Balkonsolaranlagen installiert. Hessenweit sind es schon fast eine Viertelmillion. Im Wetteraukreis können sie laut Energiebericht des Landes schon etwa 160 Megawatt Strom erzeugen. Wie ist es in Karben?

Auch in Karben ist der Zuwachs massiv. Die Module werden immer günstiger. Und wenn die Menschen tagsüber den Strom verbrauchen können, ist ein Balkonkraftwerk super.

Klimawandel lässt sich nicht ignorieren

Trotzdem scheint Klimaschutz die Menschen momentan eher weniger zu interessieren.

Das mag sein. Aber wir werden dieses Thema nicht mehr los. Die steigenden Kosten und das immer extremere Wetter zwingen uns alle zur Auseinandersetzung damit. Es betrifft unsere Lebensgrundlagen. Wir müssen jetzt Bäume auf unsere Grünflächen pflanzen, damit unsere Kinder und Enkel genug Schatten bekommen. Jede Entscheidung und Nicht-Entscheidung, die wir jetzt treffen, hat Auswirkungen auf die Zukunft.

Wer ist wir? Sie sind ein vom Staat angestellter Klimaschutzmanager. Also ist der Staat dafür zuständig, das Klima zu schützen.

Klimaschutz können nur die Menschen umsetzen. Der Staat kann bestenfalls Hilfsmittel bereitstellen. Jeder Mensch muss sich zum Beispiel selber fragen, ob er es mit seinem Gewissen vereinbaren kann, im Auto oder Flugzeug jede Menge CO2 zu produzieren, das allen das Leben schwer macht.

Kostenlose Energieberatung

„Machen Sie den Klimacheck!“ postuliert ein an Karbener Wänden hängendes Plakat. Ein Haus, eine große Sonne und stilisierte Eiskristalle fangen den Blick ein. Es ist die Einladung zur zweiten Karbener Energiekampagne. Die Stadt und die Landes-Energieagentur (LEA) laden für Donnerstag, den 30. Januar um 18 Uhr in den Saal des Bürgerzentrums ein.

Am 30. Januar geben Experten der Landes-Energieagentur im Bürgerzentrum Hinweise, wie man teure Energie einsparen kann. Bis zum 10. April 2025 gibt es Termine zur kostenlosen Energieberatung. Foto: Nissen

Im vorigen Jahr kamen etwa hundert Interessierte zum Vortrag über das Angebot einer kostenlosen Energieberatung. Die wird von LEA-Experten bis zum 10. April angeboten. Sie kommen auf Vereinbarung ins Haus, beantworten Fragen und zeigen, wo genau Sanierungsmaßnahmen sinnvoll sind. Termine kann man unter der Telefonnummer 06039/481 531 oder per Mail an julian.wunnenberg@karben.de vereinbaren.

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