Fossilienmuseum

Umzug nach Wickstadt

Von Elfriede Maresch

Das Fossilienmuseum zieht von Ortenberg-Selter ins Hofgut Wickstadt um. Die Fossmineum-Freunde sehen den Umzug mit gemischten gefühlen.

Großes Helferteam

Selbst, wenn „nur“ ein kleines privater Museum umzieht, braucht es ein großes Pack- und Helferteam. Die Regale leeren sich, Handstücke von Steinen und Mineralien, Fossilien und Sandgefäße werden in Kisten verpackt – das Fossmineum findet erfreulicherweise einen neun Präsentationsort im Hofgut Wickstadt. Fossmineum- Freunde sehen den Umzug mit einem weinenden und einem lachenden Auge: Bedauern über die Auflösung des kleinen Museums mischt sich mit Erleichterung. Dr. Herwig Ganz und seine Frau Dr. Shadi Ganz geben in ihrer Galerie auf dem Hofgut Wickstadt den Exponaten eine neue Aufgabe.

„Ohne sie alle gings nicht!“ Dr. Herwig Ganz und seine Helfer stellen sich zum Erinnerungsfoto. (Fotos: Elfriede Maresch)

Mit dem Umzug der Sammlungen löst sich ein Lebenswerk auf und das stimmt Beobachter melancholisch. Wolfgang und Gerda Wilhelm waren begeisterte Mineralien- und Fossiliensammler. In vier Jahrzehnten trugen sie die Exponate zusammen, präsentierten sie gut zu überblicken und schufen einen Anziehungspunkt für geologisch und naturkundlich Interessierte.

Jüngstes Museum mit ältesten Exponaten

Für die drei Kellerräume in der alten Selterser Hofreite fand ein Besucher die treffende Formulierung: „Das jüngste Museum der Wetterau mit den ältesten Exponaten“. Dazu mit System präsentiert, muss man hinzufügen. Im ersten Raum wurden Wetterauer Funde ausgestellt: Basaltsäulen, Buntsandstein, verbaut in manchen historischen Stadtkernen, dazu Zechstein-Stücke, die vor 270 Millionen. Auf manche Funde war Wolfgang Wilhelm besonders stolz. So ein Basaltstück mit einem grün schimmernden Olivin, der vor 18 bis 13 Millionen Jahren aus 40 Metern Tiefe aus einem Vulkanschlot geschleudert wurde. In Gläsern sind Sande aus einer Rosbacher Grube geschichtet, mineralische Lösungen haben sie rötlich und bläulich gefärbt. Dazu kommen die Sandvasen mit Schichten unterschiedlich gefärbter Sande und Erden, die zugleich Aufschluss aber die Zusammensetzung der Wetterauer Böden geben. Manche mineralischen Verbindungen – Achat, Calcit, Amethyst – gelten als Halbedelsteine und wurden in Schmuckstücken verarbeitet. Im Fossmineum waren sie als Rohlinge zu sehen.

Münzenberger Blättersandstein erinnert an eine Warmzeit in der Wetterau vor 30 Millionen, die Abdrücke lassen sich als Blätter des Zimtbaums bestimmen. Fossilien, versteinerte Reste organischen Lebens waren ein besonderes Faszinosum für Wolfgang Wilhelm. „Man muss die Steine lesen können“ pflegte er zu sagen. Denn Fossilien sind oft in umgebenden Gesteinen versteckt, sie kommen in Steinbrüchen zu Tage oder wenn Schichten ehemaligen Meeresbodens in landwirtschaftlicher Bearbeitung frei gepflügt werden. Die Wilhelms konnten versteinerte Trilobiten, Kopffüßler, Korallen und Schwämme zusammentragen. Aus der Nähe von Bayreuth stammt der Schnabel eines Fischsauriers, der in den warmen Meeren dort vor 180 Millionen Jahren auf Jagd ging.

Ohne Kaffeepause schaffen Herwig Ganz (re.) und seine Helfer den Umzug nicht.

Fossilien besonderer Art sind versteinerte Blätter im Vogelsbergbasalt, der ja vulkanischen Ursprungs ist. Warum die Blätter in der glühenden Lava nicht verbrannten? Wilhelm erklärte das mit einer Tonschicht, die durch Wind oder auch Wolkenbrüche ekalteten Vulkangestein aufgetragen wurde. Darauf wuchsen Pfalnzen, starben mit der Zeit ab und wurde von einer zweiten Erdschicht bedeckt, die dann bei erneutem Lava-Ausbruch überflossen wurde. Man sieht, das Fossmineum wie auch das Gespräch mit den Wilhelms war eine echte Fundgrube.

Mit dem Tod von Wolfgang Wilhelm, mit der zunehmenden Gebrechlichkeit seiner Frau, ihrem Umzug in eine Senioreneinrichtung war das Ende des Fossmineums abzusehen. Was sollte aus den Sammlungen werden? Sie wurden großen geologischen Ausstellungen angeboten, aber selbst das Frankfurter Senckenbeg-Museum winkte ab, noch zu viel wartet in den Magazinen auf Präsentation.

Elemente der Erde

Es war ein Glücksfall, dass Hans Schwab, Schauspieler und Initiator kultureller Veranstaltungen in der Region, eine Idee hatte. Er machte Dr. Herwig Ganz auf das Fossmineum aufmerksam. Der Geowissenschaftler und seine Frau, die Künstlerin Shadi Ganz, leben auf dem Hofgut Wickstadt und sind aktiv in diesem Begegnungsraum von Künstlern, Intellektuellen, Schriftstellern und kulturell Interessierten. Sie betreiben Galerie und Treffpunkt Kunst & Kultur im Herrenhaus, das sie bewohnen. Dort wird das Fossmineum eine neue Heimat finden. Noch ist der Umzug im Gange. Ganz: „Ich bin Hans Schwab nicht nur dankbar, weil er aus seinem großen Freundeskreis viele Umzugshelfer mitgebracht hat. Er hat den Kontakt zu uns hergestellt und gemeinsam haben wir die Idee einer neuartigen Präsentation entwickelt.“

Herwig und Shadi Ganz planen im Wickstadter Herrenhaus eine Präsentation von Selterser Sammlungsstücken unter dem Thema „Elemente der Erde – aus dem Bodendunkel zu Licht und Klang“. Steine und Fossilien werden kombiniert mit Lichtinstallationen und Musikvideos, vielleicht auch mit Literaturlesungen, laden zu einer ganzheitlichen Wahrnehmung. „Alles im Flux“ soll das Motto sein und Ganz hofft, bis im Frühjahr 2026 für geladene Gäste die neue Präsentation zu öffnen.

Titelbild: Versteckt in unscheinbaren Steinen: Dr. Herwig Ganz zeigt einen Calcit.

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