Goethe und Tambow

Literarische Begegnung in Garbenheim

von Jörg-Peter Schmidtgoethe2
Schon seit 20 Jahren besteht die Partnerschaft zwischen der hiesigen Goethe-Gesellschaft und den Freunden aus der 280 000 Einwohner zählenden russischen Stadt Tambow, die rund 500 Kilometer südlich von Moskau entfernt ist – ein Beispiel für  ein gut funktionierende internationale Freundschaft.  Dies war für die Wetzlarer Gastgeber Anlass, bei sonnigem Wetter auf dem Hof des Garbenheimer Heimatmuseums zu einer Geburtstagsfeier einzuladen, an der auch Deutsch-Studentinnen aus Tambow  teilnahmen.

Literarisches Jubiläums-Geschenk

Sie hatten für die rund 100  Besucher  ein  literarisches Jubiläums-Geschenk parat: Selbstverständlich wussten die Russinnen, dass Goethe Garbenheim gern besucht  hat. So lag es für sie nahe, an diesem historischen Ort, der im „‚Werther“ unter dem Namen „Wahlheim“ verewigt ist, Gedichte des „Faust“-Verfassers  in deutscher Sprache vorzutragen. Sie  rezitierten auswendig und gefühlvoll unter anderem den „Erlkönig“ oder das „Wanderlied“.  Wie sie berichteten, ist auch der deutsche Sänger, Komponist und Komiker Otto Reutter (1870 – 1931) in Russland bekannt. Von ihm hatten sie das 1928 entstandene Gedicht „Mit der Uhr in der Hand“ ausgewählt: Reutter beschreibt darin auf tragisch-komische Weise, wie sehr die Menschen  in Hast leben.

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Die Deutsch-Studentinnen aus Tambow vor der Goethe-Skulptur auf dem Hof des Heimatmuseums Garbenheim. (Fotos: Schmidt)

In Eile mit der Uhr in der Hand  saß  bei dem deutsch-russischen Treffen allerdings niemand: Vielmehr fühlte  man sich in der gemütlichen Atmosphäre auf dem Gelände des Heimatmuseums, das in einem liebevoll  renovierten Bauernhaus und Nebengebäuden aus dem Jahr 1866 ansässig ist, bei Wein und Schmierselskuchen  wohl und stieß auf Goethes 266. Geburtstag an. Sein Gesicht ist übrigens in einer Holzskulptur festgehalten, die auf dem Hof des Heimatmuseums ihren festen Platz hat.

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Die jungen Frauen aus Tambow trugen auf dem Hof des Garbenheimer Heimatmuseums vor der Skulptur Goethes Gedichte des „Werther“-Verfassers vor.

Man blickte  auf die zahlreichen gegenseitigen Partnerschafts-Besuche in den vergangenen zwei Jahrzehnten zurück. Karin Unsicker, die schon oft  an den Begegnungen in Tambow teilgenommen hat, beschrieb, wie herzlich immer wieder die Treffen verliefen, ob sie in Russland oder in Deutschland stattfanden. Dabei sei immer deutlich geworden, wie sehr man die jeweiligen großen Schriftsteller  in beiden Ländern achtet: So schätzt man in Russland beispielsweise neben Goethe und Schiller auch Heinrich Heine sowie Günter Grass und Heinrich Böll. In Deutschland sind die Werke  etwa  vom Dostojewski, Puschkin  oder Tolstoi nach wie vor populär.

In den Gesprächen zwischen den Wetzlarern und den Gästen aus Tambow wurde auch darauf hingewiesen, dass der Christliche Verein Junger Menschen (CVJM) mit der Ausrichtung von Workcamps  zu der internationalen Freundschaft beiträgt.

Man saß noch lange beisammen  und die 1. Vorsitzende der Goethe-Gesellschaft, Angelika Kunkel, konnte ein positives Fazit der Feier ziehen, zu der zahlreiche Teilnehmer auf dem neuen Goethe-Weg  vom Lottehaus nach „Wahlheim“ gewandert waren. Die Gäste aus Tambow  kündigten an, dass sie auch noch die Rhein-Gegend einschließlich Loreley kennen lernen wollen, bevor  sie per Flugzeug wieder in die Heimat zurückkehren.

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