Millionen-Poker um die Kliniken
Der Wetterauer Landrat Joachim Arnold will das Stammkapital des Gesundheitszentrums Wetterau erhöhen – und Bad Nauheimer sind empört. Es geht dabei um nicht weniger als die Zukunft der Krankenhäuser in Bad Nauheim, Friedberg, Schotten und Gedern.
Gesundheitszentrum Wetterau
Heftige Gesten, laute Streitgespräche gab es am 30. November im Friedberger Kreishaus. Im Haupt- und Finanzausschuss stritt man um viel Geld. Es ging um 60 Millionen Euro, um einen fetten Kassenkredit und die Zukunft der Kliniken in Schotten, Friedberg und Bad Nauheim. Sie brauchen Geld, und die Zeit sei knapp, drängte Landrat Joachim Arnold. Die Stadt Bad Nauheim als Mitbesitzerin des Gesundheitszentrums müsse ihr Stammkapital ebenfalls um 15 Millionen Euro erhöhen. Das gehe so nicht, widersprach der FWG-Kreistagsabgeordnete und Büdinger Bürgermeister Erich Spamer. Und der Bad Nauheimer FDP-Kreistagsabgeordnete Peter Heidt schimpfte: „Fünfzehn Millionen kann die Stadt nicht aufbringen“ „Dann muss Bad Nauheim eben auf Stimmrechte verzichten“, konterte der Landrat. Sprich: sich mit weniger als dem halben Eigentumsanteil zufrieden zu geben. Kurz vor seinem Wechsel an die Spitze des Versorgungsunternehmen Ovag drohte Landrat Arnold: Der Kreis könnte auch ganz aus dem Unternehmen aussteigen – dann wären die Kliniken am Ende.
Die Kliniken haben einen Dispokredit beim Kreis
Die Zuhörer erfuhren, dass die Kliniken seit Jahren einen Dispokredit beim Kreis haben. Wenn sie viel Geld brauchen – zum Beispiel jetzt, um Weihnachtsgeld an die Beschäftigten zu zahlen – dürfen sie bis zu elf Millionen Euro aus der Kreiskasse leihen. Der Zins ist niedrig, und der Kreis muss bei der Bank keine Strafzinsen für seine Millionen zahlen. Zurzeit nutzen die Kliniken 9,5 Millionen Kassenkredit, hieß es gestern.
Dabei braucht das Gesundheitszentrum bald mindestens 60 Millionen. Damit soll ein neuer Bettenbau am Bad Nauheimer Hochwaldklinikum entstehen. Das Friedberger Bürgerhospital wird dann für ambulante Behandlungen genutzt.
Aus der neuen „Hessenkasse“ kann der Kreis dafür 31 Millionen extrem günstig vom Land bekommen. Die Bedingung: Die Kassenkredite müssen weg, spätestens nächsten Juli. Damit die Kliniken liquide bleiben, schlägt Landrat Arnold eine Kapitalerhöhung vor: Der Kreis und Bad Nauheim sollen über fünf Jahre jeweils drei Millionen ins Stammkapital einzahlen und noch Ausfallbürgschaften unterzeichnen. Gestern Abend beantragte Arnold die erste Rate beim Haupt- und Finanzausschuss des Kreises. Doch Erich Spamer protestierte: Er findet es merkwürdig und womöglich illegal, dass die Kliniken mit dem Kassenkredit auch die Diabetesklinik und das Fachärztezentrum in Bad Nauheim gekauft haben. Der neue parteilose Bad Nauheimer Bürgermeister Klaus Kress warnte den Kreis per Mail, das Stammkapital zu erhöhen. Das wäre illegal und würde Bad Nauheims Eigentumsrechte an den Kliniken beeinträchtigen.
Die Bad Nauheimer wissen von nichts
Der Bad Nauheimer Liberale Peter Heidt wurde im Ausschuss richtig sauer: Seine Heimatstadt kein Geld, um die Kliniken in diesem Maße zu finanzieren. Man habe darüber im Parlament noch gar nicht gesprochen. Auf Nachfrage bestätigte das der CDU-Fraktionsvorsitzende Manfred Jordis. Erst gestern sei die Information gekommen, dass der Landrat den Kassenkredit kündigen und das Stammkapital erhöhen wolle. In der Gesellschafterversammlung der Kliniken habe man darüber aber noch nicht gesprochen, so Jordis. Und widersprach damit dem Landrat.
Die Ausschuss-Mitglieder mochten gestern den forschen Klinik-Kurs des bald scheidenden Landrats nicht mittragen. Sie verschoben das Thema auf den 4. Dezember. Dann muss man klären, ob der Kreis künftig stärker ins Gesundheitszentrum einsteigt – oder ob man aussteigt, auf achtstellige Landeszuschüsse verzichtet und letztlich die Kliniken an die Wand fährt.
Gesundheitszentrum Wetterau
Seit 2005 besitzen die Stadt Bad Nauheim und der Wetteraukreis zu je 50 Prozent das Gesundheitszentrum Wetterau mit den Kliniken in Schotten, Gedern, Bad Nauheim und Friedberg. Auch psychiatrische Einrichtungen in Bad Salzhausen, Bad Vilbel und Friedberg gehören dazu. 1200 Angestellte kümmern sich jährlich rund 75 000 Patienten..
Sorgen macht vor allem das Schottener Krankenhaus, das zuletzt jährlich rund 2,3 Millionen Euro Minus machte. Fusionsgespräche mit den Kliniken des Lahn-Dill-Kreises und den Hochtaunuskliniken sind gescheitert oder bislang nicht abgeschlossen.
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