Kürzestgeschichten über den Poeten
von Jörg-Peter Schmidt
Goethe im lässigen Outfit mit Kapuzenpulli („Hoody“) und Jeans beim Tanz in der Techno-Disco: Möglich gemacht hat dies ein Richtstrahl, der ihn ins Jahr 2015 gehievt hat. Durch solche Zeitsprünge literarisch wiederbelebt wurde der Dichter in der Phantastischen Bibliothek in Wetzlar von 13 Autoren, die freche, frische, fröhliche bis philosophische Storys rund um den Verfasser von „Faust“ und „Werther“ vorstellten.
30 Autoren schreiben „verrückte“ Storys
Zur Vorgeschichte: Die Goethe-Gesellschaft und Phantastische Bibliothek Wetzlar hatten zum zehnten Mal Schriftsteller um „Kürzestgeschichten“ gebeten, die nicht länger als zwei Seiten lang sein dürfen und in denen der große Poet als historische Figur oder als Persönlichkeit in der heutigen Zeit oder in der Zukunft auftritt. 30 Autoren, von denen die meisten sich bereits durch Veröffentlichungen einen Namen gemacht haben, ließen ihrer Phantasie freien Lauf, so dass 57 Beiträge zusammen kamen, die in zwei Heften zusammengefasst sind. Das Titelbild hat der Garbenheimer Künstler Joachim Czech gezeichnet (die beiden „Miniaturenbände“ sind in der Phantastischen Bibliothek erhältlich).
Wie durch die begeisterten spontanen Reaktionen des Publikums bestätigt wurde, hatten die Schriftsteller, von denen einige an der Lesung verhindert waren, zündende Ideen für die „Miniaturenbände“ – so wie Karl-Ulrich Burgdorf, der Johann Wolfgang von Goethe den eingangs erwähnten „Walpurgis-Rave“ tanzen lässt, oder Monika Niehaus, die (allerdings völlig jugendfrei) das heimliche Liebesspiel in Wetzlar einer gewissen Lotte mit dem damals noch nicht berühmten Lizenziaten andeutet. (Hier ist der „Walpurgis-Rave) als PDF-Datei). Die Geschichte, die sich Friedhelm Schneidewind hat einfallen lassen, nahmen an diesem Abend der zufällig in Phantastischen Bibliothek weilende Inhaber des Karl-May-Verlags Bamberg, Bernhard Schmid und seinen Lektor Roderich Haug mit besonderem Interesse und Humor auf: Die „Karl-May-Akademie für Improvisation und Einfallsreichtum“ muss im Jahre 2499 der Frage nachgehen, ob ein in Frankfurt/Main aufgetauchter Fremder‚ der per Zeitmaschine eingereist sein will, ein Hochstapler ist: Er behauptet, ein einstmals berühmter Mann mit Namen Johann Wolfgang von Goethe zu sein.
Man sieht: Die Beiträge der Autoren lassen an Spannung, Originalität und Witz nichts zu wünschen übrig. Dies ist auch nicht anders bei den Geschichten der anderen Schriftsteller, die Goethe in verschiedenen Rollen und Funktionen – auch mal als Orakel und geheimnisvoller „Geist“ – auftreten lassen. Thomas Le Blanc, der selbst Beiträge zu den „Miniaturenbänden“ geliefert hat, dankte unter langem Applaus der Zuhörer im Namen der Phantastischen Bibliothek und der Goethe-Gesellschaft den Autoren für ihre Kürzestgeschichten.
In Wetzlar lasen ihre Storys folgende Schriftstellerinnen und Schriftsteller vor: Kai Focke, Holger Marks, Robert Jaeger, Friedhelm Schneidewind, Jörg Weigand, Karl-Ulrich Burgdorf, Thomas Le Blanc, Tim Piepenburg, Alexander Röder, Monika Niehaus, Karla Weigand, Bernd Schuh, Ansgar Schwarzkopf.
Die Phantastische Bibliothek, in der die „Kürzestgeschichten“ erhältlich sind, ist zu erreichen unter: www.phantastik.eu