„Kleeblatt“ in Konradsdorf schließt
Von Klaus Nissen
Ab dem 1. Februar 2023 ist der Bio-Hofladen „Kleeblatt“ in der Staatsdomäne Konradsdorf bei Ortenberg zum vorerst letzten Mal geöffnet. Ob er unter neuem Betreiber im Sommer wieder aufmacht, ist noch nicht sicher.Gründer-Familie muss das Gut aufgeben
Ein schlichter Zettel verkündet im Hofladen das vorläufige Aus. Am 31. Januar 2023 war der Bioladen mit dem angeschlossenen Café zum letzten Mal geöffnet. Die Betreiberfamilie Keller schreibt: „Aufgrund des anstehenden Pächterwechsels der Domäne werden wir den Hofladen Kleeblatt zum 31. Januar schließen. Der neue Pächter wird zu gegebener Zeit wieder einen Laden eröffnen und freut sich, Sie dann wieder begrüßen zu können.“
Seit 2015 betrieben Sabine Görnert und ihr Mann Tim Keller das Geschäft in der ehemaligen Brennerei des uralten landeseigenen Gutshofs. Sie verkauften Bioland-Gemüse, Aufstriche und Brote, das aus Konradsdorfer Getreide gebacken wurde. Im kleinen, altmodisch eingerichteten Café nebenan kehrten Ladenbesucher und die Lehrkräfte und Schüler der nebenan liegenden Gesamtschule Konradsdorf ein.
Die Gründer sind schon weggezogen
Sie müssen sich zumindest für die nächsten Monate einen neuen Treffpunkt suchen. Denn das Gründer-Paar des „Kleeblatts“ ist bereits an die Ostsee gezogen, wo es einen anderen Bauernhof bewirtschaftet. Um den Hofladen kümmerte sich zuletzt Silvia Nicht, die Lebensgefährten des Konradsdorfer Pächters Helmut Keller.
Doch beide können dort nicht mehr lange bleiben. Denn der Pachtvertrag für die Staatsdomäne läuft Ende Juni aus. Der avisierte Neu-Pächter Peter Michael Karpf aus Büches teilte mit, dass er weiter einen Hofladen in Konradsdorf betreiben wolle – doch das kann er frühestens ab der Hofübernahme am 1. Juli. Ob dann wirklich ein neues „Kleeblatt“ öffnet, steht in den Sternen.
Benjamin Keller, der älteste Sohn des bisherigen Pächters, hatte sich vor der Neu-Ausschreibung um die Übernahme des Bauernhofs und des Ladens bemüht. In einem Konzept für die staatliche Domänenverwaltung entwickelte er im Jahre 2019 den Plan, in der Scheune neben dem Laden eine Gastronomie mit etwa 60 Sitzplätzen und angeschlossener Küche einzurichten. Diese „Klönscheune“ könne auch von Besuchergruppen genutzt werden, die die mit Millionenaufwand restaurierte Klosterkirche auf dem Hofgut besichtigen wollen. Installieren wollte Ben Keller auch eine neue Toilettenanlage.
Größere Gastronomie war geplant
Doch das fällt vorerst alles flach, denn die Hofübergabe scheiterte. Ein Grund dafür war laut Benjamin Keller der damalige Wunsch der Domänenverwaltung, weiter Milchvieh in Konradsdorf zu halten. Das wäre mit hohen Investitionen in die Stalltechnik verbunden gewesen, so der Landwirt. Der nun zum Zuge gekommene neue Pächter muss dagegen keine Milchkühe halten. Er kündigte die Gründung einer Muttertierherde an. Diese Kühe und ihr Nachwuchs sollen die 47 Hektar Weideland an der Nidder nutzen, die zum landeseigenen Gehöft gehören.
Im Gespräch merkt man Benjamin Keller an, dass ihm das Schicksal des aus einem Kloster hervorgegangenen Hofes noch immer auf dem Herzen liegt. Es gebe einen großen Sanierungsstau für die aus mehr als einem halben Dutzend historischer Gebäude bestehende Anlage. Und bei der Domänenverwaltung in Kassel sehe er keinen Plan. „Die haben keine Strategie“, meint Keller. Der 42-Jährige hat sich inzwischen beruflich anders orientiert.
Die Hessische Domänenverwaltung will mit dem neuen Pächter Peter Michael Karpf noch klären, wer mit welchem Aufwand die alten Hofgebäude nutzen soll. Die Bauunterhaltung sei Aufgabe des Pächters, teilt eine Sprecherin des übergeordneten Umweltministeriums auf Anfrage mit. „Das Land unterstützt die Domänenpächter bei der Entwicklung des Hofes sowohl von Seiten der Domänenverwaltung
wie auch durch weitere Förderprogramme.
Für Gebäude muss der Pächter zahlen
Für Konradsdorf sei zusammen mit dem Wetteraukreis im Jahr 2019 eine Potential- und Machbarkeitsstudie erstellt worden, die auch außerlandwirtschaftliche Nutzungen der vorhandenen denkmalgeschützten Gebäudesubstanz vorsieht. Die Umsetzung des Konzepts sei „entscheidend von den Initiativen und der Mitwirkung des
Pächters abhängig“. In den letzten Jahren habe die Domänenverwaltung bereits gemeinsam mit dem scheidenden Pächter Helmut Keller über eine Million Euro in die Gebäude des Gutshofs investiert.
Der neue Pächter Peter Michael Karpf betreibt nach eigenen Angaben auf dem Erbacher Hof bei Büdingen-Büches konventionelle Landwirtschaft auf rund 400 Hektar. Den zusätzlichen Betrieb in Konradsdorf will er weiter nach Bioland-Richtlinien bewirtschaften. In der Ausschreibung der Staatsdomäne war keine ökologische Landwirtschaft gefordert, obwohl das Land Hessen sie intensiv bewirbt.
Staat fordert nicht zwingend Bio-Landwirtschaft
Warum der Staat auf den eigenen Ländereien keine Öko-Landwirtschaft vorschreibt, beantwortete die Sprecherin der grünen Umweltministerin Priska Hinz so: „Bei der Überlassung von landeseigenem Vermögen an Dritte sind gleichzeitig die Vorgaben der Landeshaushaltsordnung zu beachten. Neben der Bewirtschaftungsform (ökologisch/konventionell) sind noch eine Reihe anderer Kriterien bei der Pächterauswahl zu berücksichtigen. Daher fließen neben Finanzaspekten, wie der Höhe der gebotenen Pacht oder Kapitalausstattung, das Betriebskonzept, die fachliche Qualifikation (Ausbildung, Berufs- und Betriebsleitererfahrung), die geplante Erwerbsform sowie weitere persönliche Kriterien mit in die Auswahlentscheidung ein.“